Regierung soll mehr für die Privatsphäre im Web tun

Datenschützer fordern einen Politikwechsel in Deutschland

25.11.1998
MÜNCHEN (CW) - Datenschutzbeauftragte aus fünf Bundesländern haben an die neue Bundesregierung apelliert, auf dem Weg in die Informationsgesellschaft Datenschutz und Datensicherheit mehr Bedeutung beizumessen. Bürger müßten wissen, an welcher Stelle welche Informationen über sie gesammelt werden.

In einem Zehn-Punkte-Programm fordern die Landesbeauftragten für Datenschutz aus Berlin, Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sogar die Änderung des Grundgesetzes. Informationelle Selbstbestimmung sei als Grundrecht in der Verfassung zu verankern, da der Schutz der Privatsphäre unter den Bedingungen der Informationsgesellschaft hohe Priorität erhalte. Auch bei der Datensicherheit sehen die Experten Nachholbedarf. Vor allem das Internet setze neue Maßstäbe, die mit den alten Vorschriften nicht mehr zu handhaben seien.

Staatliche Regulierung und Eingriffe in die Verschlüsselung von Daten sind den Behördenvertretern ein besonderer Dorn im Auge. In mehreren Punkten verlangen sie ein Recht des Bürgers auf "unüberwachte telekommunikative Selbstbestimmung". Die rechtlichen Grundlagen für den Zugang zu und gegen den Mißbrauch von Daten müßten ausgebaut werden.

Harald Summa, Geschäftsführer des deutschen Provider-Verbandes Eco, möchte allerdings eine Einigung auf internationaler Ebene erreichen. Zuerst müßte die deutsche Gesetzgebung an die jüngst erlassene Datenschutzdirektive der Europäischen Union (EU) angepaßt werden. Summa hält nationale Alleingänge bei der Internet-Gesetzgebung für kontraproduktiv. Der oberste Datenschützer von Schleswig-Holstein, Helmut Bäumler, argumentiert dagegen, daß es bei dem vorgestellten Aktionsplan mehr um eine Vereinfachung und Modernisierung der existierenden Regelungen gehe als um die Schaffung neuer Vorschriften.