US-Anwender melden bereits Probleme mit dem Betriebssystem MS-DOS 6.0

Datenkompression zwingt User zur Rueckkehr auf MS-DOS 5.0

30.04.1993

Maengel des von Central Point erworbenen "Anti-Virus"-Moduls sowie der Datenkompression trueben das Bild des vor knapp zwei Wochen erschienenen Betriebssystems. Nach Angaben der CW- Schwesterpublikation "Computerworld" ergaben Tests in den USA, dass von 1590 Viren lediglich 1009 erkannt wurden. Ausserdem konnten anschliessend nur 978 der gefundenen Viren beseitigt werden.

Doch nicht nur die schlechte Ausbeute enttaeuscht die Anwender: Ersten Eindruecken zufolge arbeitet der von Central Point entwickelte Scanner zu langsam, und das Benutzer-Interface ist zu plump. Ferner habe der Softwaregigant aus Redmond zwar Updates ueber sein Bulletin-Board versprochen, ein Benutzer kritisierte jedoch gegenueber "Computerworld", dass dafuer offensichtlich auch noch bezahlt werden muesse. Andere User bezweifeln wiederum, dass Microsoft das benoetigte Supportnetz fuer den Viren-Checker zur Verfuegung stellen kann.

Ebenso soll die Datenkompression nicht das halten, was die Microsoft-Entwickler ihren Kunden versprechen. Nach einer Meldung der CW-Schwesterpublikation "Infoworld" bereitet bereits die Installationsroutine den US-Anwendern groessere Schwierigkeiten. Ausserdem zeige das Kompressions-Utility "Double Space" in Sachen Dateiorganisation schwere Fehlfunktionen.

Denn wie bereits einige Benutzer in den Microsoft-Foren der Informations-Mailbox Compuserve angeprangert haben, seien nach der Festplatten-Kompression kreuzverkettete Dateien aufgetreten, so dass auf die Files nicht mehr zugegriffen werden konnte. Besonders gravierend ist dabei nach Meldungen der Anwender, dass Festplatten teilweise nicht mehr lesbar waren. Die Mehrzahl der von diesen Schwierigkeiten betroffenen Anwender konnte jedoch ihre Daten retten oder die Festplatte neu formatieren und zu MS-DOS 5.0 zurueckkehren. Es stehe noch nicht fest, ob die Double-Space- Probleme mit den Systemkonfigurationen der einzelnen PCs zusammenhaengen.

Die Entwickler der Gates-Company scheinen zum Thema DOS-Probleme geteilter Ansicht zu sein: Brad Chase, General Manager fuer MS-DOS, teilte "Infoworld" mit, bei der Microsoft Corp. seien einige Meldungen von DOS-6.0-Benutzern ueber verlorene Daten eingegangen. Deshalb empfahl er Anwendern, vor der Installation des neuen Betriebssystems ein Backup der Festplatte durchzufuehren.

Die deutsche Niederlassung in Unterschleissheim hingegen wusste nur von Maengeln in der Betaversion des Betriebssystems. Die Vollversion ist nach Angaben eines Microsoft-Sprechers nicht mit diesen Fehlern behaftet.