Mit Hilfe von Simulationen richtig konfigurieren

Datenmodelle als Basis für Fabrikplanung und -steuerung

11.10.1991

Jedes Produktionssystem kann seine geplante Leistungsfähigkeit nur durch anforderungsgerechte Strukturierung, Dimensionierung und Steuerung erreichen. Dieser fast selbstverständlichen Forderung entsprechen in der täglichen Praxis der Fabrikplanung allerdings nur etwa zehn Prozent der Unternehmen. Die anderen 90 Prozent dimensionieren im Produktionsbereich bis zu 90 Prozent aller Subsysteme falsch. Wilhelm Dangelmaier* und Karin Geek* * vertreten die Meinung, daß nur durch sorgfältige, computerunterstützte Planung die wirtschaftlich notwendige Flexibilität einer Fertigung erreicht werden kann.

Die Qualität von Strukturierung, Dimensionierung und Steuerung läßt sich daran messen wie die Subsysteme einer Fabrik aufeinander abgestimmt sind und Engpässe im Betriebsablauf vermieden werden können. Häufig genug zeigt erst die Realität eine mangelhafte Konzeption. Oft ist dann die Nachbesserung technisch unmöglich oder führt zu keiner befriedigenden Lösung. In jedem Fall ist sie sehr teuer. Die Qualität einer Planung, die ein vorgegebenes Wirtschaftlichkeitsziel erreichen will, ist daher mittels einer antizipierenden Modellbetrachtung abzusichern.

Physikalische oder mathematische Modelle

Die modellmäßige Durchdringung eines Produktionssystems läßt sich entweder mit physikalischen (zum Beispiel Holz- oder Kunststoff-Modelle, Fischer-Technik-Modelle, Plantafel) oder mit mathematischen Modellen (zum Beispiel Gleichungssystemen, Algorithmen) leiten. Mathematische Darstellungen lassen sich, solange sie statische Probleme abbilden und daher hinreichend einfach sind, analytisch lösen, und mittels einer Rechenvorschrift findet sich die Struktur und die Dimensionierung, die den bestmöglichen Betriebsablauf garantiert. Für sehr einfache Modelle, zum Beispiel für das Transport- oder das Rundreiseproblem, lassen sich sogar exakte Lösungen finden.

Etwas kompliziertere Problemstellungen, wie das Erstellen des Layouts einer Werkstattfertigung, können mit heuristischen Lösungsverfahren mit immer noch ausreichender Genauigkeit näherungsweise gelost werden. Lösungsverfahren existieren dagegen nicht für komplizierte, also dynamische Problemstellungen. Die "Lösung" kann nur durch experimentelles Betreiben - durch Simulation - und gegebenenfalls schrittweise Veränderung des Modells gefunden werden. Dabei gibt die Simulation keinen Hinweis auf die Richtung, in der die Lösung zu suchen ist. Eine jede Simulation für sich zeigt nur die Auswirkungen der gewählten Struktur, Dimensionierung und Steuerung auf die Leistungsfähigkeit eines Produktionssystems auf. Erst eine Vielzahl von Stimulationen mit unterschiedlichen Modellen kann die Richtung in etwa bestimmen. Kenngrößen hierfür sind beispielsweise Durchlauf zeit, Durchsatz, Leistungsgrad und Stillstandszeiten. Physikalische Modelle können von Natur aus nur über Probieren, also Simulation, gelöst werden. Sie bieten eine unübertroffene Anschaulichkeit. Auch läßt sich mit solchen Modellen die Realität in vielen Belangen mit hoher Genauigkeit, teilweise absolut korrekt, abbilden.

Diese Exaktheit kann sich in einer absolut maßstäblichen Darstellung der Streckenverhältnisse, in korrekt wiedergegebenen Transport- und Bearbeitungszeiten oder in einer Steuerung ausdrücken, die vom Modell direkt in die Wirklichkeit übertragen werden kann.

Als Instrument für die Konzeptionsphase sind solche Darstellungen jedoch weniger geeignet. Da die Simulation in Echtzeit abläuft, dauert die Simulation einer Woche Produktionsgeschehen ebenfalls eine Woche. Man wird daher versucht sein, nur einige wenige "kritische" Situationen durchzuspielen. Als Folge davon werden die Simulations- beziehungsweise Planungsergebnisse auch bei hohem Aufwand auf keiner ausreichenden Aussagebasis stehen. Überdies sind physikalische Modelle nur schwer zu verändern. Die Bereitschaft des Planers, unterschiedliche Alternativen durchzuspielen, wird damit zusätzlich eingedämmt. Als Ergebnis ist daher nicht die bestmögliche, sondern irgend eine zulässige, eben die erst beste Alternative zu erwarten.

Genau hier liegt ein wesentlicher Vorteil rechnerunterstützter mathematischer Modelle: Die heutige Rechengeschwindigkeit erlaubt die Erarbeitung einer Vielzahl von Alternativen beliebig lange Simulationszeit räume und die Durchleuchtung umfassender Datenbasen.

Dieselbe Tendenz in der Aussage gilt auch für ein anderes Beispiel eines physikalischen Modells: Soll mittels einer Plantafel ein Layout erstellt werden, fehlt der objektive Bewertungsmaßstab zwei alternative Layouts können daher nur schwer verglichen werden. Die Folge: Der Planer wird sich "willkürlich" für irgendeines entscheiden. Alle weiteren Lösungsmöglichkeiten werden entweder unterdrückt oder überhaupt nicht bearbeitet.

Hauptnachteil der physikalischen Modelle ist aber insbesondere bei dynamischen Problemstellungen eine andere Eigenschaft, die mangelnde Richtigkeit. Will man mit einem solchen Modell das Störverhalten simulieren, um Puffer dimensionieren zu können, dann werden diese auf das Störverhalten des Modells, nicht aber auf das Störverhalten der Realität abgestimmt Diese beiden Größen müssen aber nicht im geringsten miteinander korrelieren Das Lösen dynamischer Problemstellungen bedeutet deshalb in der Praxis der Fabrikplanung immer mehr rechnerunterstützte Simulation.

Allerdings wird für die Fabrikplanung nach wie vor nur wenig DV-Unterstützung eingesetzt. Zwischen theoretischer Anforderung und Praxis klafft hier eine enorme Lücke. Ein ganz wesentlicher Grund hierfür liegt in der Hemmschwelle, die Datenverarbeitung immer noch darstellt. Nicht alle Mitarbeiter sind mit dem Computer vertraut. Dies wird sich mit der Zeit zwangsläufig ändern müssen. Schwieriger wiegt das mangelnde Abstraktionsvermögen der Planer. Jedes Modell beziehungsweise Planungssystem, das mehrfach eingesetzt werden soll, muß vereinfachen, generalisieren und abstrahieren, der Planer aber hält gedanklich an seinen Vorstellungen von Maschinen und Fördermitteln fest. "Black-box"-Denken ist ihm fremd.

Aber es wäre zu einfach, die Fehler nur beim Planer u suchen. Die derzeit angebotenen Verfahren haben sicher Grenzen: Tatsache ist, daß die Datenaufnahme generell äußerst mühsam, zeitaufwendig und schwierig verläuft, sie ist häufig deshalb noch aufwendiger, weil in der Regel durch DV-Unterstützung Fragen beantwortet werden, die bei manueller Planung überhaupt nicht gestellt werden. Leider bieten viele Planungssysteme überhaupt nicht die Möglichkeit, Daten einer früheren Planung in einer Datenbank zu speichern. Als Folge davon müssen die Daten jedesmal neu erstellt werden, während sonst eine Aktualisierung ausreichen würde.

Zahlreiche Programme sind nur für ganz bestimmte, eng begrenzte Problemstellungen maßgeschneidert, legen also ein bestimmtes, unveränderliches Modell zugrunde. Jede andere Anwendung wie die Überarbeitung der Ergebnisse oder Zusatzprogrammierung führt zu Kompromissen. So befassen sich praktisch alle Layoutplanungsprogramme nur mit dem Problemkreis Neuplanung. Sie eignen sich dabei entweder nur für eine Gesamt- oder eine Detailplanung. Bei einer Umstellung sind Layoutplanungsprogramme in der Regel wertlos, da die dort vorliegende Problematik (zum Beispiel Veränderung der Betriebsmittel-Grundrisse) bei der Konzeption nicht berücksichtigt wurde.

Mehr Umstellungen als Neuplanungen

In der Praxis überwiegen aber gerade Umstellungen im Faktor 10: gegenüber den Neuplanungen. Häufig verschweigt jedoch der Programmhersteller diese Einschränkungen und versucht, sein Produkt so universell wie möglich darzustellen. Der Planer muß hier genau wissen, welches Problem zu lösen ist und welches Problem das jeweilige Planungssystem zugrundelegt. Auf jeden Fall muß man sich darüber im klaren sein, welche Aussage mit welcher Zuverlässigkeit erwartet werden kann.

Programme, deren Modellwelt nicht verändert werden kann, müssen, wenn sie ein gewisses Problemfeld abdecken sollen, zwangsläufig verallgemeinern. Die Folge davon sind die Beschränkung auf ein wesentliches Kriterium und die Vernachlässigung aller anderen. Die Fülle der Einflußfaktoren und Kriterien, die den Einzelfall ausmachen, wird vernachlässigt. Deshalb überzeugen solche Ergebnisse nicht. Eine manuelle Überarbeitung ist in jedem Fall notwendig. Ihre Auswirkungen lassen sich aber häufig nicht auf einen Teilbereich begrenzen.

Sie können eine vollständige Überarbeitung der gesamten Planung notwendig machen. Diese Anpassung ist daher nicht nur arbeitsaufwendig, sie kann auch durch die vorgenommenem Änderungen die Güte des vorher optimierten Ergebnisses entscheidend verändern.

Andere Programme setzen voraus, daß der Planer sein Modell individuell mit vorgegebenen Elementen aufbaut. Hier liegt ein Dilemma: Sind diese Elemente sehr allgemeingültig, kann nicht erwartet werden, daß für eine spezielle Problemstellung ein elegantes Modell entsteht. Sind die Elemente etwas mehr auf einen Problemkreis eingeschränkt, wird die Modellbildung solange ohne Probleme ablaufen, wie man sich im "Modellbaukasten" bewegt. Was aber, wenn der vorgesehene Baukasten nicht ausreicht?

In der Praxis sind daher zwei Entwicklungsrichtungen zu beobachten: Verfahren mit vergleichsweise aggregierten Konstrukten vergrößern ihren Baukasten permanent um neu gelöste Fragestellungen. Dagegen versucht eine andere Entwicklungsrichtung diesem ständigen Wachsen der Toolbox durch noch elementarere Funktionen gegenzusteuern.

Diese kritische Analyse des Ist-Zustandes ändert nichts an der eingangs begründeten Notwendigkeit des verstärkten Rechnereinsatzes in der Fabrikplanung. Sie soll vielmehr die derzeit bestehenden Probleme zeigen und als Basis für einige Schlußfolgerungen dienen:

1. Das Fundament jeder Planungsaufgabe sind die Planungsdaten. Ihre Erfassung, Aufbereitung und laufende Aktualisierung ist durch die Verknüpfung mit Planungsdatenbanken, mit Produktionssteuerungssystemen, mit Instandhaltungssystemen und so weiter entscheidend zu verbessern.

2. Die auf dieser Datenbasis aufbauenden Programmbausteine (zum Beispiel zur Flächenermittlung, Transportoptimierung und Layoutplanung) sind in ein Gesamtsystem zu integrieren. Dieses Gesamtsystem sollte aber mehr ein Planungskonzept als ein allumfassendes EDV-Programm sein. In dieses Gesamtkonzept sollten maßgeschneiderte Problemlösungen oder auch Planungsbaukästen im Sinne einer Lösungs-Datenbank eingebunden werden. Die zum Beispiel in der Layoutplanung begonnene Entwicklung interaktiver Programme ist bestimmt erfolgversprechender und praxisgerechter als der in der Vergangenheit beschrittene Weg, mathematische Optimierungsverfahren durch Einbeziehung immer weiterer Randbedingungen zu perfektionieren.

Simulationsprogramme sollten mehr in der oben angesprochenen Form verstanden werden. Nicht nur als Hilfsmittel zur Untersuchung abgeschlossener Konzeptionen, sondern vor allem auch als Werkzeug zur Erarbeitung aller notwendigen Daten, zum Aufbau aller Konzepte, zum Test möglicher Konfigurationen, sollte ein Datenmodell von der ersten Projektidee bis zum Ende des Lebenszyklus mitgeführt werden.

3. Hard- und Software werden immer weniger ein echtes Hemmnis darstellen.

4. Die Praktikabilität von Planungssystemen oder (eingebundenen) Einzelprogrammen wird immer mehr zunehmen. Ursache dafür ist eine immer komfortablere Benutzeroberfläche. Teilweise wird diese Benutzeroberfläche zweigeteilt sein: Je eine Ebene für den Planer und eine Ebene für den "Service-Mann", der den Planer bei der Modellerstellung, Datenerfassung und Programmauswertung unterstützt.

Startpunkt jeder Konzeption einer Fabrik-/Fertigungssteuerung ist eine funktionale Systembeschreibung. Sie stellt das von der später gewählten Rechnerkonfiguration unabhängige Kommunikationsmittel für alle an der Planung einer Fabrik beziehungsweise deren Steuerung beteiligten Fachgruppe dar. Derzeit existieren solche Systembeschreibungen in Form von Pflichtenheften, die ein Konglomerat von verbalen Beschreibungen, Ablaufplänen, Tabellen und anderem beinhalten.

Ihre Umsetzung in die Funktionen einer Steuerung auf der Basis eines speziellen Rechner / Programm Systems erfordert umfangreiche Programmierkenntnisse und -arbeiten, die in folgenden Schritten ablaufen: Programmierung, Programmund Funktionstest, Dokumentation.

Funktionelle Änderungen sind sehr aufwendig

Funktionelle Änderungen, die bei Inbetriebsetzung oder späteren Änderungen (zusätzliche Maschinen, Fahrzeuge) und Umbauten notwendig werden, durchlaufen ebenfalls die oben gezeigte Sequenz und bedeuten daher ebenfalls erheblichen Aufwand. Einer schnellen und flexiblen Anpassung an veränderte Verhältnisse stehen damit erhebliche Hemmnisse im Weg.

Darüber hinaus erschwert die Verschiedenartigkeit der Programmieroberflächen den Anwendern, für eine gegebene Aufgabenstellung den geeigneten Rechnertyp einzusetzen. Häufig ist man unternehmensweit auf einen bestimmten Rechnertyp festgelegt, wobei die Gründe hierfür vor allem in den hohen Zeit- und Kapitalaufwendungen für Schulungen und organisatorische Umstellungen liegen.

Bleibt als Fazit: Die noch nicht gegebene Durchgängigkeit von Methoden und Werkzeugen bei der Konzeption und Realisierung von Fabrik-/Fertigungssteuerungssystemen ist dringend herzustellen. Notwendig ist ein Instrumentarium, mit dem die Ergebnisse einer Fabrikplanung automatisch in Fertigungssteuerungsprogramme mit der bestmöglichsten Rechnerkonfiguration umgesetzt werden können. Ansatz hierzu müssen Simulationssysteme sein, die in sehr fortgeschrittener Form zur Planung von Fertigungssystemen eingesetzt wer den und bereits einen Satz an Steuerungsstrategien und daher eine vollständige Beschreibung der angesprochenen Fertigungssteuerung enthalten. Diese Planungsergebnisse müssen rechnerunterstützt in Fertigungssteuerungsprogramme umgesetzt werden. Die entsprechende Gestaltung dieses Instrumentariums gibt die Möglichkeit zur ständigen Verbesserung und Anpassung der Fertigungssteuerung, so daß eine qualitativ bessere und flexibel den Anforderungen entsprechende Fabriksteuerung erwartet werden kann.

Das Ziel einer solchen Entwicklung muß es daher sein:

- einen nahtlosen Übergang zu schaffen zwischen der Fabrik- und der Planung der Fertigungssteuerung;

- die Effizienz des Engineerings durch ein Programmentwicklungssystem zu erhöhen, das die interaktive Entwicklung der Systembeschreibung unter Übernahme aller in der Simulation vorhandenen Informationen (des gesamten Modells "Fabrik") unterstützt;

- über eine automatische Dokumentation der Steuerungsfunktionen in grafischer und alphanumerischer Form zu verfügen;

- die automatische Generierung von auf unterschiedlichen Rechnersystemen direkt ladbarer Anwendersoftware wie Datenbasen, Funktionsblöcke und interne Ablaufsteuerung;

- Unterstützung einer für alle gängigen Fertigungssteuerungs-Systeme einheitlichen Programmierschnittstelle. Eine solche systemneutrale Schnittstelle ist die Voraussetzung dafür, daß ohne Rücksicht auf den aktuellen Kenntnis-Ausbildungsstand der Planer sowie der Rechnerausrichtung des Anwenderunternehmens das jeweils wirtschaftlichste Automatisierungsmittel eingesetzt werden kann.

- Ableiten von Systembeschreibungen für weitere Produktionssysteme aus gespeicherten Vorlagen bereits realisierte Fertigungs-Steuerungssysteme.

- Verwirklichung einer einheitlichen, für alle am Bau der Steuerung beteiligten Disziplinen akzeptablen, verständlichen und systemneutralen Dokumentationsform.

- Unterstützung von Funktionsstandards, die aus bereits erprobten Funktionen und Abläufen bestehen.

Heute in der Praxis eingesetzte Fertigungssteuerungssysteme werden in allen Entscheidungssituationen wie Losbildung und Belegungsrechnung nur eine einzige Strategie an, so daß jeder "Optimalitätsanspruch" von vornherein aufgegeben und häufig gar nicht mehr offenkundig wird, daß eigentlich eine Entscheidungssituation vorliegt Ihre Rechtfertigung können die se Systeme daher nur daraus ziehen, daß auch ein Experte in der zur Verfügung stehende Zeit keine Lösung mit der erforderlichen Aktualität, Vollständigkeit und Detailliertheit erarbeiten könnte. Setzt man voraus daß mit einer adäquaten BDE-Hardware im Prinzip jede beliebige Information über den zu planenden/steuernden Prozeß, die bei der Fertigungssteuerung Verwendung findet, ohne Terminverzug zu beschaffen ist, dann kann ein noch zu realisierendes Fertigungssteuerungs-System als "optimal" angesehen werden, wenn

- der Planungshorizonts begrenzt durch die vollständige Menge aller aktuell verfügbaren Informationen auftragsweise gefüllt und nach jeder Einplanung eines Auftrages die Situation, die jetzt planmäßig eingetreten ist, heim weiteren Vorgehen berücksichtigt wird

- in jeder Entscheidungssituation alle möglichen Strategien/Alternativen durchgerechnet werden und die beste Lösung mit einer entsprechenden Bewertungs-/Zielfunktion ausgewählt wird

- nach Abschluß eines jeden Auftrages beziehungsweise nach jeder Rückmeldung und bei jeder Veränderung der Stammdaten der gesamte Planungshorizont aufgrund der jetzt eingetretenen Situation aktualisiert wird

Ein solches System wird selbst bei praktisch unbegrenzter Rechnerleistung und - verfügbarkeit immer - eine theoretische Grenze bleiben, weil die folgenden Voraussetzungen nicht erfüllt werden können. Zur Aktualisierung der Stammdaten und Durchführung der Planungsoperationen steht nicht beliebig viel Zeit zur Verfügung. Der Fertigungsprozeß wird nicht unterbrochen, und die Aktualität der Stammdaten bis zum Ende des zur Durchführung benötigten Zeitraums zu erhalten.

Überspitzt formuliert: Jede Fertigungsaktivität würde durch den Steuerungsalgorithmus sofort im Keim erstickt. Das erste gemeldete Ereignis wäre zugleich das letzte, da das Fertigungssteuerungssystem auch dann, wenn eine Änderungsrechnung durchgeführt würde, zur Bestimmung des nächsten Auftrages unendlich lange rechnen würde.

Die angesprochenen Fertigungssteuerungssysteme umgehen diese Problemstellung, in dem sie neben der genannten Fixierung auf einen einzigen Regelsatz neue Fertigungspläne nicht dann erarbeiten, wenn dies irgendwelche Veränderungen erforderlich machen würde (Planungsnotwendigkeit), sondern zu einem Zeitpunkt, an dem die Fertigung über einen längeren Zeitraum ruht (Nacht, Wochenende). Die systemtechnischen, nicht fertigungstechnischen Vorteile dieser Vorgehensweise sind evident.

Setzt man eine hierarchisch aufgebaute Fertigungssteuerung voraus, wird unter Umständen auf einer hierarchischen Steuerungsebene keine Lösung mehr gefunden. Die Änderung hat Auswirkungen über die betrachtete Ebene hinaus auf eine gesamte Teilefertigung. Dann muß auch eine gesamtheitliche Lösung auf dieser übergeordneten Ebene gesucht werden. Dazu ist wieder Rechenzeit erforderlich. Selbstverständlich muß auch hier dasselbe Prinzip gelten: Die übergeordnete Ebene muß primär auf die Fortsetzung des Fertigungsprozesses achten und Totzeiten vermeiden.

Vor jeder Betrachtung eines ferneren (Planungs- )Horizonts müssen die unmittelbar notwendigen Maßnahmen getroffen werden. Diese Vorgehensweise darf aber nicht ad absurdum geführt werden, indem die übergeordnete Ebene ihrerseits nur in festen Zyklen eine Aktualisierung durchführt und dadurch eine nicht akzeptable Totzeit verursacht.

In einem hierarchischen Konzept muß daher - online-Anstoß auf jeder Ebene vorausgesetzt - folgender Ablauf gelten:

1 Bewertung der Rück-/Störmeldung: Ist eine (Änderungs-) Rechnung erforderlich oder liegt die Abweichung innerhalb eines tolerierbaren Bereichs.

2. Abhängig von der Bewertung des aktuellen Prozeßzustands müssen die zur Fortsetzung des Arbeitsprozesses erforderlichen Daten sofort bereitgestellt werden.

3. Der Zeitpunkt des nächste Ereignisses, zu dem eine Information an den Fertigungsprozeß abgesetzt werden muß (zum Beispiel Beginn eines weiteren

Auftrages) muß zwischengespeichert werden.

4. Falls auf der betrachteten Ebene keine Lösung gefunden werden kann (aufgrund der derzeitigen Situation und der geltenden Vorgaben, nicht allein aufgrund von Störung): wird an die nächsthöhere Ebene übergeben.

5. Der Planungshorizont muß während des gesamten Ablaufes ständig aktualisiert werden und Informationen sind an die untergeordnete Ebene abzusetzen.

6. Sobald der Horizont auf der übergeordneten Ebene (teilweise) gefüllt ist, erhalten die untergeordneten Ebene ihre Vorgaben.

7. Erneutes Aktualisieren des Planungshorizonts, damit der Ablauf beim nächsten Ereignis mit den neu gewonnen Daten bei Schritt 1 einsetzen kann.

Unter der Prämisse einer minimalen, durch die Fertigungssteuerung verursachten Fertigungstotzeit wird die maximal für die Steuerung der Fertigung und damit für die Suche der bestmöglichen Lösung zur Verfügung stehende Zeit deutlich.

Bessere Lösungen, die mehr Zeit erfordern, können nicht erarbeitet werden. Zwar liegt der Gedanke nahe, gegebenenfalls das nächste Ereignis zu verzögern und den Fertigungsprozeß zu unterbrechen, wen dadurch eine bessere Lösung erarbeitet werden kann.

Ob und wieviel diese Lösung besser ist, steht aber erst nach Abschluß der Berechnung fest. Falls keine ausreichende Verbesserung gefunden wurde, läßt sich diese Fertigungsunterbrechung dann nicht mehr rückgängig machen. Somit bestünde überhaupt keine Wahlmöglichkeit. Dieser Weg ist daher keine Alternative.

Eine Grenze für die Anwendung der rechnerunterstützten Fabrikplanung und -steuerung kann heute nur bedingt gezogen werden. Vielmehr müssen die Möglichkeiten immer in Relation zum gewünschten Ergebnis gesehen werden. Dies bedeutet, daß es in einer frühen Planungsphase zulässig sein kann, bei der Modellbildung Zusammenhänge zu vereinfachen und zu vergröbern. Will man jedoch in späteren Projektphasen genaue Ergebnisse ist es nötig, alle Sachverhalte mit der notwendigen Genauigkeit nachzubilden. Dimensionierung und Strukturierung einer Fabrik werden vor allem nur dann bestmögliche Ergebnisse liefern, wenn eine detaillierte Betrachtung der später eingesetzten Fabrik-/Fertigungssteuerungsverfahren mit einfließt. Gerade diese Forderung liefert aber den entscheidenden Ansatz für eine enorme Verbesserung der Planungsqualität: Die Steuerungskonzepte, die mit Hilfe eines Simulationssystems erarbeitet worden sind, müssen genutzt werden, um automatisch der aktuellen Situation angepaßte Fertigungssteuerungsverfahren einsetzen zu können.