BigBrotherAwards

Datenschützer warnen vor Risiken in der Cloud

14.04.2012
Einer der Preisträger der BigBrotherAwards ist die Cloud. Der Datenschutzverein Foebud wirft den Anbietern einen nebulösen Umgang mit Nutzerdaten in der Internet-Wolke vor.

Das Cloud Computing wird von der IT-Branche als Heilsbringer gefeiert, die Datenschützer vom Verein Foebud gehen mit der Internet-Wolke hart ins Gericht. Sie verliehen gleich dem ganzen Konzept, bei dem Programme und Daten direkt aus dem Netz laufen, einen ihrer BigBrotherAwards. Der Negativpreis wird sonst eher an einzelne Firmen oder Produkte vergeben. Begründung zur Cloud: Es sei ein "Trend, Nutzerinnen und Nutzern die Kontrolle über ihre Daten zu entziehen".

"Absolut gerechtfertigt", sagt der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert, der vor allem als scharfer Kritiker des Online-Netzwerks Facebook bekannt ist. "Denn derzeit ist das Cloud Computing eine große rechtliche Grauzone."

Rena Tangens von Foebud warnt vor einer Gewöhnung an das Nichtwissen: Der Kunde wisse nicht, wo seine Daten sind, wer sie speichert und was damit geschieht. Und auch wer darauf vertraue, dass Daten, die auf Servern in Europa abgelegt werden, sicher seien, könne schnell enttäuscht werden, meint Tangens. Sobald die Betreiberfirma eine amerikanische sei, müsse sie den amerikanischen Behörden Zugriff auf die Daten auch europäischer Kunden geben. Dazu sei sie nach dem US-Antiterrorgesetz "Patriot Act" und dem "FISA Amendments Act of 2008" verpflichtet.

Datenschützer Weichert geht sogar noch weiter: Selbst die deutsche Telekom könne theoretisch von US-Behörden unter Druck gesetzt werden, da sie auch Filialen in den USA hat. Wer glaube, dass seine Daten von den Anbietern nicht angetastet würden, irre sich, warnt Weichert. Anbieter wie Amazon, Google oder Microsoft sichteten die ihnen anvertrauten Daten bei Bedarf, behauptet er. "Googlemail benutzt sogar die Inhalte der Mails dazu, gezielter Werbung zu platzieren."

Vor einigen Monaten warnte auch die EU-Agentur für Netzsicherheit (Enisa), europäische Unternehmen würden zu leichtfertig mit dem Cloud Computing umgehen. Gerade mittelständische Firmen gäben dabei sensible Daten aus der Hand, sagte Enisa-Chef Udo Helmbrecht.

Die Frage, warum Menschen und Unternehmen das Cloud-Risiko eingehen, beantwortet Tangens in ihrer Laudatio so: "Vielleicht, weil sie einfach ihren Verstand ausschalten, sobald ein Angebot gratis ist."

Das Cloud Computing, die Datenverarbeitung in der Wolke, wird in der IT-Branche schon seit Jahren als Zukunftsweg gehandelt. Die Kunden - Unternehmen und Verbraucher - mieten sich Rechner- und Speicherleistung von einem gewerblichen Anbieter. Ein Vorteil: Damit spart man sich eigene Aufwendungen und die Pflege von Hard- und Software. Und die Daten sind immer und überall auf der Welt abrufbar, wenn eine Datenleitung vorhanden ist. Anbieter wie Google, Amazon oder Apple bieten auch kostenlos Speicherplatz und Dienste für die private Nutzung an.

Es ist ein großes und schnell wachsendes Geschäft: Eine Studie im Auftrag des IT-Fachverbands Bitkom geht davon aus, dass in diesem Jahr mit Cloud Computing in Deutschland ein Umsatz von 5,3 Milliarden Euro anfällt. Bis 2016 soll es ein Marktvolumen von 17 Milliarden Euro werden.

Weicherts Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein will derzeit eine Antwort auf die Frage geben, ob es vertrauenswürdige Cloud-Dienste überhaupt geben könne. Das dreijährige Projekt "TClouds" läuft noch bis September 2013 und wird von der EU gefördert. "Wir arbeiten etwa an Verschlüsselungstechniken, bei denen nur der Kunde den Schlüssel in der Hand hat und nicht der Cloud-Anbieter." (dpa/tc)