COMPUTERWOCHE-Konferenz

Das war der Sourcing Day 2016

07.06.2016
Von Florian Kurzmaier
Den rund 130 Teilnehmern gewährte der Sourcing Day über den Dächern der Domstadt Köln Anfang Juni trotz dichten Nebels einen klaren Durchblick auf die Zukunft des Sourcing.

Am Morgen danach präsentierte sich die Metropole am Rhein im strahlenden Sonnenschein und damit wieder von Ihrer besten Seite. Wenige Stunden zuvor war nach einem langen, intensiven und mit reichlich Programm gespickten Konferenztag der bislang nebeligste Sourcing Day bei einem gemütlichen Kölsch ausgeklungen. Und auch wenn die Glasfassade der 28. Etage keinen Weitblick gewährte, zeigte sich im Laufe des Tages: Für viele der Speaker und Experten gibt es in Zukunft am Thema Sourcing kein Vorbei.

Wie im Vorjahr fand der Sourcing Day 2016 wieder in Köln statt.
Wie im Vorjahr fand der Sourcing Day 2016 wieder in Köln statt.
Foto: Shutterstock.com – S.Borisov

Eigenes IT-Know-how als Trumpf

Bevor es für die Teilnehmer allerdings in Keynotes und Workshops um erfolgreiche Sourcing-Strategien ging, gehörte die Bühne Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Sie eröffnete die Konferenz, indem sie die Bedeutung digitaler Technologien und Infrastrukturen für ihre Kommune herausarbeitete. Dazu gehört es für die Politikerin auch, eng mit "den Jungen", den Digital Natives , zusammenzuarbeiten und Chancen für Dialog und Austausch zu nutzen. Reker, die seit dem vergangenen Oktober die Geschicke Kölns lenkt, hatte ihren Wahlkampf aus einem Kölner Coworking-Space heraus organisiert und plant, einen digitalen Hub in Köln zu installieren.

Wie wichtig die Entwicklung junger Menschen für den Aufbau von Know-how in der eigenen Organisation ist, unterstrich auch der Geschäftsführer der Rewe-IT-Tochter Rewe Systems, Jens Siebenhaar, in seinem Eröffnungsvortrag. Nicht zuletzt deswegen setzt die IT des größten deutschen Händlers vor allem auf die eigene Wertschöpfungstiefe. Und die kann sich sehen lassen: Mit knapp 1000 Mitarbeitern stemmt Rewe Systems die IT-Infrastruktur für die 330.000 Angestellten an den 15.000 Standorten von Rewe.

Mit den eigenen Mitarbeitern lasse sich Komplexität und Heterogenität besser managen, sagte Siebenhaar. Dieses Plädoyer für das Selbermachen und das Vertrauen in die eigene Mannschaft hindert Rewe allerdings nicht daran auch outzusourcen. Gerade bei Bereichen wie Call-Center-Dienstleistungen ist man durchaus bereit zur innereuropäischen Auslagerung. In Bereichen, in denen sich die Rewe-IT differenzieren will, wird aber konsequent selbst entwickelt. "Ich will keine Abhängigkeit von Release-Wechseln", stellt Siebenhaar unmissverständlich klar.

Workshops: Wichtige Querschnitte aus der Sourcing-Prozesskette

Den Kern des Sourcing Day markierten auch 2016 wieder die Workshops. Diesmal konnten die Teilnehmer aus acht Themenblöcken wählen, die eine große Bandbreite der Fragestellungen rund um das Sourcing abdecken, und gemeinsam mit unseren Themenpaten diskutieren. Der inhaltliche Bogen war dabei gespannt von den wichtigsten rechtlichen Fragestellungen rund um die Vertragsgestaltung, über wichtige externe Einflüsse wie die digitale Transformation bis hin zu klassischen Fragestellungen rund um Business Process Outsourcing oder Providermanagement. So bot der Sourcing Day den Teilnehmern für viele entscheidende Schritte der Sourcing-Prozesskette reichhaltigen Diskussionsstoff.

Beispiel Bi-modale IT: Wie sollten Unternehmen die Anforderungen einer bi-modalen IT organisatorisch abbilden - vor allem mit Blick auf die eigenen Sourcing-Strategien? Kontrovers bewerteten die Teilnehmer vor allem die Strategie, die unterschiedlichen Geschwindigkeiten organisatorisch zu trennen - beispielsweise durch den Aufbau einer "Digitalen Einheit". "Wir haben uns bei einem Projekt für diese Zweiteilung entschieden. Sie hat sich aber nicht bewährt, weshalb wir sie wieder rückgängig machten", berichtete einer der Teilnehmer. Als eine Art "Inkubator für innovative Ideen und deren Umsetzung" sei diese Zweiteilung zwar nützlich. Doch einer der Hauptgründe, weshalb sich viele der anwesenden CIOs und IT-Leiter gegen diese Zweiteilung aussprachen, ist die Tatsache, dass an irgendeiner Stelle die "neue, hochdynamische IT auch wieder mit der alten IT integriert werden muss". Sinnvoller sei es, die bi-modale IT als Architektur-Prinzip zu verstehen.

Die Steuerung der Provider war ein weiteres zentrales Outsourcing-Thema, mit dem sich die CIOs in einem eigenen Workshop intensiv auseinandersetzten. Die Diskussion förderte wesentliche Erfolgsfaktoren dafür zutage: Aus Sicht der CIOs sollten die Bereiche, in denen das Unternehmen flexibel sein muss, in der internen Verantwortung bleiben. Zweitens müsse "der Puffer zwischen dem externen Provider und den Usern durch die unternehmensinterne IT gleistet werden", wie Andreas Beeres, CIO von Schott betonte. Er riet outsourcing-interessierten CIOs außerdem dringend, zuerst ihre interne Organisation outsorucing-fähig aufzusetzen, ehe erste Aufgaben ausgelagert werden. Der Aufwand für diese vorbereitendenden Maßnahmen sei nicht zu unterschätzen, da sich dieser Prozess schnell über mehrere Jahre hinweg erstrecken könne.

Sourcing-Verträge sind oftmals die große Unbekannte

Nach dem langen, dafür aber umso erkenntnisreicheren Workshop-Block gehörte die Bühne Matthias Moritz. Der CIO des katalanischen Pharmakonzerns Almirall brachte den Teilnehmern des Sourcing Day eine kleine Geschichte mit. Die Überschrift: "Von einem der outsourcte, und das Fürchten lernte." Wer allerdings hinter dem Vortragstitel eine Generalabrechung mit all den Sourcing-Partnern aus der professionellen Laufbahn des ehemaligen CIO der Bayer Healthcare erwartet hatte, wurde überrascht . Vielmehr ging es darum, entlang der zunächst banal klingenden W-Fragen Warum-Was-Wer-Wie-Wo das Verständnis der Teilnehmer dafür zu schärfen, dass man Sourcing-Entscheidungen kontinuierlich hinterfragen muss. So fand Moritz, bei seinem Start bei der Almirall einen Sourcing-Vertrag vor, den vermutlich weder der Lieferant, noch der Kunde gelesen hatten. "Man muss sich bei jedem Outsourcing erst mal überlegen, was man outsourct und mit wem man es outsourct. Aber auch der Outsourcer muss sagen, ob er es kann oder nicht. Ich muss ganz genau analysieren, auf was ich mich einlasse", sagt Moritz. Bei der Analyse helfen dabei einfache Fragen: Warum will ich eigentlich outsourcen? Was muss im Vertrag stehen und was steht tatsächlich drin? Wer trägt die Konsequenzen? Wie wird der Vertrag geändert? Wo ist die gültige Version des Vertrags?

Parallel zur Neuaufstellung der Almirall-IT konnte Moritz durch konsequentes und nachhaltiges Kommunizieren mit dem Partner nicht nur erreichen, dass das Erwartungsmanagement zwischen den Partnern auf realistischeren Säulen lagert. Vielmehr konnte der Leistungsumfang bei sinkenden Kosten erhöht werden. "Es ist mit Sourcing-Partnerschaften wie in einer Ehe: In guten Zeiten genießt man zusammen, in schlechten Zeiten leidet man zusammen", fasst Moritz seine Grundhaltung gegenüber seinem Sourcing-Partner zusammen. "Das heißt, wenn es einer Firma, die outgesourct hat schlecht geht, sollte der Outsourcer auch seinen Anteil am Leid haben. Wenn es dagegen gut läuft, soll es auch dem Outsourcer gut gehen."

Und so geht es weiter

Unter dem Strich - das hat auch die vierte Auflage des Sourcing Day gezeigt - sind die Potentiale, die die verschiedenen Sourcing-Ansätze mit sich bringen, noch lange nicht ausgeschöpft. Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Studie "Sourcing 2016" der IDG Research Services wieder: So geben sechs von zehn Befragten an, dass sie ihre eigenen Outsourcing-Opportunities nur zu maximal 40 Prozent nutzen. In unserem Shop können Sie den Studien-Berichtsband bestellen.

Für CIOs geht es im COMPUTERWOCHE-Eventkalender im November weiter: Am 10. November 2016 werden die CIOs des Jahres 2016 im Bayerischen Hof in München gekürt, vom 23. bis 25. November 2016 geht es dann mit beyond weiter. Gemeinsam mit CIOs und CMOs werden wir bei beyond mit Blick auf die Customer Journey im Zeichen der Digitalisierung das Zusammenspiel von IT und Marketing diskutieren.