DECs europäisches Puzzle ist noch lange nicht fertig

20.09.1991

Die Digital Equipment Corp. betriebt mit Fleiß den Abschied vom Image des Hardware-Lieferanten für technisch-wissenschaftliche Anwendungen. Statt dessen konzentriert sie sich auf Bürokunden im weiteren und den Mittelstand im engeren Sinne. In Anzeigen beansprucht die Münchner Digital Equipment GmbH einen Spitzenplatz im PC-Markt für die VAX-Company. Zur Unterfütterung des Strategie-Credos ist der Hersteller auf Einkaufstour: Nach Mannesmanns MDT-Tochter Kienzle hat man sich auch des DV Geschäftes von Philips angenommen - nachdem die Holländer den Bereich bereits kräftig abgespeckt hatten.

Standbeine im Markt für kommerzielle Anwendungen sind also vorhanden, auch wenn sich die Übernahme und Reorganisation der Philips-DV noch über den 1. Oktober verzögern sollte (siehe CW Nr. 37 vom 13. September 1991, Seite 4: "EG stimmt Philips-Deal zu ...") Überschneidungen in den Angeboten der neuen Töchter und des Akquisiteurs sind zwar gegeben, nach Meinung von Experten als beinahe zwangsläufiges Merkmal von Übernahmen jedoch nicht das Kardinalproblem. Digital, so hört man, werde diese Schnittmenge in den Griff bekommen - auch wenn Opfer gebracht werden müssen. Wie groß diese sein werden, unter anderem daran bemißt sich indes der Wert der Akquisitionen für das Unternehmen DEC.

Das Ziel des Unternehmens ist es nach den Worten von Theresia Wermelskirchen, Sprecherin der Digital Equipment GmbH in München, wann immer möglich "aus sich selbst heraus" zu wachsen. Die Entwicklung am Markt jedoch bringe es erschwerend mit sich, daß man gegenwärtig Gewinne "um Null herum" ausweisen müsse. Glücklicherweise sei man nicht in der Gefahr, Aktionäre zu vergrätzen, denn Digital habe in seiner Unternehmensgeschichte noch nie eine Dividende ausgeschüttet.

John Smith, Senior Vice-President for Operations im DEC-Headquarter in Maynard, hatte Ende letzten Jahres die Parole ausgegeben, Wachstum gehe vor Profit. Die von Frau Wermelskirchen geschilderte Dividendenpolitik Digitals erlaubt offenbar eine solche Orientierung. Da die Entwicklung der Welt organisches Wachstum eines proprietären Anbieters nicht mehr erlaubt, müssen die Umsätze von außen kommen - von Unternehmen zudem, welche die proprietäre Fixierung auflösen.

Mit Philips, so Wermelskirchen, werden zum einen neue Kunden hinzukommen: In der öffentlichen Verwaltung, dem Gesundheitswesen, bei Druck- und Verlagshäusern und Tourismusbetrieben seien Digital-VBs bislang nicht vorstellig geworden. Gewinn hoffe man jedoch auch aus den Technologien der Holländer zu ziehen: "Wenn zwei Firmen geschäftlich miteinander verbunden sind, gibt es mehr Anknüpfungspunkte und Kooperationsmöglichkeiten." Multimedia, CD-ROM, PCs und Bauelemente, zählt die Sprecherin auf, sind Felder, auf denen künftig eine größere Zahl gemeinsamer Projekte mit den Niederländern zu erwarten seien.

Eine Menge an Abstimmungsbedarf dürfte es jedoch für die künftige Digital/Philips eingestandenerweise im Markt der Finanz- und Kreditanwendungen geben. Da kaufe sich Digital zum einen einen Marktanteil hinzu: Auf schätzungsweise 150 000 beziffert Wermelskirchen die in Europa installierte Philips Basis an Bildschirm-Arbeitsplätzen in diesem Bereich. Andererseits hat der VAX-Anbieter selbst ein Bein in der Tür der Banken. Das Konkurrenzverhältnis zu Philips wird sich mit der Übernahme der Data Systems daher in das gemeinsame Unternehmen verlagern. Um ungewollten Effekten vorzubeugen - hier und durch Konkurrenzsituationen im Mittelstand zwischen den Töchtern Philips und Kienzle -, hat Digital sogenannte "cross-funktionale Komitees" eingerichtet, die definieren, wer in welchen Märkten aktiv sein soll.

Wermelskirchen: "Wir werden versuchen, das bis auf die einzelnen Kunden herunterzubrechen, damit wir uns im Markt nicht allzu oft auf die Füße treten - obwohl eine gesunde Konkurrenzsituation durchaus gewollt ist." Ein Kunde solle aber auf keinen Fall seine Freiheit der Wahl verlieren oder sich genötigt sehen, - etwa als DV-Verantwortlicher einer Bank - von Philips zu Digital zu wechseln. Für das Neukunden-Geschäft, so die DEC-Sprecherin weiter, werde man sich auf eine möglichst genaue Definition der Teilmärkte zu verständigen versuchen, "abhängig etwa von bestimmten Anwendungen oder von Umsatzgrößen, die ein Kunde haben muß". Das sei übrigens genau die Art und Weise, auf die bereits seit langem die Akquisitionsfelder zwischen Digital und den Softwarepartnern aufgeteilt würden.

Im Mittelpunkt des Philips Deals haben für Digital nach übereinstimmender Ansicht von Branchen- und Unternehmenskennern nicht die Hardware-Produkte und die entsprechenden Fertigungseinrichtungen gestanden. Schon die DEC-eigenen. Manufacturing-Kapazitäten in USA und Irland mußten und müssen weiterhin reduziert werden, was zu den ersten Entlassungen in der Unternehmensgeschichte geführt hat. Unter diesem Gesichtspunkt war es auch kein Thema, das PC-Werk von Philips beziehungsweise PKI in Siegen-Eiserfeld in die Übernahme einzubeziehen, denn, so Wermelskirchen, "...wir binden uns so etwas ja nicht nochmal ans Bein!"

Digital verweist statt dessen auf die Kapazitäten im Vertrieb und bei der Beratung, für das Mittelstandsgeschäft wichtiger als für den technisch-wissenschaftlichen Bereich, als Motive der Übernahme. Die Sprecherin: "Gerade im Mittelstand ist es so, daß die Leute seit 20 Jahren bei ihrem Herrn Meier kaufen. Da ist es egal, ob der für die Firma X oder die Firma Y kommt. Solche Leute haben wir übernommen ."

Digitals Beteiligungen an Mannesmann-Kienzle und Philips sind in erster Linie Bemühungen um neue Märkte, stimmt Gerhard Adler, Geschäftsführer der Diebold Deutschland GmbH der offiziellen Version zu. Kleinere und mittelständische Unternehmen mit einem "Park" kommerzieller Installationen geraten über ihre Kienzle- und Philips-Beziehungen in DECs Reichweite, er läutert er. Wenn Digital, traditionell dem technisch-wissenschaftlichen Markt verhaftet, bisher von "kommerziellen" Anwendungen sprach, waren damit "Produktionsplanung und -steuerungen und ähnliche Applikationen" gemeint, so der Berater.

Die Spezialisierung der Digital-Vertriebsleute auf den Verkauf von sehr leistungsfähiger Rechen- und Kommunikationstechnologie erschwerte das Verständnis für die Belange des "mittelständischen Unternehmens von nebenan", diagnostiziert Adler. An dieser gerade in Deutschland stark ausgeprägten DEC-Kultur hätten auch frühere Versuche, auf den mittelständischen Zug aufzuspringen, nichts ändern können.

Als Folge der Erkenntnis, daß nur Lösungskompetenz und ein "Branchenzugang" die Kunden längerfristig würde binden können, habe sich Digital für die Strategie entschieden, Mittelstands- und Kommerz-Spezialisten zu übernehmen. Die jüngsten Akquisitionen machen nach Ansicht des Diebold-Forschers durchaus Sinn, denn Philips sei "nicht dadurch in Probleme gekommen, daß sie keine Kundenbasis und keine engen Kundenbeziehungen hatten, sondern weil man auf der Technologieseite nicht mehr up to date war". Die Hardwarebasis jedoch ist austauschbar, meint Adler - in diesem Fall sei es sogar besonders sinnvoll, denn die DEC-Technologie sei "Weltklasse" .

Frank Berger, Vorstandschef der Münchner Electronic 2000 AG und früher selbst bei Digital, bringt die Smith-Parole vom Primat des Umsatzwachstums - grundsätzlich zustimmend - auf den Punkt: "Wer nicht wächst, ist tot." Die DEC-offizielle Begründung der jüngsten Zukäufe leuchtet ihm daher auch ein. "DEC versucht, Größe und Marktposition zu gewinnen und neue Marktsegmente zu adressieren, sprich: den Mittelstand." Jede Akquisition aber erfordere große Anstrengungen bei der Zusammenführung der Unternehmenskulturen, bei der Reduzierung der Overheads und anderer redundanter Verursacher von Gemeinkosten sowie bei der Ausrichtung der Produktangebote an einem gemeinsamen Ziel, nicht zuletzt bei der Entwicklung und Umsetzung einer Marketing-Strategie.

In der Regel ist es das Ziel von Übernahmen, neue Produkte, Dienstleistungen und Vertriebswege zu gewinnen, damit Zugriff auf neue Märkte zu erhalten. Bei Hardwareprodukten habe DEC keinen Zukauf-Bedarf; stellt Berger fest, denn "bei der Basistechnologie ist Digital selbst extrem stark. Es könne also nur um Lösungen, um Anwendungspakete und Kundenstämme gehen." Ob das wirklich bei dem Philips-Engagement den Ausschlag gegeben hat, ist dem Vertriebsprofi indes nach eigenem Bekunden nicht völlig klar.

Ungewiß sei auch noch, meint er, ob Digital "Synergien durch Integration schaffen" oder die neuen Töchter weitgehend unabhängig voneinander und von der Mutter operieren lassen wolle. Im zweiten - hier womöglich vorliegenden - Fall müsse der Hersteller eine interne Konkurrenzsituation in Kauf nehmen .

Konstatiert Berger: "Nach dem, was ich sehe, bezweifle ich, daß es das Ziel ist, Produktivität durch Synergie zu schaffen. Aber auch gesunder Wettbewerb kann dem Wachstum des Gesamtunternehmens förderlich sein."

Um den letzten Jahreswechsel herum wurden Akzeptanz-Probleme von seiten der eigenen Mitarbeiter gegenüber der Digital-Führung offenbar, wie der US Wirtschaftspresse zu entnehmen war.

Das Management, so ergab eine Umfrage im vierten Quartal 1990, wurde nicht etwa nur als Verursacher der Probleme wie Verfall der Gewinne und Arbeitsplatzschwund angesehen. Es hieß, die Konzernspitze selbst sei das Problem. - Übernahmen defizitärer Marktteilnehmer verbessern nun kaum automatisch die Position des Managements bei der Begründung und Rechtfertigung seiner Handlungen, sorgen möglicherweise vielmehr für Unruhe wegen der aufeinandertreffenden unterschiedlichen Unternehmenskulturen .

Die Angestellten des Unternehmens hätten nach ihrer Beobachtung das Prinzip verinnerlicht: "Lieber selbst fressen als gefressen werden." Außerdem seien - unter dem finanziellen Aspekt - die Übernahmen von Kienzle und Philips-Data nur auf Europa bezogen von großer Bedeutung. Kienzle mit 4000 und der Philips-Anteil mit 7000 Mitarbeitern sind nach Wermelskirchens Worten jedoch "kleine Fische" vor dem Hintergrund der Konzerngröße mit weltweit 120 000 Mitarbeitern. "Die finanzielle Belastung für Digital ist also nicht so enorm."

Die DV-Landschaft in Europa bietet das Bild der "zehn kleinen Negerlein", konstatiert Frank Sempert, Geschäftsführer der Gartner Group Deutschland GmbH, kürzlich nach Frankfurt umgezogen. Die Zahl der Wettbewerber verringere sich durch Pleiten, Zusammenschlüsse und Akquisitionen ständig. Ein Unternehmen, dessen strategisches Ziel es sei, das Angebot im Hinblick auf neue Märkte und Kundenstämme zu diversifizieren, habe keine sehr große Auswahl mehr. In dieser Situation sieht der Marktforscher auch Digital. Die Antwort auf die Frage nach dem "Wie" der Expansion ist deshalb in seiner Sicht "nicht unwesentlich durch das bedingt, was auf dem Markt vorhanden ist". Eine schnelle Entscheidung sei gefragt gewesen.

Wenn jedoch, wie offiziell verlautet, mit dem Zukauf von Kienzle und Philips der Mittelstand erschlossen werden soll und wenn außerdem deren bei de Segmente sich glaubhaft mit Digitals Aktivitäten ergänzen würden, gäbe es nach Frank Bergers Ansicht kein unüberwindliches Akzeptanzproblem. "Ich sehe aber noch Unklarheiten bei den DEC-Mitarbeitern selbst. Es gibt Stimmen, die in Kienzle eher einen Wettbewerber als einen komplementären Partner sehen. Diese Unklarheiten führen zu Spekulationen und Reibungsverlusten."

"Probleme im Detail" sind es dagegen lediglich, die Theresia Wermelskirchen konzediert, wenn es um das Ansehen der Digital-Spitze bei den Mitarbeitern geht. Im großen und ganzen seien sich diese jedoch bewußt, "daß im härter werdenden Markt mit harten Bandagen gekämpft wird".

Dennoch: Ausgesprochen negativ, als reine Schnellschüsse, beurteilt Sempert die DEC-Einkaufstour nicht, weder die Beteiligung an Digital-Kienzle noch den Auskauf der Philips-DV. Insbesondere das Kienzle-Engagement verschaffe Digital erstmals "einen Zugang zum Bankensektor, in dem Kienzle eine dominante Stellung einnimmt". Dies zeige, daß DEC sich stark um die Arrondierung seiner Mittelstandsstrategie bemühe, kommentiert der Gartner-Chef. Doch auch sein positiver Eindruck ist nicht ungetrübt: "Wenige wissen, daß Kienzle, obwohl eine rein deutsche Akquisition, vom Entscheidungsfluß her an das europäische Digital-Headquarter in Genf angebunden werden soll. Das mag zwar konzernstrategisch sinnvoll sein, doch auf operativer Ebene ist es eine Fehlentscheidung, weil die Marktnähe der deutschen DEC-Tochter nicht genutzt wird."

Als größerer Problemfall könne sich noch der Philips-Deal entpuppen, fürchtet Sempert. "Der Unternehmensbereich von Philips bedarf sehr weitreichender struktureller Reparaturen und verlangt frisches Geld. Die beiden Akquisitionen lassen sich nicht so einfach anflicken wie zwei Knöpfe an einem alten Hemd; da ist noch eine Menge zu tun. Was hier an Personal in den beiden Unternehmen in Deutschland angesiedelt ist, ist zuviel. DEC muß hier wahrscheinlich noch entscheidende Schnitte machen."

Der Rücktritt von Digitals Chief Financial Officer James Osterhoff vor zwei Wochen wird in der Branche gerüchteweise mit der Expansionsstrategie des Herstellers in Verbindung gebracht. Der Finanzmann Osterhoff, heißt es in Analystenkreisen, habe DEC-Gründer Ken Olsen seit seinem Amtsantritt in den Ohren gelegen, daß einschneidende Sparmaßnahmen erforderlich seien. Die tatsächlich durchgeführten Schnitte seien ihm nicht weit genug gegangen. Sempert hält diese Mutmaßungen für fingiert: "Es gibt immer professionelle Fluktuationen, die von interessierter Seite dazu genutzt werden, strategische Problemlagen in den jeweiligen Konzernen aufzubauschen. Tatsache ist, daß James Osterhoff bei DEC immer ein Verfechter von Akquisitionen und Outsourcing' war. Der wirkliche Grund für seinen Weggang kann allenfalls darin gesehen werden, daß er selber die Kosten im Personal- und Produktionsbereich nicht in den Griff bekommen hat."

Um Kienzle und Philips effizient einzubauen und darüber hinaus wieder in den schwarzen Ergebnisbereich zurückzukommen, wird sich Digital etwas ein fallen lassen müssen, stellt der Marktforscher fest: "Digital muß sich jetzt zu einem Gesamtkonzept erklären: Was stellt die neue DEC gegenüber dem Markt dar? Welche Funktionen übernimmt Kienzle, welche übernimmt Philips? Darin ist im Grunde die ganze Hausaufgabe zu sehen." Einfach sei diese indes nicht, denn eine gesamtunternehmerische Strategie werde nicht durch das Anhängen neuer Tochtergesellschaften deutlich, die "ansonsten weiterwerkeln".

Welche Rolle die Philips-DV als Baustein einer solchen Gesamtstrategie einnehmen wird, ist nach Semperts Ansicht noch völlig unklar. Denn im Bankensektor, in dem Kienzle hierzulande besonders stark sei, spiele Philips in Deutschland bislang überhaupt keine Rolle. Erst wenn Philips-Data, die als Hardware-Hersteller nur noch eine historische Bedeutung habe, auf die rote Linie" der DEC-Mittelstandsstrategie gebracht sei, kann nach Meinung des Gartner-Mannes mit Synergie-Effekten im wachsenden DEC-Imperium gerechnet werden.

Das Unternehmen Digital Equipment sei eigentlich permanent im Umbruch gewesen in der Vergangenheit, stellt Otto Titze, stellvertretender Vorsitzender der deutschen Digital-Anwendergruppe Decus, fest. "Es gab Phasen, in denen eine Umstrukturierung die andere gejagt hat." Momentan konzentrieren sich nach seiner Beobachtung die Bemühungen DECs auf die europäische Marktintegration. Die Konkurrenz werde dadurch härter, und es werde "nichts anderes übrigbleiben, als die Organisation zu straffen in dem Maße, wie der DV-Markt zu einem ganz normalen Markt wird mit nicht so hohen Gewinnspannen, wie etwa die Automobilindustrie".

Andererseits leuchtet es Titze ein, daß "ein Hersteller wie Digital sein Spektrum verbreitern muß", und zwar in Richtung auf offene Systeme. Das sei allein eine sehr schwierige Angelegenheit, wie sich an der bereits vollzogenen grundsätzlichen Öffnung zu Unix gezeigt habe. In diesem Zusammenhang müssen die Akquisitionen von Kienzle und Philips verstanden werden. Grundsätzlich positiv bewertet es der Anwender Funktionär "wenn eine Firma sich in noch peripheren Produktbereichen erweitert, um diese Aktivitäten dann breiter anzulegen." Der Markt verlange offene Systeme. und auch Digital müsse sie anbieten: "Der Trend zu Unix darf nicht unterschätzt werden, auch wenn die VAXen noch so gute Maschinen sind."

Eine Beschränkung DECs auf das proprietäre Kerngeschäft mit den meist technisch-wissenschaftlich eingesetzten VAX-Maschinen verschlösse nach Titzes Einschätzung die Zukunftsmärkte.

Dennoch empfiehlt er, dafür Sorge zu tragen, daß der Proprietary-Markt sich weiterentwickelt - als vergleichsweise einfach kalkulierbare Risikoversicherung des Anbieters. DECs Öffnung zu Unix illustriere die Risiken eines solchen Schrittes nur zu klar: DEC kooperiert hier mit Mips, ist von den eigenen Prozessoren abgegangen, und ist damit voll im scharfen Wind dieses hart umkämpften Marktsegmentes drin.

Die Verbreiterung des Angebotsspektrums ist unverzichtbar, und der Weg von Akquisitionen ist grundsätzlich richtig - wenn auch gerade in der heutigen Marktsituation riskant, diagnostiziert Titze. Mit einer effektiven Integrationsstrategie müsse die durch Übernahmen gewonnene neue Standfläche im Markt festgeklopft werden. "Ob der Philips-Bereich dazu beiträgt, ist schwer zu überschauen. Bei Kienzle sieht es ja so aus, als ob man ein für Digital bisher abgeschlossenes Marktsegment mit den neuen Lösungen wird abdecken können."

Ebenso ist die Bewältigung der sich ergebenden internen Konkurrenzsituationen zwischen Kienzle und Philips beziehungsweise zwischen Philips und Digital für Titze eine Frage der effizienten Organisation. Solche Akquisitionen seien der "Prüfstein" für die Tragfähigkeit der Organisation des Mutterunternehmens. Meint Titze: "DEC selbst hat ja eine sehr lockere Organisation mit teils relativ selbständigen Abteilungen Jeder Hersteller hat einen gewissen Bedarf, seine internen Organisationsformen effektiver zu gestalten. Der eine mehr, der andere weniger."