Verlierer des Jahres
Zunehmend nervös angesichts des Paradigmenwechsels wird auch so mancher Anbieter - beispielsweise in den Reihen der Chiphersteller. AMD, ohnehin schon lange unter massivem Druck seitens des Marktführers Intel, beklagte in den zurückliegenden Quartalen Umsatzeinbrüche und rote Zahlen. Zuletzt kamen sogar Gerüchte über einen Verkauf des Traditionsunternehmens auf. Wie AMD leidet aber auch Intel darunter, sich mit seinen Prozessoren zu sehr auf das klassische Computing konzentriert zu haben. Der Halbleiterprimus meldete zuletzt stagnierende Umsätze und rückläufige Gewinne. Beide Hersteller haben den Anschluss an das mobile Geschäft verpasst.
In den Smartphones und Tablets arbeiten Chips von Nvidia und Qualcomm. Die Geschäfte der Spezialisten für mobile Chips legten im abgelaufenen Jahr deutlich zu. Das Gros der Prozessoren für mobile Endgeräte basiert auf Entwicklungen von ARM. Gute Rechenleistung bei gleichzeitig niedrigem Stromverbrauch sprechen für die Produkte des britischen Chipdesigners. Das spiegelt sich auch in den Zahlen wider. Quartal für Quartal konnten die ARM-Verantwortlichen zweistellige Zuwachsraten bei Umsatz und Gewinn vermelden.
Während sich das Branchen-Urgestein Intel zumindest noch sicher in den schwarzen Zahlen halten konnte, gerieten andere Schwergewichte deutlich ins Schlingern. Nicht zur Ruhe kam das gesamte Jahr über Hewlett-Packard. Die neue Konzernchefin Meg Whitman, die die undankbare Aufgabe übernehmen musste, den Scherbenhaufen zu kitten, den ihr die Vorgänger hinterlassen hatten, begann zunächst einen Konzernumbau: PC- und Druckersparte wurden zusammengelegt. Böse Zungen behaupteten, diese Maßnahme diene nur dazu, die desaströsen PC-Ergebnisse zu verschleiern. Außerdem hob Whitman eine neue Enterprise Group aus der Taufe, in der die Bereiche Enterprise Server, Storage, Netzausrüstung sowie Technology Services mit dem Großkundenvertrieb zusammengelegt wurden.
Geholfen haben die Maßnahmen wenig. Im dritten Fiskalquartal fiel wegen gigantischer Abschreibungen auf die Servicesparte und rückläufiger Geschäfte in den Kernsparten PCs und Drucker ein Defizit von über 8,8 Milliarden Dollar an. Das Management kündigte daraufhin an, die Produktportfolios aufzuräumen. Doch schon ein Quartal später platzte die nächste Bombe. Wegen "ernsthafter Unregelmäßigkeiten" in den Bilanzen des im Oktober 2011 für über zehn Milliarden Dollar übernommenen Software-Unternehmens Autonomy musste HP weitere 8,8 Milliarden Dollar abschreiben. Man müsse davon ausgehen, dass Autonomy-Führungskräfte bewusst die Bilanzen geschönt hätten, um den Preis in die Höhe zu treiben, hieß es. Der Skandal dürfte den Konzern weit ins nächste Jahr verfolgen.
Als Verlierer des Jahres muss auch Nokia gelten. Der einstige Branchenprimus bei Handys und Smartphones hatte in der Vergangenheit wichtige Entwicklungen verschlafen und war in der Folge klar ins Hintertreffen geraten. Die Trends setzten andere - allen voran Apple, Google und Samsung. Der harte Wettbewerb und hohe Kosten für den Konzernumbau hinterließen tiefe Spuren in den Bilanzen der Finnen. Rückläufige Umsätze und Milliarden-Verluste prägten das Bild der zurückliegenden Quartale. Die Strategie des neuen Firmenlenkers Stephen Elop, ganz auf die Windows-Plattform zu setzen, hat sich bislang nicht ausgezahlt. Die Rating-Agentur Fitch stufte das Nokia-Papier auf Junk-Status herab.
Es bedürfe substanzieller Verbesserungen, sonst drohe eine weitere Herabstufung, hieß es. Nun ruhen alle Hoffnungen der Nokia-Verantwortlichen auf dem im Herbst vorgestellten Windows 8 und neuen "Lumia"-Modellen. Zwar wächst der Absatz dieser Geräte. Das reichte bis dato aber nicht, um das Ruder herumzureißen. Mittlerweile sucht das Management offenbar nach einem Plan B. Konzernchef Elop ließ durchblicken, künftig mehr aus dem Geschäft mit digitalen Karten machen zu wollen. Nokia hatte diesen Bereich vor fünf Jahren mit der acht Milliarden Dollar schweren Übernahme von Navteq gestartet.
- Die 20 größten IT-Übernahmen 2012
Unternehmen wie SAP, Cisco, Dell und Google haben mehrere Milliarden Dollar in Hand genommen, um Wettbewerber oder hoffnungsvolle Startups zu übernehmen. Wir haben die größten 20 IT-Akquisitionen des Jahres 2012 geordnet nach ihrem Kaufpreis in US-Dollar zusammen getragen. Aufgelistet sind nur Transaktionen, deren Volumen veröffentlicht wurde. Einige der Deals wurde Ende 2011 angekündigt, aber erst 2012 abgeschlossen, andere wurden vor kurzem bekannt, ihren offiziellen Abschluss werden sie aber wohl erst im kommenden Jahr finden. - Softbank kauft Sprint Nextel für 20 Milliarden Dollar
Im schwierigen US-Mobilfunkmarkt kam es im vergangenen Oktober zu einer spektakulären Akquisition: Der japanische Mischkonzern Softbank kündigte mit dem Kauf von Sprint Nextel den Einstieg ins US-Geschäft an. Die US-Kartellwächter hatten bei dieser Transaktion keine Einwände. Zuvor war die Übernahme von T-Mobile durch AT&T noch am Votum der Wettbewerbshüter gescheitert, weil sie die Zahl der Konkurrenten reduziert hätte. - Cisco schluckt NDS Group für 5 Milliarden Dollar
Die Erwartungen an künftige Einnahmen, die sich mit der Vermittlung von Bewegtbildern erzielen lassen, sind enorm. Immerhin ließ sich Cisco die Übernahme von NDS mehrere Milliarden Dollar kosten. Bei der britischen Company entwickeln und vertreiben etwa 5000 Mitarbeiter Software, mit der Pay-TV-Anbieter ihre Programme auf Set-Top-Boxen, Tablet-Computer und PCs ausliefern. - SAP AG kauft Ariba für 4,3 Milliarden Dollar
Europas größter Software-Hersteller schürte im Mai 2012 einmal mehr den Konkurrenzkampf mit Oracle an. Die SAP kündigte die mittlerweile von den Aktionären durchgewunkene Übernahme von Ariba an. Der Cloud-Spezialist betreibt einen Online-Marktplatz, den SAP als eine Art „Ebay für Business-Netzwerke“ bezeichnet. - Micron kauft Elpida für 2,43 Milliarden Dollar (200 Milliarden Yen)
Im harten Überlebenskampf der Speicher-Chip-Hersteller schluckt der US-Konzern Micron den insolventen japanischen Rivalen Elpida. Letzteres Unternehmen ist wichtiger Zulieferer für Apple und unterhält moderne Stätten für die DRMA-Fertigung. - CGI Group schluckt Logica für 2,2 Milliarden Dollar
Die Zahl großer Übernahmen im IT-Servicegeschäft war in den vergangenen Jahren überschaubar, umso bemerkenswerter erschien die Milliarden-schwere Akquisition des britischen IT-Dienstleisters Logica durch die kanadische CGI Group im Mai 2012. Logica hatte zuletzt wirtschaftliche Probleme, Ende 2011 kündigte das Unternehmen Restrukturierungen und 1300 Stellenstreichungen an. CGI verschafft sich mit dem Deal Zugang zum europäischen IT-Servicemarkt. - Apax Partner – Orange Schweiz: 2,1 Milliarden Dollar (1,64 Milliarden Euro)
Kurz vor Jahresschluss 2011 kündigte der französische TK-Konzern France Télécom den Verkauf seiner schweizerischen Mobilfunktochter an. Für 1,6 Milliarden Euro veräußerte er Orange Suisse an die britische Beteiligungsgesellschaft Apax Partners. Die 1999 gegründete Mobilfunktochter erzielte zuletzt mit 1,6 Millionen Kunden einen Jahresumsatz von 1,1 Milliarden Euro. Sie ist damit hinter Swisscom und Sunrise die Nummer drei im Mobilfunkmarkt der Schweiz. - Oracle übernimmt Taleo für 1,9 Milliarden Dollar
SAP kauft SuccessFactors? Das lässt Larry Ellison nicht auf sich sitzen und blättert satte 1,9 Milliarden Dollar für Taleo auf den Tisch. Taleo macht genau das Gleiche wie SuccessFactors, also Talent-Management im SaaS-Betrieb. Angekündigt wurde die Transaktion im Februar 2012, knapp zwei Monate nachdem der SuccessFactors-Deal öffentlich wurde. - IBM zahlt 1,3 Milliarden Dollar für Kenexa
Nach SAP (SuccessFactors) und Oracle (Taleo) kauft nun auch die IBM für teures Geld einen Anbieter von Talent-Management aus der Cloud. Die börsennotierte Kenexa Corp. schlüpft für 1,3 Milliarden Dollar unter das IBM-Dach. - Vodafone schluckt Cable&Wireless für 1,27 Milliarden Dollar
Der britische Carrier Vodafone zahlt rund 1,27 Milliarden Euro für den Netzbetreiber Cable & Wireless (C&W). Die Übernahmen soll Vodafones Position im britischen Breitband-Markt stärken, denn C&W unterhält das größte Glasfasernetz Großbritanniens. Es verschafft Vodafone eine bessere Position im Wettbewerb um Geschäftskunden, der bislang von BT dominiert wird. - VMware übernimmt Nicira Networks für 1,26 Milliarden Dollar
Die EMC-Virtualisierungstochter VMware zahlt im Juli 2012 stattliche 1,26 Milliarden Dollar für das Unternehmen Nicira, das Netze im Data Center ähnlich virtualisiert, wie VMware das seit Jahren mit Servern macht. - Microsoft akquiriert Yammer für 1,2 Milliarden Dollar
Der Softwarekonzern setzt auf das Geschäft mit Social Business. Die Übernahme des Plattformanbieter Yammer war Microsoft 1,2 Milliarden Dollar wert. Im Juni wurde die Akquisition öffentlich, und im November präsentierte Microsoft schon Pläne zur Integration von Yammer mit Sharepoint. Zudem wurden die Preise gesenkt und die angebotenen Lizenzmodelle bereinigt. - Cisco kauft Meraki für 1,2 Milliarden Dollar
Das Geschäft mit den Folgen des ByoD-Trends (Bring Your Own Device) wird sehr lukrativ – hofft zumindest Cisco. Der weltgrößte Netzausrüster übernahm vor wenigen Wochen das privat gehaltene Startup Meraki für 1,2 Milliarden Dollar. Der Hardware-Anbieter stellt Netzgeräte her, mit denen Unternehmen ihre Funknetze sicher betreiben und mobile Endgeräte kontrollieren können. - Dell schluckt SonicWall für 1,2 Milliarden Dollar
Die fortschreitende Diversifizierung des Dell-Portfolios erstreckt sich bis in den Security-Bereich. SonicWall wird für 1,2 Milliarden Dollar übernommen, um Dells Angebot um Firewalls, Netzwerksicherheit und Antispam-Systeme zu erweitern. Das Unternehmen bringt über 130 Patente nebst 300.000 Kunden in 50 Ländern mit. - Facebook kauft Instagram für eine Milliarde Dollar
Noch vor dem eigenen Milliarden-schweren Börsengang im Mai kündigte Facebook den Kauf des Fotodienstes Instagram an. Die Partner hatten sich im April 2012 auf einen Kaufpreis von eine Milliarde Dollar geeinigt. 300 Millionen Dollar der Summe seien in bar zu entrichten, der Rest des Betrags werde mit 23 Millionen Facebook-Aktien beglichen, hielt man damals fest. Die wurden zum Zeitpunkt der Verhandlungen mit rund 30 Dollar bewertet. Als die Übernahme im September 2012 schließlich zum Abschluss kam, war der Kurs auf weniger als 19 Euro geschrumpft und die Transaktion nur noch 736 Millionen Dollar wert. - Riverbed übernimmt Opnet für eine Milliarde Dollar
Riverbed Technology, ein Netzwerk-Spezialist mit einem Jahresumsatz von knapp 730 Millionen Euro (im Jahr 2011), hat Ende Oktober bekannt gegeben, das Unternehmen Opnet für 43 Dollar pro Anteil in bar und Aktien zu übernehmen. Der Kaufpreis beläuft sich damit auf einer Milliarde Dollar. Opnet ist laut Gartner Marktführer im Markt für das Applikations- und Netzwerk-Performance-Management (APM) und nahm mit seinen Produkten im dritten Quartal 2012 rund 47 Millionen Dollar ein. - Kabel Deutschland kauft Tele Columbus für 603 Millionen Euro
Die Konsolidierung im deutschen Provider-Markt schreitet voran. Kabel Deutschland meldete im Mai die Übernahme des Konkurrenten Tele Columbus für gut 600 Millionen Euro (780 Millionen Dollar) bei den Kartellbehörden an. Der Internet-Zugangs-Provider Tele Columbus betreibt für rund 1,7 Millionen Kunden die letzte Meile. Allerdings meldeten die Wettbewerbshüter Bedenken an und gaben bis dato kein grünes Licht. Die Akquisition von Kabel BW durch Unitymedia für 3 Milliarden Euro im Dezember 2011 hatten die Wettbewerbshüter noch genehmigt. - Amazon schluckt Kiva Systems für 775 Millionen Dollar
Das US-Unternehmen Kiva Systems ist Anbieter von Technologien, mit denen sich Warenlager automatisch betreiben lassen. Amazon hat Bedarf an solcher Technik, unterhält der Konzern doch riesigen Logistik-Zentren.
Opfer des Jahres
Die Geschäftskrisen rissen tiefe Lücken in die Reihen der Belegschaften. HP kündigte an, bis 2014 rund 29.000 Stellen zu streichen. Das sind über acht Prozent der rund 350.000 Köpfe zählenden Belegschaft. Die Verantwortlichen versprechen sich Einsparungen in Milliardenhöhe. Zunächst kostet der Konzernuzmbau allerdings rund 3,7 Milliarden Dollar. Nokia kündigte an, seine Smartphone-Fertigung aus Europa und Mexiko nach Asien zu verlagern. Im Rahmen des Umbaus strichen die Finnen rund 4000 Stellen in den betroffenen Regionen. Im Sommer hieß es dann, dass bis Ende 2013 etwa 10.000 Arbeitsplätze wegfallen sollen.
Aber auch andere IT-Anbieter setzten bei den Personalkosten den Rotstift an - offensichtlich, um angesichts der schwelenden Wirtschaftskrisen und damit drohender Geschäftseinbrüche rechtzeitig Ballast abzuwerfen. Anfang 2012 sorgte IBM hierzulande für Unruhe. In Berichten hieß es, der Konzern wolle 8000 seiner 20.000 Stellen in Deutschland abbauen. Im Rahmen des "Liquid"-Programms sollten aus festen Jobs freie Tätigkeiten entstehen. Künftig sollen Freelancer in ausgelagerten Projekten Arbeiten übernehmen, die bis dato intern bei IBM erledigt wurden.
Yahoo strich in einer weiteren Runde 2000 seiner noch 14.000 Arbeitsplätze. Die Belegschaft hatte bereits in den vergangenen Jahren empfindliche Einschnitte erleben müssen. Beim japanischen Elektronikriesen Sony fuhr der neue Konzernchef Kazuo Hirai einen harten Sanierungskurs. 10.000 Jobs stehen im laufenden Geschäftsjahr 2012/13 auf der Streichliste. Damit hoffen die Japaner, einen Weg aus den roten Zahlen zu finden, in denen sie seit nunmehr vier Jahren stecken.
Während Zehntausende sich eine neue Arbeit suchen müssen, dürften Roboter künftig gute Jobchancen haben. Auftragsfertiger Foxconn, der unter anderem für Apple, Dell und HP fertigt, kündigte an, bis 2014 rund eine Million Roboter in seiner Fertigung einsetzen zu wollen.