Die persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten und die frühe Übernahme von Verantwortung sind das größte Plus kleiner Unternehmen, ist Heinz Paul Bonn, Vorsitzender des Forums Mittelstand beim IT-Verband Bitkom, in einem Gespräch mit Young Professional überzeugt.

YOUNG PROFESSIONAL: Können mittelständische Firmen bei der Personalbeschaffung gegen die Konkurrenz der Großen ankommen?

BONN: Ich will nicht bestreiten, dass es für einen mittelständischen Betrieb in der Regel schwerer ist, qualifiziertes Personal zu finden als für ein international tätiges Großunternehmen, das oft mit höheren Gehältern, Traineeprogrammen und Auslandsaufenthalten um Mitarbeiter wirbt. Dazu kommt der bekannte Firmenname, den man unter Karrieregesichtspunkten gern in seinem Lebenslauf sehen möchte. Doch spätestens seit dem Internet-Boom sehen wir, dass auch kleine und mittlere Firmen für Berufseinsteiger interessant sein können. Das lag nicht nur an den Aktienoptionen der Unternehmen, die an den Neuen Markt wollten. Vielmehr schätzen die Absolventen das persönlichere Betriebsklima, die flacheren Hierarchien, das hohe Maß an Selbstständigkeit und Verantwortung, und dadurch auch die Möglichkeit, die Entwicklung des Unternehmens unmittelbar mitzugestalten.

YOUNG PROFESSIONAL: Besinnen sich junge Leute vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Flaute jetzt mehr auf die Qualität von kleineren und mittleren Unternehmen?

BONN: Das ist sicher so. Die Arbeitsplatzsicherheit dürfte hier insgesamt höher sein als bei den Großunternehmen. Absolventen, die ein wenig Einblick in den Arbeitsmarkt haben, erkennen dies durchaus. Im Mittelstand gibt es eine größere Bindung zwischen Geschäftsführung und Mitarbeitern. Man kennt die Beschäftigten persönlich und hat oftmals auch Einblick in ihre Lebensumstände. Dementsprechend versuchen die meisten Geschäftsführer, auch in Krisenzeiten mit drastischen Einschnitten so zurückhaltend wie möglich zu sein. Inhabergeführte Unternehmen unterliegen auch nicht den Zwängen der Börse, wo Analysten Druck auf die Kosten- und Personalstruktur ausüben. Gleichwohl müssen sich auch mittelständische Unternehmen tagtäglich am Markt behaupten, und das unter Finanzierungsbedingungen, die deutlich schwieriger sind als für die großen Branchenführer. Deshalb geht auch die derzeitige Krise in der Branche am Mittelstand nicht spurlos vorbei.

Young Professional: Womit können mittelständische Unternehmen bei qualifizierten Bewerbern am meisten punkten?

BONN: Sicher damit, dass das Wirkungsfeld des einzelnen Mitarbeiters breiter ist, und technisches und kaufmännisches Denken Hand in Hand gehen. Ebenso ist Marketing für alle Mitarbeiter eine Selbstverständlichkeit, denn jeder Mitarbeiter ist viel stärker für den Gesamterfolg des Unternehmens verantwortlich. Das führt zu einer entsprechend hohen Identifikation mit dem Arbeitgeber. Auch sind die persönlichen Beziehungen unter den Mitarbeitern oftmals intensiver, und das trägt dazu bei, dass auch offener, aber konstruktiv miteinander gesprochen wird. Das wichtigste aber sind die persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten und die Verantwortung, die sich ein engagierter Arbeitnehmer in einem mittelständischen Unternehmen erarbeiten kann.