Outsourcing/Eigenen User-Support mit einem Helpdesk entlastet

Den Ärger mit Microsoft-Produkten an einen Outsourcer abgeschoben

08.08.1997

Erleichterung machte sich einst in den Reihen der IT-Manager breit, als bunte, selbsterklärende Symbole und Piktogramme endgültig die alphanumerischen Zeichen auf dem Bildschirm ablösten und die Maus vielfach die Tastenkombinationen verdrängte. Dennoch haben die Anwender nicht weniger Fragen und kämpfen nicht seltener mit den Tücken des PCs. Die Aufwendungen für Administration, Unterstützungsleistungen und Bedienung sind höher als je zuvor.

Laut Gartner Group entfallen in einem Zeitraum von fünf Jahren 31 Prozent der Gesamtbetriebskosten eines PCs auf Administration und Support. 55 Prozent sind für Bedienung anzusetzen. Dazu gehört zum Beispiel die Zeit, in der sich die Anwender über formale Schulungen hinaus mit neuen Funktionen und Programmen im täglichen Betrieb vertraut machen, in Handbüchern blättern, Grafiken perfektionieren oder erfolglos versuchen, dem PC die gewünschten Resultate zu entlocken.

Diesen sogenannten versteckten Kosten, die jenseits jeglicher Kontrolle anfallen, sind auch die Verwaltung der Datenbestände am individuellen Arbeitsplatz und das Warten auf den Drucker hinzuzurechnen. Und nicht zu vergessen die Zeit, in der die produktive Arbeit ruht, weil unvorhergesehene Schwierigkeiten auftauchen, die der einzelne Anwender nicht selbst beheben kann, oder die Supportmannschaft überlastet ist.

Oft bleibt Anwendern nichts anderes übrig, als auf ein informelles Hilfenetz zurückzugreifen. Der "Hey-Joe-Support" von Kollege zu Kollege hat zur Folge, daß letztlich zwei Sachbearbeiter, die eigentlich für andere Arbeiten bezahlt werden, am PC herumexperimentieren.

Angesichts dieser teuren Selbsthilfe ist es naheliegend, daß in den Informatikabteilungen oft mit erheblichem Aufwand Supportgruppen auf- und ausgebaut werden, die den Endanwendern als Anlaufstelle für ihre Schwierigkeiten am PC dienen. Diese Angebote aber sehen sich innerhalb kurzer Zeit von Anfragen überschwemmt.

80 Prozent der Supportverantwortlichen berichten in einer neueren Untersuchung des Help Desk Institute von einem "stetig wachsenden Anfragevolumen". Die Marktforschungsfirma IDC beziffert das Volumen auf 16 Anrufe, die jeder Supportmitarbeiter durchschnittlich pro Tag entgegennimmt und lösen muß. Die Hälfte der Fragen dreht sich dabei um die Software, 15 Prozent der Ratsuchenden kommen mit der Hardware nicht klar, zehn Prozent mit Drucker und Netzwerk.

Außerdem ist es in Anbetracht der heute vorherrschenden heterogenen Client-Server-Umgebungen sehr aufwendig und anspruchsvoll, das Personal am Helpdesk immer auf dem neuesten Wissensstand zu halten. Aus diesem Grund übertragen Firmen den Endanwendersupport immer häufiger auf externe Spezialisten. So geschah es auch beim Schweizer Radio DRS.

"Nur noch den Problemen hinterhergerannt"

Die Rundfunkgesellschaft mit Standorten in Zürich, Bern und Basel sowie Regionalstudios in Aarau, St. Gallen und Luzern beschäftigt 850 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Insgesamt standen 14 Informationsfachkräfte zur Verfügung. Entsprechend groß war die Belastung des internen DV-Supports. "Wir sind nur noch den Problemen hinterhergerannt", sagt René Schwab, Abteilungsleiter Infrastruktur beim Schweizer Radio DRS.

Die kleine DV-Abteilung hatte kaum mehr Zeit, den Blick auf das Wesentliche zu richten, sie war schon froh, wenn sie wenigstens die dringendsten Arbeiten anpacken konnte. Und mit dem Wechsel auf ein modernes Client-Server-Konzept mit Windows NT und Exchange bei den rückwärtigen Diensten, Windows 95 und Microsoft Office auf den Client-Rechnern drohte der Druck auf den internen Support ins Unermeßliche zu wachsen.

Das Ziel war schnell definiert: die eigene Supportabteilung entlasten und gleichzeitig deren Leistungen verbessern. Gleichwohl sollte es ein Konzept sein, das auch in Zukunft noch aktuell ist. Und so einigten sich die Verantwortlichen der Rundfunkgesellschaft schließlich auf einen Helpdesk, der mit externer Hilfe betrieben wird.

Mit der Auslagerung des Helpdesks gehört das Schweizer Radio DRS zu den Trendsettern im Supportbereich. Einer Untersuchung von Outsourcing Institute zufolge übertragen heute erst 15 Prozent der Unternehmen, die DV-Aufgaben auslagern, auch den Helpdesk an einen externen Partner. Schon 1998 aber, so die Analysten der Gartner Group, werden es 40 Prozent sein.

IDC hat dafür drei Gründe ausgemacht: Die Unternehmen wollen Zugang zu Spezialwissen, geringere Kosten und sich selbst wieder auf die geschäftsspezifischen und -kritischen Teile der Informatik konzentrieren.

Das Schweizer Radio DRS definierte mit der Einführung des Helpdesk-Systems den Leistungsauftrag der internen Supportabteilung neu. Unterstützungsleistungen, die wenig firmeninternes Wissen voraussetzen, sind aus ihrem Pflichtenheft verschwunden. Leistungen dagegen, die physische Präsenz und radiospezifisches Fachwissen verlangen, erbringt weiterhin die eigene Supportabteilung.

So sind insbesondere die Anwendung DRS-News, das Netzwerk und die Client-Server-Infrastruktur beim Radio geblieben. Von Anfragen zu Problemen mit Microsoft-Produkten wurden die internen Servicemitarbeiter entlastet.

Um die Aufgabenteilung brauchen sich die Endanwender nicht zu kümmern. Für sie gilt eine einzige Telefonnummer - ganz gleich, ob die Schwierigkeiten Hardware oder Software, Microsoft- oder andere Produkte betreffen und unabhängig davon, ob sie in Bern, Zürich oder Luzern arbeiten. Hinter dieser einen Nummer steckt die Schalt- und Meldezentrale des Helpdesk.

Alle Anrufe, neudeutsch "Calls", werden in einer wissensbasierten Datenbank erfaßt. Der Helpdesk-Manager entscheidet, wohin die Calls - bei Radio DRS sind es zwischen 30 und 60 pro Tag - weitergeleitet und wo sie beantwortet werden. Fragen zu den Kernkompetenzen ordnet der Helpdesk dem DV-Personal des Senders zu, Fragen zu anderen Bereichen dem Outsourcer.

Über das Helpdesk-System läßt sich kontrollieren, ob und wie schnell Antworten erfolgen und ob die Probleme gelöst sind. Für das Problem-Management hat Radio DRS dem Outsourcer Unisys GCS klare Werte vorgegeben. Nicht länger als 15 Minuten darf es dauern, bis ein Call registriert, priorisiert, kategorisiert und weitergeleitet ist. Sind Eskalationen erforderlich, ist bei Problemen der Prioritätsstufe eins eine Stunde einzuhalten, bei gravierenderen Problemen der Stufe zwei sind vier Stunden vorgesehen.

Bei gleichbleibenden Kosten - die Leistungen werden nach Aufwand verrechnet - bekommen die Anwender heute 15 bis 20 Prozent mehr Supportleistung. Darüber hinaus eröffnen sich für die Informatikabteilung mit der Helpdesk-Lösung Möglichkeiten, die weit über den Helpdesk hinausreichen.

Der Helpdesk ist bei Unisys GCS Teil eines umfassenden Dienstleistungsangebots, das sich als "Anlaufstelle für die Integration" versteht. "One Call" genannt, bietet sie eine einzige Adresse für sämtliche Supportressourcen des Dienstleisters und seiner Partner. Von der Beschaffung über Migration und Konfiguration bis zum Betrieb, von der Netzwerkplanung und -integration bis zum -Management, von der Druckerlösung bis zum Verbrauchsmaterial deckt das Angebot praktisch jeden Servicebereich ab.

So ist es beim Schweizer Radio DRS beispielsweise naheliegend, daß Unisys GCS aufgrund der im Helpdesk eingegangenen Meldungen die DRS-Informatiker auf Mängel in den Computer- und Netzwerkinstallationen hinweist und bei Bedarf aktiv an deren Behebung mitwirkt. Stand am Anfang der Helpdesk im Mittelpunkt, gehen heute die Outsourcing-Leistungen über diesen hinaus - so im Bereich von Windows-NT-Servern, für die die Spezialisten des Outsourcers ein Konzept erarbeiten. Mittlerweile gehört auch die gesamte Wartung zum Leistungsspektrum.

Angeklickt

Trotz vieler Vereinfachungen im Bereich der Computer- und Netzwerktechnologien kämpfen die Anwender nicht weniger mit den Tücken des PCs. Vor allem Microsoft-Produkte sorgen vielfach für Ärger. Das Schweizer Radio DRS hat, um das eigene DV-Personal zu entlasten und den Mitarbeitern dennoch einen effizienten Support zukommen zu lassen, nach einer neuen Lösung gesucht. Gefunden wurde sie in einem Helpdesk und im Outsourcing desselben. Es hat sich gelohnt: Bei gleichbleibenden Kosten stehen 15 bis 20 Prozent mehr Supportleistungen zur Verfügung.

Ren'e Rey ist Marketing-Leiter Unisys Global Customer Services (GCS), Central Europe, in Thalwil, Schweiz.