Reizthema

Das ungeliebte Kind E-Mail-Archivierung

23.05.2006
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen gelten schon seit dem 1. Januar 2002. In diesen schreibt das BMF Unternehmen verpflichtend vor, dass sie sämtliche steuerrelevanten Daten maschinell auswertbar zur Verfügung stellen können müssen. Das betrifft nicht nur die Einsicht in Aufzeichnungen, Geschäftsbücher und sonstige Geschäftspapiere. Sämtliche steuerlich relevanten und digital erzeugten Unternehmensdaten sind hierin inbegriffen - und eben auch steuerrelevante E-Mails. Schätzungen gehen davon aus, dass heutzutage E-Mails bei mittelständischen Unternehmen und Konzernen 60 bis 70 Prozent der gesamten Kommunikation ausmachen.

Juristischer Blindflug

In dieser gesetzlich grundierten Verpflichtung der Unternehmen zur lückenlosen Datenvorhaltung und Speicherung von E-Mails samt deren Anhängen, die zudem schnell recherchierbar sein müssen, dürfte auch ein wesentlicher Grund dafür liegen, warum sich die meisten deutschen Firmen zu diesem Thema nicht öffentlich, sondern nur anonym äußern wollen. Viele haben nämlich noch nicht einmal klare Regeln für ihre Mitarbeiter etwa in Betriebsvereinbarungen oder sonstigen arbeitsvertraglichen Festschreibungen formuliert, geschweige denn, dass sie die gesetzlichen Vorgaben mit IT-Mitteln umgesetzt hätten. Deutsche Unternehmen befinden sich in Sachen E-Mail-Archivierung also in einem juristischen Blindflug.

Jobst Eckardt, Senior Berater bei der Unternehmensberatung Zöller & Partner GmbH aus Sulzbach im Taunus, kann das bestätigen: "Es gibt derzeit viele Unternehmen, die über entsprechende Regeln nachdenken." Der Spezialist unter anderem für das Thema E-Mail-Archivierung fährt fort, seiner Firma seien keine Unternehmen bekannt, die den Mitarbeitern vorgeben, "welche Mails entweder GDPdU- oder nur GOB-konform (= Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung, Anm.d.Red.), welche nach anderen Vorschriften und welche gar nicht aufbewahrungspflichtig sind."

Archivierungsdauer

Nach den Paragrafen 257 IV HGB sowie 147 III AO müssen

  • Buchführungsunterlagen, Jahresabschlüsse, Buchungsbelege etc. zehn Jahre lang aufbewahrt werden;

  • Handelsbriefe und sonstige Unterlagen gemäß der AO, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, sechs Jahre gespeichert werden.