Interview: Hat der Datenschutz ausgedient?

"Datenschutzbeauftragte sitzen in der Kantine alleine"

06.07.2010
Von Marcus Wenning

… und warum man vor lauter Paragraphen die Praxis nicht vergessen sollte

Computerwoche: Wie geraten Datenschutzverstöße eigentlich ans Tageslicht?

Duda: Oft geraten solche Fälle an die Öffentlichkeit, wenn Bürger Verstöße melden. In diesem Jahr fand beispielsweise ein Passant in einem Altpapiercontainer neben dem Gericht vertrauliche Unterlagen - unter anderem Akten über Gerichtsurteile, die erst einige Tage später verkündet werden sollten.

Computerwoche: Dabei betrifft das doch eine Berufsgruppe, die besonders sorgsam sein sollte?

Duda: Richtig, ähnlich wie Ärzte oder Anwälte. Diese Berufsgruppen müssten im Grunde besonders sensibilisiert sein, da sie tagtäglich mit so genannten "besonderen personenbezogenen Daten" zu tun haben. Allein schon um mögliche Schäden abzuwenden, sollten diese immer einen Datenschutzbeauftragten bestellen.

Und auch hier gibt es immer wieder Fälle, wo zum Beispiel die Anwältin "mal eben schnell" von unterwegs E-Mails der Mandanten abruft - im Internetcafé, über ein privates Konto und ohne richtigen Logout. "Shoulder Surfing" inklusive…

Was es natürlich anderen leicht macht, an geheime Daten zu kommen.

Computerwoche: Vielen Dank für das Gespräch.

Datenschutzverstöße

Missbrauchsfälle häufen sich

In diesem Jahr vergeht kaum eine Woche, ohne dass neue Fälle von Datenmissbrauch bekannt werden. Erst vor kurzem forderte die KarstadtQuelle-Bank Kunden auf, ihre Kreditkarten sperren zu lassen, weil Unbefugte an die Nummern gekommen sein sollen. Beim Online-Netzwerk SchülerVZ wurden Datensätze in großem Stil illegal kopiert, auch der Finanzdienstleister AWD oder die Postbank gerieten in die Kritik. Derartige Datenschutzverstöße listet beispielsweise die Website http://www.projekt-datenschutz.de/ auf.

Dabei ist Handeln gefragt: Laut einer repräsentativen GfK-Umfrage macht der Speicherwahn persönlicher Daten vielen Deutschen ebensoviel Angst, wie das Opfer von Kriminalität oder körperlicher Gewalt zu werden. Fast jeder vierte Befragte gab dies an.