Jungen Absolventen fehlt die Praxis

Der Bachelor ist erst der Anfang

27.02.2011
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Mit dem Bachelor drängen jüngere Informatiker in die Unternehmen. Die Resonanz auf den neuen Studiengang fällt unterschiedlich aus. Immerhin: Mit besonderen Programmen erleichtern ihnen viele Firmen den Start ins Arbeitsleben.

Die Bologna-Reform wirbelte die klar strukturierte deutsche Hochschullandschaft durcheinander. Die meisten Universitäten verabschiedeten sich vom Diplom und bilden nun die Studenten in den zweistufigen Studiengängen Bachelor und Master aus. Viele Hochschulen nutzen die Chance des Neuanfangs und bieten einen bunten Strauss an neuen, internationalen Studiengängen. Gleichzeitig änderten die meisten Fachhochschulen ihren Namen und firmieren jetzt als Hochschule.

Matthias Landmesser, IBM: "Die Absolventen heute bringen weniger Praxiserfahrung mit."
Matthias Landmesser, IBM: "Die Absolventen heute bringen weniger Praxiserfahrung mit."
Foto: Matthias Landmesser, IBM

Trotz anfänglicher Skepsis begrüßen die meisten Unternehmen die Reform und freuen sich, dass sie die Absolventen früher ins Unternehmen holen und mehr Einfluss auf die weitere Ausbildung nehmen können. Dass in einem sechssemestrigen Bachelorstudium kein Diplom-Niveau erreicht werden kann, frustriert manche trotzdem. "Die Absolventen bringen weniger Praxiserfahrung mit", sagt Matthias Landmesser, verantwortlich für die Hochschulprogramme der IBM in Deutschland. "Ich bedauere sehr, dass die meisten Fachhochschulen das Praxissemester gestrichen haben." IBM versucht dieses Manko mit einem größeren Angebot an Praktikumsplätzen auszugleichen.

Auch die Deutsche Telekom möchte möglichst vielen Studenten einen Einblick in den Arbeitsalltag geben. "Im Bachelor-Studium sind zwölfwöchige Praktika inzwischen die Ausnahme. Wir bieten deshalb auch kürzere Praxisphasen von sechs oder acht Wochen an, damit Studenten uns als Unternehmen kennen lernen können", erläutert Peter Körner, Leiter Personalentwicklung der Telekom in Bonn. In den unterschiedlichen Unternehmenszweigen stehen bis zu 1000 Praktikumsplätze zur Verfügung. Körner hofft, dass die Studenten im Arbeitsalltag merken, dass sich das angestaubte Image der Telekom gerade wandelt. Für ihn sind Praktika auch Marketing-Instrument.

Zu kurze Praktika bringen nichts

Allzu kurz sollten die Praktikumsphasen aber nicht ausfallen, darin sind sich die Unternehmen einig. "Die Betreuung ist sehr aufwändig, und wir wollen, dass die Studenten etwas lernen. Deshalb sind vier Wochen einfach zu kurz", sagt Susanne Weber, Personalreferentin der mittelständische IT-Beratung Method Park in Erlangen.

Praktika sind ein Weg für Unternehmen, um Kontakte zu talentierten Studenten zu knüpfen, Abschlussarbeiten ein anderer. Uwe Kloos, Head of Human Resources Consulting vom Beratungsunternehmen Cirquent in München, sucht in diesem Jahr 250 neue Mitarbeiter, neben Berufserfahrenen stehen Absolventen und Junior-Consultants auf seiner Wunschliste. Darum will Cirquent mehr Themen für Bachelor- oder Master-Abschlussarbeiten im Unternehmen anbieten. Ähnliche Wege nutzt auch Fiducia in Karlsruhe. Zur dortigen Technischen Universität unterhält das Unternehmen enge Bande. "Viele Bachelor-Studenten schreiben in Zusammenarbeit mit der Fiducia ihre Abschlussarbeit. Auf diese Weise haben wir einen engen Kontakt zu den Studenten und lernen sie im Arbeitsalltag kennen. Diese Zusammenarbeit wollen wir auch mit den Master-Studenten intensivieren", sagt Jens Zimmermann, Referent der Bereichsleitung Anwendungsentwicklung bei Fiducia.

Die Ausbildungs- und Qualifizierungswege in der IT-Branche sind vielfältiger geworden. Mit den neuen Studiengängen Bachelor und Master weichen starre Grenzen zwischen Hochschulen und Unternehmen auf. Immer mehr Firmen unterstützen ihre Mitarbeiter, wenn sie nach einigen Jahren im Job einen weiteren Abschluss erwerben möchten. Schließlich goutieren es die meisten Beschäftigten, wenn sich der Arbeitgeber an den Studiengebühren beteiligt oder ein flexibles Arbeitszeitmodell anbietet.