Bruce Claflin in München

DEC agiert vorsichtig bei Internet-PCs

28.06.1996

DECs Internet-PC wird aber, falls er jemals in Serie geht, nicht mit einem hauseigenen Alpha-Prozessor bestückt sein, prophezeit Bruce Claflin, Vice-President und General Manager der PC-Business-Unit von DEC. Vielmehr soll der preiswertere RISC-Chip der Acorn Computer Group zum Zug kommen.

Die Firma aus Cambridge arbeitet selbst an einem tragbaren Kommunikationsgerät, das unter dem Namen "Acorn Newspad" noch in diesem Jahr auf den Markt kommen soll. Der Kleinrechner mit Touchscreen-Monitor wird unter anderem einen Browser für das WWW enthalten.

Trotz der DEC-Aktivitäten in den Labors in Maynard, Massachusetts, gibt sich der für das PC-Geschäft verantwortliche Manager Claflin skeptisch: "Was soll ich mit einem 500-Dollar-Gerät, wenn zuvor 500 Millionen Dollar in die Infrastruktur, sprich Bandbreite, investiert werden müßten?"

Wie streng Claflin, der im Oktober 1995 von IBM zu Digital kam, die Erfolgsaussichten von Produkten beurteilt, bekam gleich zu Beginn seiner Amtszeit die Gruppe zu spüren, die PCs für den Consumer-Bereich herstellen wollte. Für dieses Geschäft sei DEC schlecht gerüstet, befand der Ex-IBM-Mann und kippte kurzerhand das Projekt.

Ähnlich verfuhr er vor Jahren, damals Chef der IBM-Mobilgeräte, bei seinem alten Arbeitgeber. Aufgeschreckt durch John Sculleys "Newton"-Pläne ließ er Prototypen von Personal Digital Assistants (PDAs) bauen. Daß die Geräte aber nie bis zur Marktreife entwickelt wurden, lag daran, daß er darin keinen echten Nutzen für die Käufer sehen konnte. "Viele sogenannte technische Revolutionen sind schon in der Schublade verschwunden, weil die infrastrukturellen Voraussetzungen noch nicht bestanden. Das wäre dann so, als wäre die Waschmaschine vor der Elektrizifierung entwickelt worden."