Nummer eins der weltweiten Bestenliste

Dataquest: Intel laeuft Japans Chip-Herstellern den Rang ab

29.01.1993

Gleich zwei japanische Kontrahenten verwies die Intel Corp., Santa Clara, nach der neuesten Dataquest-Erhebung auf die Plaetze. Waren 1991 noch NEC und Toshiba umsatzstaerker als die Kalifornier gewesen, so konnten beide mit den 92er-Einnahmen des Mikroprozessor-Spezialisten in Hoehe von 5,8 Milliarden Dollar nicht mithalten. Darueber hinaus stieg Intels Marktanteil weltweit auf 7,7 Prozent.

Unverkennbar war denn auch die Genugtuung bei Armin Vogel, Director of Marketing Microcomputer Components bei Intel Europe: "Es ist das erste Mal seit 1984, dass eine US-Company wieder die Spitzenposition bei dieser Schluesseltechnologie einnimmt."

Auch mit der Gewinnausbeute kann die Gesellschaft um President und CEO Andy Grove zufrieden sein. Erstmals machte Intel in einem Geschaeftsjahr mehr als eine Milliarde Dollar Profit: Nach 819 Millionen Dollar im Vorjahr verdienten die Kalifornier 1992 knapp 1,1 Milliarden Dollar. Intels President begruendete das starke Wachstum mit den Absatzerfolgen bei den 486- und 386SL- Prozessoren.

Ein starker Verkauf des 486-Chips bescherte dem Halbleiter- Hersteller aus Santa Clara auch ein gutes Europa-Geschaeft. So konnte Intel Europa den Umsatz gegenueber 1991 um 36 Prozent auf 1,46 Milliarden Dollar erhoehen und steuerte damit rund 25 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Wie die Marktforscher von Dataquest ermittelten, nimmt Intel Europa im europaeischen Halbleiter-Markt nunmehr Platz zwei (Vorjahr Rang fuenf) mit einem Marktanteil von 9,1 Prozent ein. Platz eins belegt mit knappem Vorsprung, naemlich 9,2 Prozent, Philips.

An dem guten Europa-Resultat hatte nicht zuletzt die deutsche Dependance einen entscheidenden Anteil. Die in Feldkirchen bei Muenchen angesiedelte Intel GmbH steigerte 1992 den Umsatz um 48 Prozent auf 849 Millionen Mark und steuerte damit rund ein Drittel zu den europaeischen Einnahmen bei. Laut Geschaeftsfuehrer Joachim Rissmann habe man vor allem davon profitiert, dass der PC-Markt zum Consumer-Markt geworden sei. Die immer preisguenstiger werdenden Geraete forderten von den PC-Anbietern die rasche Einfuehrung neuer Produkte sowie kurze Reaktionszeiten bei Veraenderungen im Kaufverhalten. Dies fuehre dazu, dass die Hersteller weniger in Fernost als vielmehr bei Intel in Muenchen ordern wuerden.

Angesichts des gelungenen Geschaeftsjahres 1992, dessen Verlauf die Kalifornier wie die Deutschen auch optimistisch ins laufende Fiskaljahr schauen laesst, behagte den Intel-Managern Vogel und Rissmann das Thema Flash-Memories weniger. Vor einigen Wochen hatte die Muttergesellschaft in Santa Clara verkuenden muessen, dass sie die neue Serie dieser Speicher-Chips erst in einem Jahr werde ausliefern koennen. Die Verfuegbarkeitsproblematik, gestand Vogel ein, werfe Intel sechs bis neun Monate zurueck.

Probleme mit den Flash-Memories

Darueber hinaus gab er zu, dass man nicht nur den Wettbewerb ueberschaetzte, sondern auch die Nachfrage unterschaetzte. Ausserdem habe man sich auf einen Partner verlassen, der mit dem Produktionsprozess schlichtweg ueberfordert gewesen sei. Die neue Flash-Memory-Serie sollte zu grossen Teilen von der japanischen NMB Semiconductor Co. gefertigt werden, die aber mit dem Herstellungsverfahren nicht klar kam.

Neben Intel hatten auch Motorola und Advanced Micro Devices allen Grund, mit dem Geschaeftsjahr 1992 zufrieden zu sein. So profitierte die in Sunnyvale beheimatete AMD vor allem von einer starken Nachfrage bei den 386-Prozessoren, bei denen die Kalifornier laut Analysten 1992 auf einen Marktanteil von 60 Prozent kamen. Dies bescherte ihnen gegenueber dem Vorjahr einen Umsatzzuwachs von 25 Prozent auf rund 1,5 Milliarden Dollar. Beim Gewinn konnte AMD gleich um 68,6 Prozent zulegen und verdiente nach 145,3 Millionen Dollar im Vorjahr nun 245 Millionen Dollar.

Im laufenden Geschaeftsjahr sind die Aussichten indes weniger rosig. Beim Umsatz erwartet AMD-Chef W.J. Sanders nur einen geringfuegigen Anstieg um fuenf Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar.

Grund: Der Boom der 386-Prozessoren ist vorueber. Schlimmer ist jedoch, dass die Company aus Sunnyvale vorerst mit dem Manko leben muss, keinen 486-Chip zu haben, nachdem man im November 1992 gerichtlich untersagt bekam, Intels 486-Microcode zur Herstellung eigener Prozessoren zu verwenden. Nun muss AMD einen eigenen Code entwickeln und wird vor dem dritten Quartal 1993 im 486er-Geschaeft nicht mitmischen koennen.

Die Motorola Inc. konnte sich vor allem ueber einen Rekordgewinn im vierten Quartal freuen. Gegenueber dem Vorjahresabschnitt kletterten die Profite um 43,6 Prozent von 126 auf 181 Millionen Dollar. Im Gesamtjahr blieb dem Elektronik- und Halbleiter-Konzern aus Schaumburg/Illinois ein neuer Ertragssprung allerdings verwehrt: Durch die Einfuehrung neuer Bilanzierungsrichtlinien sank der Jahresgewinn 1992 von den letztjaehrigen 454 auf 453 Millionen Dollar. Der Gesamtumsatz stieg um 17,7 Prozent von 11,3 auf 13,3 Milliarden Dollar.

In der weltweiten Chip-Szene konnte Motorola laut Dataquest den vierten Rang behaupten. Der Umsatz im Halbleiter-Geschaeft wuchs gegenueber 1991 von 3,8 auf 4,5 Milliarden Dollar. In der europaeischen Bestenliste konnte sich Motorola nach der Erhebung der Dataquest-Analysten von Platz vier auf Rang drei verbessern.