Vermittlungscomputer in Nürnberg:

Der Arbeitsmarkt wird transparent

03.09.1976

MÜNCHEN - "Wir Deutschen mit unserer Gründlichkeit haben etwas geschafft, wovon andere Länder heute noch träumen", freut sich German Plöckl, Leiter der Landesstelle für Arbeitsvermittlung in München. Gemeint sind die "berufskundlichen Schlüsselsysteme". Sie bilden die Grundlage für eine computerunterstützte, Arbeitsvermittlung (coArb), wie sie schon an einigen Arbeitsämtern praktiziert wird, coArb soll überregional ausgebaut werden, so daß eine Transparenz des Arbeitsmarktes gegeben ist. "Wenn wir vor fünf Jahren eine computerunterstützte Arbeitsvermittlung gehabt hätten, dann wären wir in der jetzigen schwierigen Marktsituation besser gerüstet, als wir es momentan sind", meint German Plöckl. Doch zunächst haben nur Landesstellen für Arbeitsvermittlung und die Zentral. stelle in Frankfurt Zugriff auf, den Nürnberger "Vermittlungscomputer", wie er im Fachjargon genannt wird. Bei der Landesvermittlungsstelle in München sind zwei Terminals installiert, die mit dem Großrechner in Nürnberg, einer Siemens 4004, kommunizieren.

Rechner gleicht die Angebote ab

Der Rechner hat bei der Arbeitsvermittlung faktisch nur eine Aufgabe: Er gleicht Bewerber- und Stellenangebote miteinander ab und gibt sie in einer bestimmten Reihenfolge - nach den jeweiligen Übereinstimmungen über einen, Datenschreiber aus. Die Codierung der Angebote erfolgt nach den Schlüsselsystemen, einer katalogisierten Orientierungshilfe für den Arbeitsvermittler. Das Schlüsselsystem TI für Ingenieure, Techniker und andere technische Berufe war der Anfang dieser modernen Form der Arbeitsvermittlung. Bei der Zusammenstellung waren Betriebe und Verbände beteiligt, die Ergebnisse der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wurden berücksichtigt.

Test bei 20 Arbeitsämtern

Ein Test bei 20 großen Arbeitsämtern zeigte, daß das vorliegende TI-System praktikabel ist und sowohl Arbeitsvermittlern als auch Bewerbern und Arbeitgebern ermöglicht, ihre Angebote in eine einheitliche und eindeutige Form zu bringen. "Der Arbeitsvermittler bekommt über den Rechner so viele Informationen, daß die Gespräche, die mit Bewerbern oder Stellenanbietern geführt werden, wesentlich ertragreicher sind, als das früher im herkömmlichen Verfahren der Fall war", erklärt German Plöckl.

Das TI-System bildete die Grundlage für viele andere Schlüsselsysteme, beispielsweise für das DK-Schlüsselsystem für kaufmännische und Verwaltungsberufe, und das FM-Schlüsselsystem für Fertigungsberufe im Metall- und Elektrobereich.

Es enthält einen "Tätigkeitsschlüssel", der in Fachrichtung, Funktionsbereich und Qualifikationsstufe untergliedert ist. Mit der Fachrichtung werden das Wissen und Können verschlüsselt, die für die Erfüllung bestimmter Aufgaben erforderlich sind. Der Funktionsbereich gibt das Aufgabengebiet an, in dem der Bewerber tätig sein will oder soll. Die Qualifikationsstufe enthält den Ausbildungsabschluß eines Bewerbers und das "Qualifikationsniveau", dem er aufgrund seiner Kenntnisse, Erfahrungen und Leistungen zuzurechnen ist.

Codierung durch maximal drei Ziffern

Der Tätigkeitsschlüssel mit Fachrichtung, Funktionsbereich ich und Qualifikationsstufe stellt den, Hauptsuchfaktor dar. Ergänzend dazu enthält das TI-System noch einen Schlüssel für hauptsächliche Spezialisierungen nach Branchen und Produkten und einen Katalog der für die Vermittlung und Beratung relevanten beruflichen Kenntnisse Erfahrungen und Interessen, die ein Bewerber mitbringt (Merkmalschlüssel).

Beide Kataloge sind sowohl in systematischer als auch in alphabetischer Reihenfolge vorhanden. Das TI-System umfaßt 126 Fachrichtungen, 80 Funktionsbereiche (mehr als 10 000 mögliche Kombinationen) und 43 Qualifikationsstufen. Das DK-System enthält 114 Fachrichtungen, 154 Funktionsbereiche und 43 Qualifikationsstufen. Beim FM-Schlüsselsystem kann zwischen 303 Fachrichtungen, 78 Funktionsbereichen und 18 Qualifikationsstufen gewählt werden.

In München wird mit dem TI-Schlüssel seit rund zwei Jahren gearbeitet - mit Erfolg, wie der Leiter der Landesvermittlungsstelle versichert.