SAP-Software zu unflexibel für expandierenden PC-Direktversender

Dell stoppt die R/3-Einführung

30.05.1997

"SAP-Implementierungen brauchen viel Zeit, und SAP-Berater sind unglaublich teuer", konstatiert Chief Information Officer Gregroire, der im Juli vergangenen Jahres von der Pepsico Inc. gekommen war. Aber hohe Kosten waren augenscheinlich nicht der einzige Grund, warum Dell den Stecker aus seinem R/3-Projekt gezogen hat. Schließlich hatte der PC-Hersteller vor Abbruch der Implementierungen die Nutzungsgebühr für SAP-Module entrichtet, die teilweise niemals zum Einsatz kommen werden. Zudem hatten sich bereits drei unterschiedliche Dienstleistungspartner an der Implementierung der Systeme versucht.

Die Gründe, weshalb Dell trotz der bereits getätigten Investitionen seine Strategie ändert, sind vielmehr in der Position und Struktur des Unternehmens zu suchen. Die Umsätze des Herstellers waren im vergangenen Jahr steil angestiegen und erreichten Mitte des vergangenen Jahres die Bestmarke von sechs Milliarden Dollar per annum. Daraufhin entschied das Dell-Management, das ganze Unternehmen in regionale Geschäftseinheiten aufzuspalten. Diese Dezentralisierung brachte unterschiedliche Prioritäten in bezug auf die Informationssysteme mit sich und ließ die Einführung des integrierten R/3-Systems in einem weniger günstigen Licht erscheinen. Darüber hinaus erwies es sich als schwierig, die Erfordernisse des schnellebigen PC-Markts mit der R/3-Umgebung in Einklang zu bringen.

Wie Gregoire erläutert, muß ein PC-Hersteller wie Dell heute Bestellungen, Fertigungspläne und andere Systeme im laufenden Betrieb ändern können. R/3 zu modifizieren sei aber schwierig und zeitaufwendig.

Statt der großflächigen R/3-Implementierung will Gregoire nun eine globale Computing-Architektur in vier Schichten auf der Basis eines Messaging-Systems hochziehen. Darauf soll eine bunte Mischung proprietärer und vorgefertigter Software zum Ablauf kommen - darunter auch das Human-Resources-Modul von SAP.

Dell hat schon ein paar eigene Applikationen auf der Grundlage der neuen Messaging-Architektur entwickelt. Laut Gregoire erwägt das Unternehmen, künftig ausschließlich seine eigenen Hardwareprodukte als Plattform zu nutzen. Das wäre mit R/3 ebenfalls nicht möglich gewesen, da die zentrale Datenbasis des SAP-Systems die Kapazität der Dell-Rechner sprengen würde.

Gregoire betont, daß Dell keineswegs Grund gehabt habe, über die Funktionalität der bereits installierten R/3-Software oder über den Anbieter SAP zu klagen. Doch mit Hilfe der neuen Architektur lasse sich dieselbe Ebene der Datenintegration erreichen, wie das mit der SAP-Software möglich gewesen wäre.

Einige Analysten betrachten die Entscheidung des PC-Hersteller als ein schlechtes Omen für die Walldorfer. "Der Knackpunkt für SAP ist der, daß Dell im Rampenlicht steht als eine der erfolgreicheren Organisationen; was die tun, wird anderswo registriert", resümiert Rob Enderle, Analyst bei der Giga Information Group in Santa Clara, Kalifornien.