Deutsche Vertriebstochter stark betroffen

Dell streicht Stellen

07.02.2003
MÜNCHEN (wh) - Der weltweit führende PC-Anbieter Dell hält dem Kostendruck im deutschen Markt nicht mehr stand. Noch in diesem Jahr müssen 180 von 680 Mitarbeitern in der Niederlassung Langen das Unternehmen verlassen. Privatkunden und kleine Betriebe will der Hersteller künftig über ein neues Call-Center in der Slowakei betreuen.

"Langfristig kann man in diesem Markt nur überleben, wenn man konkurrenzfähige Kostenstrukturen schafft", begründete Mathias Schädel, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung, die Einschnitte. Der Stellenabbau am Standort Langen betreffe in erster Linie die Bereiche Vertrieb und Support für Privatkunden und kleine Unternehmen.

Angestellte der hiesigen Vertriebstochter hatten zuvor nur durch Zufall von Stellenausschreibungen für ein Call-Center im slowakischen Bratislava erfahren, ist aus dem Unternehmen zu hören. Derzeit verhandelt das Management mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan mit Interessenausgleich.

Dell stellt die Kürzungen als Teil eines europaweiten Maßnahmenprogramms dar. Ziel sei es, Prozesse zu verschlanken und Redundanzen zu beseitigen. In der Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika (Emea), wo der US-Konzern rund 8000 Menschen beschäftigt, sei damit ein Stellenabbau im unteren einstelligen Prozentbereich verbunden.

In Zukunft wolle man sich verstärkt auf Kunden in mittelständischen Betrieben und Großunternehmen sowie die öffentliche Hand konzentrieren, so Schädel. Dass der PC-Direktvertreiber damit den Privatkundenmarkt der Billigkonkurrenz überlassen könnte, dementiert er: "Es ist keineswegs so, dass wir uns aus dem Consumer-Geschäft zurückziehen."

Allerdings tun sich die erfolgsverwöhnten Texaner im deutschen PC-Markt seit jeher besonders schwer. Nach Informationen von Gartner Dataquest konnte Dell seine Marktstellung in den vergangenen zwölf Monaten kaum verbessern. So wuchs der nach Stückzahlen gemessene Marktanteil im vierten Quartal 2002 nur marginal von 5,8 auf 5,9 Prozent. Dell liegt damit abgeschlagen auf Platz vier hinter dem Essener Billiganbieter Medion, Fujitsu-Siemens und Hewlett-Packard.

Solche Zahlen können die erfolgsverwöhnte Konzernzentrale in Austin kaum zufrieden stellen. Schädel verweist zwar auf Untersuchungen des Marktforschungsunternehmens IDC, denen zufolge sein Unternehmen beispielsweise im dritten Quartal 2002 deutlich vor Medion liegt. Doch auch die IDC-Erhebungen sehen Dell nur auf Rang drei, mit deutlichem Rückstand auf HP und Fujitsu-Siemens. Eigenen Angaben zufolge erwirtschaftet Dell zehn Prozent seines Umsatzes in Deutschland im Consumer-Markt.

Hiesiger Markt ausgereizt?

"Der deutsche Markt ist für Dell ausgereizt", kommentiert Meike Escherich, Analystin bei Gartner Dataquest in London. "Mehr ist nicht drin." Aus ihrer Sicht hat der texanische Anbieter an mehreren Fronten gleichzeitig zu kämpfen. Im Consumer-Segment hänge Medion mit seiner schieren Einkaufsmacht und aggressiven Marketing-Aktionen die Konkurrenz ab; um die lukrative Zielgruppe der Mittelstandskunden buhlen längst auch Fujitsu und HP.

Ohnehin hält sich die Bedeutung des hiesigen Marktes aus Konzernsicht in Grenzen. Noch immer generiert Dell rund drei Viertel seiner Einnahmen in den USA. Auf Europa entfallen lediglich 18 Prozent.

Schädel wies im Gespräch mit der CW Spekulationen zurück, denen zufolge die deutsche Vertriebstochter Konzernvorgaben verfehlt habe: "Wir sind in jedem Quartal des vergangenen Jahres stärker gewachsen als unsere wichtigsten Mitbewerber." Auch die Frage nach neuen Vertriebswegen im Endkundengeschäft stelle sich nicht. Dell bleibe seinem direkten Modell treu. Mehr als 95 Prozent der Umsätze würden auf diesem Weg erzielt. Als führendes Unternehmen müsse Dell sein Geschäftskonzept aber weiterentwickeln.

Abb: Deutscher PC-Markt

Gemessen an Stückzahlen liegt Dell mit einem Marktanteil unter sechs Prozent abgeschlagen auf Platz vier. Quelle: CW