Dataquest-Zahlen: Power-PC-Prozessor bedeutungslos Der europaeische PC-Markt boomt weiter und mit ihm auch die SNI

08.09.1995

MUENCHEN (CW) - Die PC-Hersteller duerfen sich weiter die Haende reiben. Zumindest was die Stueckzahlen abgesetzter Mikros betrifft, haelt die Hausse sowohl am europaeischen, insbesondere aber auch am deutschen Markt weiter an. Die von der Dataquest veroeffentlichten Zahlen zeigen zudem ein fuer Intel hocherfreuliches Ergebnis: Der Konkurrenz-Chip Power-PC auf RISC-Basis ist stueckzahlenmaessig voellig bedeutungslos.

Spitzenreiter in Europa ist weiterhin Compaq mit 458000 verkauften Rechnern im zweiten Quartal 1995. Auf Platz zwei folgt die IBM (313400) vor Apple (193700). Auf Platz vier schon steht Hewlett- Packard (166400). Fast gleichauf liegt die Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI) mit 165000 veraeusserten PCs.

Interessant ist der Durchmarsch von HP und SNI. Beide wurden vor Jahren im PC-Markt eigentlich nicht recht ernst genommen. Die Firma HP konnte dabei in den vergangenen Jahren wenigstens noch auf Testergebnisse verweisen, in denen ihren Geraeten ein hoher qualitativer Standard und Zuverlaessigkeit zugemessen wurde. Nur der Preis stimmte nie. Hier aendert sich allerdings die Denkweise der Leute aus Palo Alto, Kalifornien, erheblich. Wenn die in den USA bereits vertriebenen Consumer-Produkte auch in Europa vertrieben werden, duerfte sich der positive Trend weiter fortsetzen.

Aehnlich die SNI: Mit aggressivem Preisdumping und zunehmend attraktiveren Geraeten - zu denken waere etwa an die Multimedia- Rechner "PD-200" oder die gerade erst auch auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin gezeigten "Scenic"-Systeme - sowie neuen Vertriebskanaelen (Otto, Quelle und diverse Massenmaerkte) druecken die Bayern mit Vehemenz in den PC-Markt.

Enttaeuschend muss die Hitliste fuer Theo Lieven sein: Der Chef von Vobis sieht sich mit stagnierenden Verkaufszahlen konfrontiert. Lediglich 1,1 Prozent betrug der Zuwachs, vergleicht man das zweite Quartal 1995 mit eben dem Zeitraum des Vorjahres. Das Unternehmen aus Wuerselen bei Aachen kann da nur neidisch auf die SNI blicken, die um 105,7 Prozent zulegte.

Auch HP (plus 64,3 Prozent), Dell (plus 58,1 Prozent), AST (plus 50,2 Prozent) und Compaq (plus 36,1 Prozent) machten im abgelaufenen Quartal eine ausgesprochen gute Figur. Die Flaute duerfte Lieven um so mehr aergern, als Deutschlands zweite PC- Ladenkette, Escom, mit satten 46,3 Prozent Stueckzahlensteigerung ebenfalls ordentlich im Wind liegt.

Insgesamt laeuft das Geschaeft bei den PC-Herstellern, wurden doch in Europa im abgelaufenen Vierteljahr 27,6 Prozent mehr Mikros verkauft als zwischen April und Juni 1994. In Deutschland boomt das Geschaeft mit den PCs erst recht: Wurden im zweiten Quartal 1994 rund 590000 Systeme verkauft, waren es im zweiten Vierteljahr 1995 schon 811000. Das entspricht einer Steigerung von 36,4 Prozent. Lediglich die vier skandinavischen Laender Daenemark, Finnland, Norwegen und Schweden weisen auf dem alten Kontinent noch hoehere Zuwaechse auf.

Sehr interessant ist die Dataquest-Erhebung auch, ueberprueft man die Stueckzahlen verkaufter Computer einmal in Hinblick auf die Rechnertypen (vgl. Tabelle): Dataquest unterscheidet zwischen Tischrechnern (Desktops), Laptops, Notebooks, ultraportablen Rechnern und fuer den PC-Server-Markt positionierte Maschinen.

Da mit Desktops nach uebereinstimmender Aussage vieler Hersteller wie Branchenanalysten nicht mehr viel Gewinn zu machen ist, halten sich Firmen wie etwa Compaq an ihre Server: Hier sind zwar bei weitem nicht die Stueckzahlen zu erzielen wie bei den Tischgeraeten. Dafuer stimmen aber die Margen.

Ein Blick auf die Dataquest-Zahlen verraet, dass diese Strategie allerdings auf wackligen Beinen steht: 71 Prozent etwa der gesamten Compaq-PC-Verkaeufe fallen in die Sparte Tischrechner. An saemtlichen verkauften PC-Systemen besitzen Notebooks bei den Texanern immerhin noch einen Anteil von 17,6 Prozent, Ultra- Portables von 6,7 Prozent.

Die fuer den Server-Markt gedachten Maschinen haben hingegen an allen Compaq-PCs nur einen Anteil von 4,6 Prozent. Das duerfte auch ein Hinweis darauf sein, welchen Reibach nicht nur die Eckhard- Pfeiffer-Company mit PCs als Abteilungs-Hosts macht.

Als PC-Server-Lieferanten fallen nach Dataquest nur noch HP, IBM, SNI, Olivetti und DEC ins Gewicht. Das duerfte auch niemanden verwundern, handelt es sich doch wiederum um die Grossen der DV- Branche, die es seit Jahrzehnten gewohnt sind, neben dem reinen Blech auch Service- und Integrations-Dienstleistungen fuer ihre Hardware mitzuliefern.

Werden die Dataquest-Zahlen nach Prozessortypen aufgesplittet, laesst sich feststellen, dass im zweiten Quartal 1995 in Europa schon fast jeder dritte PC (30,3 Prozent) mit einer Pentium-CPU ausgestattet war. Nur 486DX2-Chips (43,1 Prozent) uebertrafen diesen Wert noch. Intels 486DX4-Variante steckte immerhin noch in 10,3 Prozent der insgesamt in Europa verkauften 3,3 Millionen Rechner.

Alle anderen Prozessortypen spielten beim Anwender keine besonders grosse Rolle: Der Power-PC-RISC-Prozessor des Entwickler- Triumvirats AIM (Apple, IBM, Motorola) ist mit einem Marktanteil von 1,8 Prozent (Modell "601") und ein Prozent (Modell "603") bedeutungslos. Kein Wunder auch das: Nennenswerte und in einer Statistik mengenmaessig noch realisierbare Stueckzahlen weist lediglich das Unternehmen Apple auf, das einen grossen Teil seiner Macintosh-Rechner mit der Power-PC-CPU ausliefert.