Krach wegen Verletzung der Patentrechte der LSI-, PDP- und VAX-Linien:

DEC wirft Emulex "Bereicherung" vor

23.08.1985

MÜNCHEN - Vorwürfe, die Emulex Corp. habe Patentrechte von Digital Equipments LSI-, PDP- und VAX-11-Produktlinien verletzt, erhärten sich: Die DEC-Anwälte zogen jetzt vor Gericht. Emulex zeigt sich überrascht über diese Anklage.

"Wir schalten, so der Geschäftsführer der deutschen Emulex GmbH, Dieter Seipt, "in den USA vor der Freigabe der Produkte grundsätzlich Rechtsanwälte ein, die Gesetzmäßigkeit auch im Hinblick auf alle Möglichkeiten einer eventuellen Patentverletzung prüfen. "Doch hat man sich dieses man offensichtlich verkalkuliert. Denn speziell die Entwicklung von MSCP-fähigen Controllern bei Emulex (die auch in der VAX verwendet werden), ist laut DEC-Angaben eine Art "Raubkopie". Seipt sagte hierzu gegenüber der COMPUTERWOCHE, daß neben dem MSCP-Controller auch andere Erzeugnisse wie Bus-Strukturen von DEC zwar patentrechtlich angemeldet worden seien, aber diese Produkte "auch die Emulex-Fertigungsstätten in den USA verlassen, und das schon seit vielen Jahren".

Die Tatsache, daß DEC bereits auf der diesjährigen NCC gegen Emulex bezüglich des Patentschutzes scharf geschossen habe, sei in den Augen den Seipt "nur der Spiegel einer gewissen Panikstimmung, weil man im Markt der Minis bei DEC jetzt scheinbar die Felle wegschwimmen sieht. Außerdem habe man, so Seipt weiter, "nicht kopiert, sondern lediglich Software entsprechend emuliert."

Daß dies aber nur die halbe Wahrheit sein kann, darüber sind sich mittlerweile nicht nur die DEC-Anwälte in den Staaten im klaren. Auch Digitals Pressesprecherin für Europa, Rika Brademann, spricht nicht mehr von "Vorwürfen gegenüber Emulex - das sind schon Gerichtsverfahren". Auch wenn Dieter Seipt der Meinung ist, daß "Digital bislang noch keinen seiner Rundumschläge gegen seine Lieferanten erfolgreich für sich verbuchen konnte", so kann es diesmal doch etwas anders aussehen. Laut Rika Brademann läuft in den USA bereits seit dem 5. Juli dieses Jahres ein Verfahren, bei dem geprüft werden sollte, ob das MSCP-Protokoll sowie die CMI-Unibus- und Q-Bus-Patente - alles eingetragene DEC-Warenzeichen - von Emulex verletzt wurden.

Etwas mehr Licht ins Dunkel brachte dann ein gerichtlicher Entscheid vom 19. Juli. Es stellte sich heraus, daß der bisherige DEC-Mitarbeiter im Engineering-Bereich, Charles Hess, vor seinem Weggang von Digital soviel wie möglich an Unterlagen und Dokumenten der vorgenannten Technologie mitnahm - wovon nun Emulex profitiert. Hess, der Zugang zu all diesen Unterlagen hatte, konnte somit seinem neuen Brötchengeber in Kalifornien eine Know-how-Vorleistung auf den Tisch geben, was auf legalem Wege sicher kaum möglich gewesen wäre.

Als dies bekannt wurde, schalteten die Gerichte - vorangetrieben durch den DEC-Rechtsbeistand - wiederum schnell: Sie erwirkten per Beschluß, daß die Emulex-Entwicklungsabteilung die von Hess erhaltenen Unterlagen unverzüglich wieder an Digital Equipment zurückzugeben habe. "Verblüffend ist vor allem", so Rika Brademann, "daß der Firmenchef von Emulex unumwunden zugab, nur durch Hess an die Unterlagen gekommen zu sein." Das Gericht entschied außerdem, daß sich Hess vorerst nicht mehr an Gesprächen beteiligen dürfe, die der technischen Entwicklung im Bereich MSCP bei Emulex dienen.

Für das Gericht wird dieser Musterprozeß nicht leicht werden, zumal es sich auch aus der Sicht von Rika Brademann "nicht direkt um einen kriminellen Akt handelt, aber abgewogen werden muß, welcher effektive Schaden DEC durch die Hess-Transaktion entstanden ist". Ferner wird die US-Justiz klären und beweisen müssen, daß von seiten Emulex unsauber gearbeitet worden ist Zu diesem Sachverhalt mochte Dieter Seipt zwar nicht direkt Stellung nehmen, aber er bekräftigt, daß es sich bei den Problemen mit der Auslieferung der neuen High-Tech-Controller "ausschließlich um Gerüchte handle, die sicherlich mit einer einstweiligen Verfügung oder ähnlichem in Zusammenhang stehen."