Gastkommentar

Data-Warehouse: Die Diskussion darf nicht am Kunden vorbeigehen

29.03.1996

Ad Voogt, Geschaeftsfuehrer der Cognos GmbH, Frankfurt

Es gibt keinen Zweifel - Data-Warehousing ist in aller Munde. Endlich erreicht ein IT-Thema auch jene Zielgruppen, um die so heftig gebuhlt wird, die aber ihre Skepsis gegenueber der Informationstechnologie nicht loswerden wollen. Denn im Kreise der Topentscheider scheint der Vorbehalt fest verankert, IT sei nichts anderes als ein Millionengrab.

Endlich kommen sie, die Controller, Marketiers und Sales-Manager; selbst Vorstaende und Geschaeftsfuehrer scheinen sich fuer das Thema zu erwaermen. Sie wollen erfahren, wie sie ihre Daten zu Informationen aufwerten, wie sie ihr Wissen effizient nutzen koennen. Vor allem: wie sie sich mit IT fuer den globalen Wettbewerb ruesten. Wie gehen die Data-Warehouse-Anbieter damit um?

Zwei Dinge duerfen nicht passieren. Erstens darf nicht der Eindruck entstehen, die Hersteller zeigten nur des Kaisers neue Kleider. Alles schon dagewesen - angesichts dieser abfaelligen Geste ging bereits manches zarte Pflaenzchen ein. Noch wichtiger aber ist fuer die Anbieter, nicht wieder in ihren Technikerjargon zu verfallen. Fuer die interne Verstaendigung macht er zwar Sinn, bei der Kontaktaufnahme mit dem Management der potentiellen Kunden ist er jedoch kontraproduktiv. Um so mehr, als diese Leute im Moment ganz andere Sorgen haben.

Wo liegt der Reiz des Data- Warehousing? Welche Chancen erkennen Anwender in diesem Konzept? Wenn man den Analysten glaubt, verlockt vor allem die Aussicht, endlich kundenorientiert wirtschaften zu koennen. Permanente Rueckkopplung in der Kundenbeziehung, laufend aktualisierte Information ueber die Kundenwuensche seien nun endlich moeglich, so die Meta Group. Das allein wiegt schon viel, ist aber bei weitem noch nicht alles. Im Data-Warehouse-Konzept erkennen immer mehr Entscheider den eigentlichen Nutzen der Informationstechnologie. IT erleichtert ihnen den Umgang mit Ressourcen und neuen Herausforderungen, zum Teil in atemberaubender Weise. DV-Technik und strukturelles Change-Management koennen eine gewinnbringende Allianz eingehen.

Unternehmen in anderen Laendern liegen weit voraus: Was in den USA und Kanada bereits seit zwei Jahren boomt, erreicht allmaehlich auch unsere Gestade. Erst wenige Anwender haben hierzulande schon Erfahrungen mit Data-Warehousing gesammelt. Zudem verstellt die einseitige Konzentration auf technische Aspekte die unternehmensweite Perspektive fuer das Management. Ausserdem sind die Vorbehalte gegenueber der allenthalben geforderten Abloesung unflexibler Strukturen in Deutschland stark ausgepraegt. In den Niederlanden und auch in Frankreich werden die Themen IT und Change-Management bereits eher gemeinsam diskutiert.

Schneller auf Daten zugreifen, ihre Substanz an Information herausfiltern und auf diese Weise die Akkumulation von Wissen gewaehrleisten - dieser Anforderungskatalog ist die Trumpfkarte des Data-Warehouse-Konzepts. Sich einen Vorsprung im Wettbewerb zu sichern setzt sowohl eine ausgekluegelte IT-Architektur als auch ein elaboriertes Organisationskonzept voraus. Zwei Bedingungen, die untrennbar miteinander verbunden sind. Leider geht die Diskussion auf den derzeit in Deutschland veranstalteten Data- Warehouse-Seminaren weit an diesem Ziel vorbei.

Dabei gibt es einen starken Bedarf an ueberzeugenden Loesungen. Technologisch ist bereits ein beachtliches Niveau erreicht, was das betrifft, brauchen sich Anwender keine Sorgen um ihre Investitionen zu machen. Die werden sich allerdings nur dort in klingender Muenze auszahlen, wo IT zur Triebfeder des unternehmerischen Wandels reifen darf. IT bietet hierzu beste Voraussetzungen, das Stichwort lautet Business Intelligence.

Ein jeder weiss um die Komplexitaet unternehmensweit verteilter Informationsressourcen. Wer zum Beispiel einen Bericht abfassen will, kennt die Tuecken bei der Beschaffung von Informationen zur Genuege. Medienbrueche, inkompatible Systeme - nicht selten muss man sich einer Handkarre bedienen. Hier kann und wird IT die ueberzeugende Alternative sein. Vielleicht mussten wir erst auf Report-Writer und Olap-Tools warten, um die Existenzberechtigung von IT unter Beweis zu stellen?

Wer auch immer mit Zahlen umgehen muss, will seine Analysen und Reports am eigenen PC schreiben und nicht tagelang auf die Expertise eines ueberforderten Controllers warten. Ohne Re- Engineering, flache Hierarchien und bereichsuebergreifende Projektarbeit allerdings wird auch Business-Intelligence-Software keinen Blumentopf gewinnen. Die Schaufenster ins Data-Warehouse sollten auch eine Perspektive auf das Management des Wandels geben. Die Anbieter sollten ihren Vertrauensbonus nicht verspielen. Die Anwender werden mit ihren Tastaturen abstimmen.