Vergleiche mit George Orwells 1984

Data-Warehousing provoziert Debatte über mehr Datenschutz

24.05.1996

"Das ist eine heikle Angelegenheit, die von der Öffentlichkeit zunehmend kritisch beäugt wird", faßt Rob Edwards, Chief Executive Officer der Australian Direct Marketing Association, die Resonanz auf die Data-Warehouse-Technik auf dem fünften Kontinent zusammen. Die Mitglieder seines Verbandes setzen jährlich rund vier Milliarden US-Dollar um und sehen im Data-Warehouse eine ideale Technik, um noch gezielter auf Kunden zugehen zu können.

In die Schlagzeilen geriet das Data-Warehousing in Australien durch ein Gerichtsverfahren gegen den ehemaligen Marketing-Experten des australischen Versicherungsgiganten AMP. Dem Spezialisten für Direct-Marketing wird aufgrund seiner Datenbankaktivitäten für AMP Betrug vorgeworfen. Die Wellen dieses Prozesses im Bundesstaat North South Wales (NSW) schlagen bis ins dortige Parlament.

Verhaltenskodex der Industrie gefordert

Die Abgeordneten sehen sich gezwungen, auf Befürchtungen von Bürgern zu reagieren, die Data-Warehouse-Techniken zunehmend mit den Überwachungsmethoden des Big Brother aus George Orwells Roman "1984" in Verbindung bringen.

Auf Antrag des Privacy Committee von North South Wales soll jetzt ein Gesetzesvorschlag zur Verbesserung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre verabschiedet werden, der allerdings nur für die öffentliche Hand gilt. Das Komitee fordert zudem Verhandlungen über einen Verhaltenskodex für die Industrie, um den Bürgern die Angst vor der Bedrohung ihrer Privatsphäre zu nehmen. "Wenn die Wirtschaft nicht freiwillig aktiv wird, dann drohen ihr ähnlich strenge Regeln wie den Behörden", warnt Chris Puplick, Vorsitzende des Komitees.

Dagegen wehrt sich Marketing-Lobbyist Edwards. Nach seiner Ansicht haben die Bürger überzogene Vorstellungen davon, welche Informationen über sie gespeichert würden.

Vorsichtiger äußert sich hingegen die mit ihrem Ex-Manager auf der Anklagebank sitzende Versicherung AMP. "Jedes Unternehmen, das mit umfangreichen Datenmengen arbeitet, muß peinlich darauf achten, die Privatsphäre seiner Kunden nicht zu verletzen", bemüht sich AMP-Sprecher Donald Alexander um Schadensbegrenzung. Zu Recht, denn in Australien gilt derzeit bereits der Handel mit Daten als anrüchig. So mußten einige der in dem Prozeß genannten Agenturen für Informationshandel bereits empfindliche Einbußen hinnehmen. "Wir haben nichts getan, was nicht absolut legal wäre", beteuert Margo Fitzgibbon, Chefin von Micro Optic, die AMP mit Daten versorgt hat. Trotzdem sei inzwischen ein wichtiger Investor abgesprungen.

Die Auseinandersetzungen in Australien repräsentieren nur einen kleinen Teil des Konfliktpotentials. Zu den größten Lieferanten von Konsumenten-Informationen für Data-Warehouses gehören insbesondere in den USA nämlich nicht relativ kleine Spezialanbieter, sondern weltweit agierende Kreditkarteninstitute wie American Express, Visa oder Mastercard.