Reaktion auf SAPs Mittelstandsoffensive

Datev sieht Konkurrenz gelassen entgegen

18.07.1997

"Trotz der Preisveränderungen haben wir 1996 ein hervorragendes Ergebnis erzielt", zeigte sich Vorstandschef Dieter Kempf bei der Vorlage der Bilanz zufrieden. Zwar habe man einmal mehr die Umsatzmilliarde nicht geschafft (was auch im laufenden Geschäftsjahr nicht gelingen wird), aber "der Umsatz ist für uns nicht die für den Unternehmenserfolg relevante Kennziffer", hob der Datev-Chef hervor. Immerhin konnte der DV-Dienstleister seine Einnahmen nach dem Rückgang 1995 im abgelaufenen Geschäftsjahr wieder steigern: Mit 989,4 Millionen Mark lagen die Nürnberger rund 2,7 Prozent über den 963,5 Millionen Mark des Vorjahres und waren damit in der Lage, die vor zwei Jahren eingeführte neue Preisstruktur für PC-Software und den Bonus für die Inanspruchnahme von Rechenzentrums-Services besser zu kompensieren.

Beim Ergebnis vor Steuern steigerte sich die Datev gegenüber 1995 von 66,3 auf 73,2 Millionen Mark. Sehr zur Freude ihrer Mitglieder, denn diese erhalten dadurch eine genossenschaftliche Rückvergütung von 54,3 (Vorjahr: 44,3) Millionen Mark, was einen neuen Rekord bedeutet. Hinzu kommt noch der Rechenzentrums-Bonus in Höhe von 33,2 Millionen Mark, so daß insgesamt 87,5 Millionen Mark an die Mitglieder zurückfließen.

Ganz ohne Sorgenfalten indes blickt Sebigers Nachfolger nicht in die Zukunft. "Der Markt, in dem wir uns bewegen, ist nahezu gesättigt, und die Differenzierungsmerkmale der Softwarelösungen reduzieren sich gewaltig", wies Kempf auf den zunehmenden Wettbewerb im Datev-Kerngeschäft der Auftragsbuchführung hin. Darüber hinaus drohe mit SAP eine übermächtige Konkurrenz. Erst vor kurzem hatten die Walldorfer einmal mehr eine umfangreiche Mittelstandsoffensive angekündigt, die vor allem auf Steuerberater mit zwei bis drei Mitarbeitern zielt - der bis dato klassischen Datev-Zielgruppe.

"Einschüchtern lassen wir uns dadurch nicht. Aber wir werden SAP auf jeden Fall aufmerksam beobachten", erklärte Kempf. "Durch die Umstellung auf 32-Bit-Betriebssysteme steuern wir auch technologisch immer mehr aufeinander zu. Deshalb werden wir uns möglicherweise bald nur noch durch den Preis unterscheiden können." SAP habe jedoch den Vorteil, ein integriertes Gesamtpaket anbieten zu können, wo Finanzbuchhaltung und Lohnabrechnung in betriebswirtschaftliche Anwendungen wie etwa Produktionsplanung und -Steuerung eingebunden sind.

Konsequenterweise gehen die Nürnberger daher daran, sich neue Geschäftsfelder zu erschließen. So entwickelte man bei der Datev mittlerweile ein Data-Warehouse-Konzept und denkt intensiv über die Themen Internet und Intranet nach. "Dabei geht es aber nicht um Internet-Präsentationen, sondern vor allem um Technologien, die einen reibungslosen elektronischen Geschäftsverkehr ermöglichen", sagte Kempf. Prinzipiell wolle man sich stärker auf den Bereich der wirtschaftlichen Beratung und der Steuererklärung konzentrieren, hieß es.

Zunächst aber gilt es, eine andere Herausforderung zu bewältigen: Die Mitglieder auf Windows 95 umzustellen und sie auf den Euro vorzubereiten. Seit sich die Franken von ihrer OS/2-Strategie verabschiedet haben, laufen Entwicklung und Verbesserung der Windows-Lösungen, in die gleichzeitig auch noch die Euro-Funktionalität implementiert wird, auf Hochtouren. Bis Ende des Jahres sollen rund 15000 Steuerkanzleien auf Windows 95 umgestellt sein.

Durch den zunehmenden Technikeinsatz im Produktionsbereich wird es bei der Datev in den kommenden vier Jahren allerdings auch zu einem Abbau von rund 180 Stellen kommen. Kempf versprach jedoch, einem Großteil des betroffenen Personals über Weiterbildungsmaßnahmen interne Beschäftigungsalternativen zu verschaffen. "Am allgemeinen Arbeitsplatzabbau beteiligen wir uns nicht", bekräftigte Kempf.

*Beate Kneuse ist freie Fachjournalistin in Stuttgart.