Aufbau und Betrieb eines Personal-Informationssystems:

Der Computer hat nur eine Hilfsfunktion

20.09.1978

Erfahrungen in vielen Wirtschaftsunternehmen und in öffentlichen Verwaltungen zeigen, daß Personal-Informationssysteme bereits heute zum Standard-Instrumentarium einer erfolgreichen Personalführung und Personalverwaltung gehören. Der folgende Beitrag von Dr. Michel Domsch* behandelt die Frage, welche Einzelaktivitäten beim Aufbau und Betrieb eines Personal-Informationssystems zu beachten sind. Entnommen aus Band 6 "Personal-Informationssysteme" der SCS-Schriftenreihe.

Aufbau und Betrieb eines EDV-gestützten Personal-Informationssystems erfordern eine detaillierte Planung der notwendigen Einzelaktivitäten. Zum Teil können sie zeitlich parallel durchgeführt werden. Grundsätzlich fallen sie in drei Phasen: Konzeption, Realisierung und Betrieb des Personal-Informationssystems.

In die Konzeptionsphase fallen die Aufbaustufen Problemanalyse, Systemplanung einschließlich Kosten-Nutzen-Analyse und Hardware-Untersuchung.

Die dafür notwendigen Einzelaktivitäten können zum Teil zeitlich parallel durchgeführt werden.

Als Ergebnis dieser Phase sind

- eine Unternehmensstudie über ein vorhandenes Personal-Informationssystem "IST" und seine kritische Beurteilung,

- ein Systemvorschlag für das Personal-Informationssystem "SOLL" mit einem Personal-, Zeit- und Kostenplan für die einzelnen Phasen,

- eine Systems-Design-Studie zu erstellen.

Realisierungsphase und Betriebsphase

In die Realisierungsphase fallen die Aufbaustufen Detail-Organisation, Software-Entwicklung und Einführung.

Als Ergebnis dieser Phase sind

- eine detaillierte Organisationsvorgabe für Aufbau und Einführung eines Personal-Informationssystems,

- ein maßgeschneidertes Softwarepaket,

- eine Abschlußdokumentation über den Aufbau des Systems zu erstellen.

Nach der Einführung sind in der Betriebsphase insbesondere folgende Aktivitäten relevant:

- Informationsgewinnung für den Inhalt der Personaldatenbank, der Arbeitsplatzdatenbank und der Methoden- und Modellbank,

- die laufende Betreuung und Wartung des Personal-Informationssystems,

- die Aktualisierung des Systems,

- die Erweiterung und Veränderung des Personal-Informationssystems, die sich aus neuen und veränderten Problemstellungen ergeben.

Es wird noch einmal besonders betont, daß in jeder Phase eine Abstimmung im Rahmen des Gesamtsystems erfolgen muß, denn Personalentscheidungen sind in der Regel integrierte Bestandteile von Entscheidungen, die mehrere Funktionsbereiche betreffen.

Informationsgewinnung, Informationsverarbeitung und Informationsauswertung

Es wird zunächst an einem Beispiel dargestellt, wie der Prozeß der Informationsgewinnung, Informationsverarbeitung und Informationsauswertung im Rahmen des Personal-Informationssystems durchzuführen ist, da der Informationsbedarf von der speziellen Situation und vom konkreten Verwendungszweck des Personal-Informationssystems abhängt. Dabei ist auch zu zeigen, welche Rolle die EDV übernimmt.

Die notwendigen Schritte, die hierbei durchzuführen sind, werden für das Beispiel "Personaleinsatzplanung mit Hilfe eines Personal-Informationssystems" aufgezeigt (Abbildung).

Aus der Übersicht ist zu ersehen, daß in der Phase Informationsgewinnung (I) nach der Zielbestimmung (1) eine exakte Beschreibung der Tätigkeitsbereiche erfolgen muß (2). Durch eine Arbeitsanalyse sind die jeweiligen Anforderungsmerkmale und ihre Ausprägungen zu bestimmen (3). Schließlich muß festgestellt werden, welche Tätigkeitsbereiche beziehungsweise Arbeitsplätze zu besetzen sind (4).

Analog zu dieser Bestimmung des Personalbedarfs müssen detaillierte Informationen über den Personalbestand gesammelt werden (5). Um eine gezielte Personaleinsatzplanung durchführen zu können, muß jedoch ein Beurteilungssystem bestehen (6), denn die Eignung und Bereitschaft des einzelnen Mitarbeiters für einen Einsatz muß zukunftsorientiert erfaßt werden (7).

Diese detaillierten Informationen über den Personalbestand und den Personalbedarf sind mit Hilfe eines zu entwickelnden Instrumentariums (Verfahren, Methoden, Modelle) zu verarbeiten (8).

Erst in der Phase der tatsächlichen Informationsverwaltung und Informationsverarbeitung (II) wird der EDV-Einsatz relevant. Die Ergebnisse der Phase der Informationsgewinnung sind auf der Personaldatenbank sowie der Arbeitsplatzdatenbank und auf der Methoden- und Modellbank zu berücksichtigen (9, 10, 11) und mit Hilfe, des EDV-Systems zu verarbeiten (12). Dem EDV-System kommt hier also eine - bei großen Datenmengen und anspruchsvollen Methoden und Modellen - notwendige Hilfsfunktion zu.

Schließlich muß in der Phase der Informationsauswertung (III) unter Berücksichtigung des System-Outputs (13, 14) von der verantwortlichen Führungskraft eine endgültige Entscheidung getroffen werden (15). Es wurde wiederholt gesagt, daß diese Entscheidung in der Regel nicht durch die EDV-Anlage, sondern erst nach Abwägung einer Reihe zusätzlicher Gesichtspunkte erfolgen kann. Handelt es sich um ein Berichtssystem, dann bekommt man für die Informationsauswertung eine Übersicht darüber, wer grundsätzlich für den Einsatz und damit für die Deckung des speziellen Personalbedarfs in Frage kommt. Eine zusätzliche Entscheidungshilfe wird gegeben, wenn das Personal-Informationssystem den Entwicklungsgrad eines Entscheidungssystems besitzt. Es wird dann ausgewiesen, welcher Einsatz nach vorgegebenen Zielsetzungen optimal wäre.

An das System muß anschließend gemeldet werden, welcher Mitarbeiter ab wann und für wie lange welchen Tätigkeitsbereich übernimmt (16). Damit werden die Personaldatenbank und die Arbeitsplatzdatenbank aktualisiert.

Konzipierung und Ralisierung in Stufen

Es ist unrealistisch, davon auszugehen, ein Personal-Informationssystem müsse von Anbeginn für alle Verwendungszwecke der betrieblichen Personalarbeit grob und fein konzipiert und anschließend insgesamt realisiert werden. Dieses Vorhaben ist viel zu komplex und erfahrungsgemäß zum Scheitern verurteilt. Vielmehr empfiehlt sich ein stufenweises Vorgehen:

- Zunächst ist in einer kurzen Vorphase das Gesamtprojekt zu strukturieren sowie ein Phasenplan mit inhaltlichen, zeitlichen, aufwandsmäßigen und personellen Aussagen zu erstellen.

- Es folgt eine grobe Ist-Aufnahme und kritische Analyse der Ausgangslage und der bestehenden Planungen.

- Im Abschluß ist ein Soll-Grobkonzept (Rahmenkonzept) zu erstellen, in dem möglichst das Gesamtsystem und seine Schnittstellen erfaßt werden. Im Ergebnis wird nach Prioritäten geordnet, auf der Basis einer Kosten-Nutzen-Analyse das weitere Vorgehen geplant.

- Es folgt dann entsprechend diesen Prioritäten jeweils eine Feinanalyse des Ist-Zustandes, ein Soll-Feinkonzept, die Realisierung und Einführung der einzelnen Komplexe innerhalb des Rahmenkonzeptes. Hierbei werden der Aufbau einer Personaldatenbank und der Komplex Abrechnungen zunächst im Vordergrund stehen. Der Ausbau des Personal-Informationssystems, auch für anspruchsvolle Planungszwecke, wird sich erst in weiteren Stufen anschließen. Probleme der Entwicklung entsprechender Methoden und Modelle sowie der Informationsgewinnung stehen hier im Vordergrund.

Damit soll auch zum Ausdruck kommen, daß dispositive Systeme auf administrativen Systemen aufbauend realisiert werden sollen.

* Dr. Michel Domsch, Ordentlicher Professor an der Bundeswehrhochschule Hamburg, ehemaliger Mitarbeiter der SCS Scientific Control Systems GmbH, Hamburg.