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Der Blogger, das unbekannte Wesen

29.08.2006

Haeusler (42), der früher auch erfolgreicher Musiker und Radiomoderator war und sich schon seit 1990 mit dem Internet befasst, liest zu Hochzeiten am Tag 300 Kommentare seiner Leser. Und er antwortet ihnen, auch von unterwegs mit dem Handy. Alle paar Minuten ertönt aus seinem Laptop ein leiser Gong: Wieder hat sich ein "Spreeblick"-Leser zu Wort gemeldet. Besonders hitzig werden die Reaktionen beim Thema Religion oder beim Libanon-Konflikt. Es gab auch schon Zeiten, da hatte Haeusler tagelang daran zu knapsen, dass ihn seine Leser persönlich angegriffen hatten.

"Man muss schon ein Stück weit eine Rampensau sein", sagt Nico Lumma über das Wesen der Blogger. Über die Qualität der Einträge kann man streiten: Als "Klowände des Internet" hat ein prominenter Werber die Blogs bezeichnet, die "Süddeutsche Zeitung" sah sich im "Ozean der Banalitäten" (ließ ihre Online-Redakteure aber später selbst bloggen, was dann grandios floppte). Haeusler vergleicht Blogs mit Graffiti, die Kritzelei oder Kunst sein können.

Und wo geht die virtuelle Reise hin? Wird Bloggen einmal so selbstverständlich wie Fernsehen? Der Kommunikationswissenschaftler Jan Schmidt von der Universität Bamberg glaubt nicht daran. "Blogs werden die klassischen Massenmedien nie ersetzen, allenfalls ergänzen." In einer Umfrage haben die Forscher die wichtigsten Motive der deutschen Blogger herausgefunden: Spaß, Lust am Schreiben und Freude am Festhalten von Erlebnissen für sich selbst und andere.

Übrigens: Auch Firmen interessieren sich ja aus unterschiedlichen Gründen inzwischen für Blogs und Blogger. "Don Alphonso", der legendäre Totengräber der New Economy, hat gerade eine – wie immer subjektive – Liste derjenigen Berater veröffentlicht, die seiner Ansicht nach zum Thema kompetent Auskunft und Hilfestellung geben können. (dpa/tc)