Datenbankriesen fürchten Open Source

14.12.2005
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Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Trotz geringer Marktanteile der quelloffenen Alternativen reagieren die Platzhirsche IBM, Oracle und Microsoft nervös auf die neuen Konkurrenten.

Rund 90 Prozent des weltweiten Datenbankmarktes kontrollieren die fünf größten Anbieter. In kaum einem anderen IT-Segment ist die Konzentration derart ausgeprägt. Zu Lasten kleinerer Anbieter bauen vor allem IBM, Oracle und Microsoft ihre Marktstellung weiter aus. Das könnte sich bald ändern: Anbieter quelloffener Datenbanken, allen voran die schwedische MySQL AB, buhlen mit Enterprise-Funktionen und niedrigen Kosten um die Gunst professioneller Anwender.

Hier lesen Sie...

  • wie Open-Source-Anwendungen den Datenbankmarkt verändern;

  • welche Rolle Linux dabei als Betriebssystem spielt;

  • wie die etablierten Anbieter auf die neue Konkurrenz reagieren.

Die größten fünf Anbieter teilen fast 90 Prozent des Datenbankgeschäfts unter sich auf.
Die größten fünf Anbieter teilen fast 90 Prozent des Datenbankgeschäfts unter sich auf.

"Wir registrieren jeden Tag 40000 Downloads unserer Software", wirbt Jürgen Giesel, Marketing-Manager in der deutschen MySQL-Dependance. Weltweit sei die Open-Source-Datenbank inzwischen sechs Millionen Mal installiert. Im Kampf gegen die übermächtig scheinenden IT-Konzerne steht Giesel nicht allein. Mit Ingres, Postgres oder Berkeley DB drängen weitere Open-Source- Produkte auf den Markt, die zum Teil bereits auf eine gute Reputation unter Großanwendern bauen können. Doch wie stark sind die quelloffenen Syste- me wirklich? Haben sie das Potenzial, dem Datenbankoligopol Marktanteile wegzuschnappen?

Linux auf dem Vormarsch

Die Open-Source-Community beeinflusst den Datenbankmarkt in zweierlei Hinsicht: Zum einen arbeiten mehrere Projekte an Alternativen zu kommerziellen Systemen. Zum anderen etabliert sich das Open-Source-Betriebssystem Linux immer mehr als Plattform für professionelle Datenbankinstallationen. Diese Entwicklung geht vor allem zu Lasten der klassischen Unix-Derivate. So steigerte Oracle seine Lizenzumsätze mit Linux-Versionen seiner kommerziellen Datenbank im Jahr 2004 um mehr als 150 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zugleich gingen die Einnahmen im Unix-Geschäft um drei Prozent zurück.

Bis 2008 werden die Hersteller 30 bis 40 Prozent ihrer gesamten Datenbankumsätze mit Linux-Produkten erwirtschaften, prognostiziert das Marktforschungs- und Beratungshaus Gartner. Bis dahin sei das quelloffene Betriebssystem reif für echte Produktionsumgebungen, beispielsweise als Plattform für Transaktionsverarbeitung. Unternehmen empfehlen die Berater deshalb, schon jetzt Linux-Know-how aufzubauen.

Quelloffene Datenbanken

Geht es um reine Open-Source-Datenbanken, sind Marktanteile indes schwer messbar, erläutert Gartner-Analyst Donald Feinberg. Die Branchenbeobachter messen traditionell Lizenzumsätze, eine Kenngröße, die bei quelloffenen Programmen per definitionem nicht greift. Die Anzahl aus dem Internet geladener Open-Source- Programme eignet sich laut Feinberg ebenfalls nicht als Anhaltspunkt. Schließlich könne sich jeder Student beliebig vie- le Kopien aus dem Netz ziehen. Lege man als Maßstab die Anzahl der von IT-Abteilungen gepflegten Open-Source-Datenbanken zugrunde, betrage deren weltweiter Anteil schätzungs- weise zwischen fünf und zehn Prozent.

Für den deutschen Markt liegen ebenfalls kaum konkrete Zahlen vor. Im Bereich Web-basierender Datenbankanwendungen könnte quelloffene Software hierzulande einen Anteil von zehn bis 15 Prozent erreicht haben, schätzt Carlo Velten vom Beratungshaus Experton Group, Tendenz steigend. Weil etliche Unternehmen aus Kostengründen bereits auf Oracle-Systeme unter Linux migriert seien, sähen sie kurzfristig keine Notwendigkeit, auf eine alternative Datenbank zu wechseln.