DDR mit ehrgeizigen Planen bis 1985:45 000 Roboter für den Rationalisierungsschub

12.03.1982

Nicht 9000 Industrieroboter, wie ursprünglich auf einer Tagung des Zentralkomitees der SED Ende 1980 festgelegt, und auch nicht 40 000 bis 45 000 Roboter wie noch im April 1981 auf dem X. Parteitag der SED verkündet, sollen bis zum Ende des letzt laufenden Fünfjahrplanes, bis Ende 1985, produziert und eingesetzt werden. Das Anfang Dezember 1981 veröffentlichte Gesetz über den Fünfjahrplan 1981 bis 1985 sieht verbindlich vor, daß nunmehr insgesamt 45 000 Industrieroboter in der DDR zum Einsatz kommen sollen. Wie nunmehr Mitte Januar 1982 von der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik "über die Durchführung des Volkswirtschaftsplanes 1981" mitgeteilt wurde, hat sich im vergangenen Jahr die Anzahl der Roboter auf 13 000 erhöht.

In der DDR herrschte offenbar Uneinigkeit darüber, wie viele Roboter noch 1980 in der Industrie im Einsatz waren. Es war einerseits von 280 Robotern die Rede, DDR-Chefökonom Günter Mittag bezifferte in einer Rede auf der 13. Tagung des Zentralkomitees der SED Ende 1980 die Gesamtzahl der bis dahin installierten Roboter auf 220 und in einer Mitteilung der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik über die Durchführung des Volkswirtschaftsplanes 1980 hieß es schließlich, daß sich die Zahl der in der Volkswirtschaft eingesetzten Roboter auf 320 erhöht habe.

Völlige Einigkeit herrscht jedoch dagegen über die Anzahl der bis Ende 1985 zu produzierenden und einzusetzenden Industrieroboter Insgesamt sollen es nunmehr 45 000 nach dem Anfang Dezember 1981 veröffentlichten "Gesetz über den Fünfjahrplan 1981 - 1985" sein. Von diesen 45 000 Roboter waren nach dem Bericht von Honecker auf der 3 Tagung des Zentralkomitees der SED im November 1981 bereits 9260 installiert. Bis zum Jahresende erhöhte sich der Bestand auf 13 0.00. Eine beachtliche Anzahl, wenn man \ bedenkt, daß demgegenüber in der Bundesrepublik zum Beispiel Ende 1980 erst rund 1300 im Einsatz waren.

Ohne Zweifel wird die DDR in der Lage sein, ihr hochgestecktes Planziel zu erfüllen, denn zu den Robotern zählen nach der in der DDR inzwischen wohl gültigen Definition des Begriffes "Industrieroboter", die "Gesamtheit von Grundmitteln, die der selbständigen Handhabung von Werkstücken, Werzeugen und Materialien zur Automatisierung von Haupt- und Hilfsprozessen dienen". Eine in dieser Weise gefaßte Definition macht es möglich, als Roboter nunmehr auch einfache Handhabungsgeräte zu bezeichnen.

Die in der DDR seit etwa 1979 eingeleitete Automatisierung von Produktionsprozessen mit Hilfe von Industrierobotern und Handhabungstechnik ist Teil eines großangelegten Rationaliserungsprogramms für die 80er Jahre, in welchem neben der Robotertechnik auch Mikroelektronik und elektronische Rechentechnik eine bestimmte Rolle spielen sollen. Hauptziel der Forcierung von Entwicklung und Einsatz derartiger Technologien ist nicht nur eine Erhöhung des gesamten technologischen Niveaus der Volkswirtschaft durch Weiterentwicklung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts, sondern vor allem die Beschleunigung eines intensiven Wirtschaftswachstums durch den verstärkten Einsatz qualitativer Faktoren.

Im Anwenderbereich selbst produzieren

Ende 1979 wurde von Honecker auf der 11. Tagung des Zentralkomitees der SED der Beschluß einer langfristigen "Konzeption zur beschleunigten Entwicklung und Anwendung der Mikroelektronik in der Volkswirtschaft der DDR; Maßnahmen zur Entwicklung und weiteren Anwendung der elektronischen Rechentechnik ...." verkündet, um den von ihm geforderten notwendigen "volkswirtschaftlich spürbaren Rationalisierungsschub" zu realisieren.

Dies war das Signal für eine großangelegte Rationalisierungskampagne in den Industriebetrieben der DDR. Im weiteren Zeitverlauf wurde von immer neuen Rationalisierungsergebnissen in der Presse berichtet. Vor allem aber bot der X. Parteitag der SED im April des letzten Jahres einen willkommenen Anlaß, neue Wettbewerbsziele bei Entwicklung und Einsatz von Robotern zu setzen. Die Parteitagsforderung, die Anzahl der bis 1985 zu produzierenden und einzusetzenden Roboter zu erhöhen, hat die Industrie zu weiteren Aktivitäten zwangsläufig veranlaßt. Die Mehrzahl der zum Einsatz gelangenden Roboter soll in den Anwenderbereichen selbst produziert werden. Entsprechend wird nunmehr der Eigenbau von Robotern und Handhabungsgeräten in den Kombinaten und Betrieben "umfassend" entwikkelt. Grundlage dieser Automatisierungsmittel werden - so weit wie notwendig - Steuerungen sein, die mit Mikroprozessoren ausgerüstet sind.

Zu den Zentren von Forschung und Entwicklung auf dem Sektor der Robotertechnik zählen das Forschungszentrum des Werkzeugmaschinenbaus in Karl-Marx-Stadt, das Zentralinstitut für Schweißtechnik in Halle und der VEB Zentraler Ingenieurbetrieb der Metallurgie in Wittstock, aber auch die TH Karl-Marx-Stadt, die Ingenieurhochschule Zwikkau und die ZH Ilmenau. Die größten Erfahrungen bei der Herstellung und dem Einsatz von Industrierobotern und in einfacher Handhabungstechnik haben zum Beispiel das Werkzeugmaschinenkombinat "Fritz Hekkert" in Karl-Marx-Stadt, das Werkzeugmaschinenkombinat 7. Oktober' in Ost-Berlin, das Kombinat Umformtechnik "Herbert Warnke" Erfurt, und der VEB Robotron-Rationalisierung Weimar, das Kombinat ORSTA-Hydraulik Leipzig und der VEB Numerik "Karl-Marx-Stadt.

"Nicht so gut wie möglich, sondern nur so gut wie nötig"

Zu den bekanntesten Robotern in der DDR gehören die Programmierbaren Handhabungsmittel der Typen "PHM" (Robotron/TH llmenau), die Typenreihe "IR" (Forschungszentrum des Werkzeugmaschinenbaus/Werkzeugmaschinenkombinate), sowie die Typen "ZIS" (vom Zentralinstitut für Schweißtechnik) und "ZIM"(vom Zentralen Ingenieurbetrieb für Metallurgie).

Bei der Entwicklung und Produktion dieser und neuer Erzeugnisse gilt neuerdings der Grundsatz "nicht so gut wie möglich, sondern nur so gut wie nötig". Es geht den Anwendern in der DDR also weniger um die technisch perfekteste und interessanteste Lösung, sondern mehr um Roboter und einfache Handhabungstechnik, die ihre Aufgaben mit einem Minimum an Aufwand und einem möglichst effektiven Ergebnis erfüllen.

Trotz vieler optimistisch gehaltener Berichte über die Robotertechnik in der DDR scheint sich die Entwicklung in der Vergangenheit doch nicht so reibungslos vollzogen zu haben, wie man das erhofft hatte. Wie es hierzu in der Ost-Berliner Zeitschrift "spectrum" hieß, sei die Grundlagenforschung bisher auf diesem Sektor zu kurz gekommen. Man benötige dringend Vorlauf, um beispielweise den außerordentlich hohen Aufwand für die Roboterperipherie senken zu können.

Viele Teillösungen zum Robotereinsatz stünden noch aus. In der Praxis entstehen verschiedene Probleme insbesondere durch die hohe Störanfälligkeit der bisher entwickelten und eingesetzten Roboter. Kritisch vermerkt wurde schließlich auch, daß der ökonomische Effekt der bisher eingesetzten Roboter relativ gering ist, weil es oftmals an Arbeitsaufgaben in hohen Losgrößen mangele. Ebenso sollen DDR-Roboter vergleichsweise recht teuer sein so daß sich daher zwangsläufig recht lange Amortisationszeiten ergeben.

Probleme dieser Art will man in Zukunft jedoch ausschalten. Einen Beitrag dazu soll unter anderem der im September des letzten Jahres verfügte Aufbau einer Datenbank für Industrie-Robotertechnik leisten. Diese Datenbank wird im Forschungszentrum des Werkzeugmaschinenbaus Karl-Marx-Stadt des Werkzeugmaschinenkombinates "Fritz Hekkert" errichtet. Hier sollen Informationen über

- "den internationalen Stand der Entwicklung, Produktion und Anwendung der Industrierobotertechnik;

- in der DDR entwicklete oder sich in Entwicklung befindliche Industrierobotertechnik;

- die gesamte in der DDR produzierten Industrieroboter

- sämtliche Anwendungsfälle von Industrierobotertechnik in der DDR

gespeichert und den Nutzern (Kombinate, Betriebe und Einrichtungen) bereitgestellt werden.

* Klaus Krakat ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle für gesamtdeutsche wirtschaftliche und soziale Fragen, Berlin