ITler in der Luft- und Raumfahrt

Der besondere Kick

23.02.2013
Von 
Peter Ilg ist freier Journalist in Aalen.

Alte Sprachen sind nicht tot

"Die Systeme der Luft- und Raumfahrt werden komplexer und intelligenter. Technische Intelligenz bedeutet aber, dass immer mehr IT genutzt wird und immer mehr Informatiker in der Branche gebraucht werden", ist Peter Middendorf überzeugt. Der Professor leitet das Institut für Flugzeugbau an der Universität Stuttgart.

Peter Middendorf, Universität Stuttgart: "Die Branche benötigt immer mehr Informatiker."
Peter Middendorf, Universität Stuttgart: "Die Branche benötigt immer mehr Informatiker."
Foto: Universität Stuttgart

Computerfachleute arbeiten laut Middendorf in der Entwicklung von Navigations- und Cockpitsystemen oder im Infotainment in der Kabine oder in der Instandhaltung. "Der wesentliche Unterschied zur IT in Consumer-Produkten ist, dass es in der Luft- und Raumfahrt aufgrund gesetzlicher Bestimmungen hohe Sicherheitsanforderungen gibt", so der Wissenschaftler.

Die Bologna-Reform hat die Universität Stuttgart genutzt, um das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik mit mehr IT-Inhalten zu bereichern. Informatik mit dem Schwerpunkt Luft- und Raumfahrt gibt es dagegen nicht. Das sei auch nicht nötig, meint der Professor: "Softwarekenntnisse bringen die Informatiker mit, und branchentypische Sprachen lernen sie leicht."

Dass häufig alte Programmiersprachen wie Pascal genutzt werden, liegt an den langen Lebenszyklen der Flugzeuge. Als interessante Fortbildungsmöglichkeit für Informatiker, die sich in Luft- und Raumfahrt spezialisieren wollen, nennt Middendorf das Master-Studium an der Universität Stuttgart.

Keine Scheu vor neuen Technologien

Andreas Schreiber leitet die Abteilung Verteilte Systeme und Komponentensoftware am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Gut 200 Informatiker arbeiten im staatlichen Forschungszentrum.

CW: Was sind typische Aufgaben von Informatikern im DLR?

SCHREIBER: Die meisten Informatiker schreiben Individualsoftware für die Wissenschaftler an den Instituten und unterstützen so deren Forschungsarbeit. Beispiele sind Visualisierungssoftware für Flugzeuggeometrien, Betriebssysteme für Raumfahrzeuge oder Simulationssoftware. Andere beschäftigen sich mit Software-Engineering-Verfahren, also Methoden, mit denen Software im Idealfall entwickelt wird. Das sind dann Forscher im Bereich der Informatik.

CW: Brauchen Informatiker am DLR spezielle Kenntnisse, sei es in bestimmten Programmiersprachen oder Branchenwissen?

Andreas Schreiber, DLR: "Wir setzen etwa 30 unterschiedliche Progammiersprachen ein."
Andreas Schreiber, DLR: "Wir setzen etwa 30 unterschiedliche Progammiersprachen ein."
Foto: DLR

SCHREIBER: In einigen Fällen ja, in anderen nicht. Wir haben viele Bereiche, in denen ingenieurwissenschaftliche Kenntnisse notwendig sind, um Anwendungen dafür zu schreiben. Das setzt Branchenwissen voraus. Bei der Programmierung setzen wir etwa 30 unterschiedliche Programmiersprachen ein, die die einzelnen Mitarbeiter nicht alle kennen müssen. Am weitesten verbreitet sind C und C++, Python, Java und Matlab.

CW: Welcher Typ Informatiker passt ins DLR?

SCHREIBER: Unsere Informatiker tauschen sich intensiv mit Kollegen aus. Deshalb ist Teamfähigkeit sehr wichtig. Sie müssen den Auftrag verstehen und andererseits ihre Lösung den Anwendern erklären können. Dafür ist Kommunikationsstärke in interdisziplinären Teams vonnöten.

CW: Worauf sollten Ihre Informatiker vorbereitet sein?

SCHREIBER: Sie müssen fachlich flexibel sein, weil sich Forschungsthemen und -inhalte regelmäßig und relativ schnell ändern können. Sie dürfen auch keine Scheu davor haben, sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen, weil es bei uns immer um Forschung geht. Interesse an neuen Themen sollte vorhanden sein. Das setzt Neugier voraus.

Steckbrief DLR

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist eine staatliche Forschungseinrichtung mit rund 7300 Mitarbeitern, von denen die meisten Wissenschaftler sind. Sie forschen in den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Energie, Verkehr und Sicherheit. Grundlagenforschung bis hin zur Entwicklung von Produkten für morgen gehört zu ihren Aufgaben. Das DLR hat 32 Institute an 16 Standorten.

CW: Wie hoch ist das Einstiegsgehalt?

SCHREIBER: Das Gehalt am DLR richtet sich nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, dem TVÖD. Bachelor-Absolventen beginnen in den Entgeltgruppen zehn oder elf. Das sind rund 2700 Euro monatlich. Bei Absolventen mit Diplom oder Master sind es die Gruppen 13 oder 14 und damit etwa 600 Euro mehr.

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*Peter Ilg ist freier Journalist in Aalen.