Integrationsplattform

DB Netz setzt Projekte mit IT-Baukasten um

02.10.2015
Von Redaktion CIO
CIO Holger Ewald hat mit einer serviceorientierten Architektur zwei Leuchtturmprojekte umgesetzt. Kosten, Entwicklungszeiten und Reaktionszeiten bei Änderungen sanken.
  • CIO Holger Ewald sieht vier Vorteile einer Integrationsplattform gegenüber einer monolithischen Lösung
  • Beim Asset Management werden jetzt alle relevanten Daten eines Assets wie einer Eisbahnbrücke auch in allen anderen Systemen konsistent aktualisiert
  • Um den Zugverkehr zu disponieren, waren früher aufwendige manuelle Meldewege nötig. Heute verfolgen die Disponenten den Zugbetrieb live am Bildschirm

Schritt für Schritt hat CIO Holger Ewald von der DB Netz AG hat einen flexiblen IT-Baukasten etabliert. Mit dieser modularen, serviceorientierten Architektur schuf er die Voraussetzungen für mehr Flexibilität, kürzere Projektlaufzeiten und deutlich geringere Kosten.

Um die digitalen Bausteine des Baukastens zu vernetzen und sie mehrfach verwenden zu können, kommen der Enterprise Service Bus (ESB) und die Master-Data-Management-Lösung von Tibco zum Einsatz.

So war die DB Netz in der Lage, bei annähernd gleichbleibender Mitarbeiterzahl den hohen Aufwand von 30 Prozent Neuimplementierungen pro Jahr zu bewältigen. Erste Projekterfolge konnten inzwischen unter anderem im Asset Management und in der Disposition erzielt werden.

Bausteine statt Blöcke

CIO Ewald sieht vier entscheidende Vorteile, die die Unternehmens-IT mit einer Integrationsplattform im Vergleich zu monolithischen Lösungen realisieren kann:

CIO Holger Ewald von der DB Netz AG. CIO Ewald nennt vier entscheidende Vorteile, die die Unternehmens-IT mit einer Integrationsplattform im Vergleich zu monolithischen Lösungen realisieren kann.
CIO Holger Ewald von der DB Netz AG. CIO Ewald nennt vier entscheidende Vorteile, die die Unternehmens-IT mit einer Integrationsplattform im Vergleich zu monolithischen Lösungen realisieren kann.
Foto: DB Netz AG

1. Fokussierung auf nutzenbringende Funktionen

Monolithisch arbeiten heißt, einmalige, kundenspezifische Lösungen zu entwickeln, die aber nicht flexibel sind, um Themen zu kombinieren oder wiederzuverwenden. Plattformbasiert zu arbeiten bedeutet dagegen, existierende Module immer wieder nutzen zu können. Die lose Koppelung innerhalb dieser Architektur spart Zeit und Geld, weil das System auch bei Veränderungen flexibel gestaltet werden kann. Der modulare Aufbau erlaubt immer wieder neu die Abtrennung von Modulen oder das Hinzufügen neuer Module.

2. Vereinfachtes Life Cycle Management

Monolithische Lösungen mit einem hohen Anteil an Customizing und Eigenentwicklung müssen jede für sich komplett gewartet und aktualisiert werden. Eine Plattform mit Produkten vom Markt wird, zumindest in großen Teilen, auch vom Markt gepflegt.

3. Personalverfügbarkeit

Individualsoftware, basierend auf spezifischen Programmiersprachen, wird irgendwann nur noch von ein paar wenigen Spezialisten mit spezifischen Skills verstanden. Jüngere Kollegen sind mitunter gar nicht daran interessiert, mit einer veralteten Lösung und einer veralteten Sprache zu arbeiten - oder ihnen fehlt schlicht das Know-how. Dagegen können in eine moderne Plattform stets aktuelle Lösungen integriert werden. Die IT eines Unternehmens bleibt damit attraktiv für den Arbeitsmarkt.

4. Verringerte Kosten

Monolithen bergen außerdem die Gefahr, früher oder später nicht mehr vom Markt unterstützt zu werden. Schlimmstenfalls muss eine Komplettlösung dann möglichst schnell vollständig abgelöst werden. Eine Plattform ist hier wesentlich weniger risikobehaftet. Ganzheitliche Abhängigkeiten werden vermieden.

Ein Fast-Data-Bus als Sekundenkleber

In einer modularen Systemarchitektur fungiert die Integrationstechnologie als Kitt für alle digitalen Bausteine. Der Enterprise Service Bus (ESB) von Tibco ist daher eine der wichtigsten Komponenten, um die IT der DB Netz AG am Laufen zu halten. Er ist der "Kleber", der alle vorhandenen Systeme verbindet und es ermöglicht, dass die laufenden Statusinformationen über Gleise, Weichen, aktuelle Zugstandorte etc. zur Verfügung stehen.

Auch existierende Anwendungen sind integraler Bestandteil der neuen IT-Landschaft. Mit Hilfe verschiedener Adaptoren gelang es der DB Netz AG, vorhandene "Monolithen" einzubinden. Auf diesem Weg greifen nun die unterschiedlichsten Prozesse beispielsweise auf SAP, das Fahrplansystem und das Geo-Informations-Warehouse zu.

Die Performanz des ESB-Systems muss so hoch sein, dass Statusinformationen in Echtzeit vorliegen - keine triviale Aufgabe angesichts der großen Datenmengen und der vielen, weit verteilten Systeme, die gleichzeitig auf den ESB zugreifen. Bei der DB Netz AG zeigt sich einmal mehr, dass es nicht nur auf den Durchsatz großer Datenmengen (Big Data) ankommt, sondern auch auf deren schnelle Verarbeitung (Fast Data).

Erfolgsfaktor der Integration

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Integration ist es, die Beziehungen von Daten und Systemen zueinander umfassend abzubilden und ein Regelwerk für Beziehungen und Qualitätssicherung zu hinterlegen. Dazu etablierte die DB Netz AG, aufbauend auf dem ESB, ein Master Data Management (MDM).

Die Flexibilität einer serviceorientierten Architektur zeigt sich in den Anwendungen, die für bestimmte Geschäftsprozesse aus bestehenden Komponenten erzeugt werden. In diesen Fällen entsteht dann keine "fertige Software am Stück", die an den Bus angeschlossen wird.

Stattdessen setzt sich eine Applikation aus einer Vielzahl von kleinen Komponenten zusammen, die über den Bus verbunden und dann über einen Geschäftsprozess orchestriert werden. So lassen sich die Bedürfnisse des Kunden beziehungsweise der Anwender über eine Oberfläche bedienen.

Leuchtturmprojekt Asset Management

Eines der ersten Projekte, die vom neuen Baukasten profitierten, war im Bereich Asset Management angesiedelt. Dabei geht es um eine möglichst effiziente Verwaltung und Wartung der Anlagegüter der Bahn. Dazu gehört auch das Schienennetz, für dessen Instandhaltung die DB Netz AG jährlich allein etwa vier Milliarden Euro ausgibt. Stammdaten zu Schienen und Weichen verarbeitet die Bahn in verschiedenen Systemen.