"Quantum of the Seas" - eine Reportage

Das total vernetzte Kreuzfahrtschiff

18.04.2015
Von Nick Barber und
Dietmar Müller ist freier Journalist in München.
Die "Quantum of the Seas" von Royal Carribean kreuzt als schwimmendes High-Tech-Paradies in der Karibik. IDG-Reporter Nick Barber hat das neue Luxus-Schiff besucht.

Als ich für das Boarding die Gangway zur technisch hochgerüsteten Quantum of the Seas von Royal Caribbean hochlief, musste ich staunen. Jenseits des Hafens lag Manhattan - mit seinen 348 Metern ist das neue Schiff fast so groß wie das Empire State Building. Aber das war es nicht, was meinen inneren Hightech-Geek zum Sabbern brachte.

Während die meisten Passagiere die Menü-Optionen in Augenschein nahmen habe ich die Geschwindigkeit des Wi-Fi gecheckt und jede Menge andere technische Spielereien ausgetestet, mit denen das Unternehmen seinen Passagiere die Reise angenehmer machen möchte - inklusive Roboterkellnern und virtuelle Unterwasserwelten.

Die Quantum of the Seas wurde als smartes Schiff konzipiert, es wird bis Mitte kommenden Jahres Reisen vom New Yorker Hafen aus (genau genommen von Cape Liberty in Bayonne, New Jersey, aus) in die Karibik unternehmen. Danach wird es sich zu seinem neuen Heimathafen in Shanghai aufmachen. Als eingeladener Tech-Reporter war ich wild entschlossen, die paar Tage an Bord eine tendenziell skeptische Haltung einzunehmen. Doch die Fülle an futuristischen Dienstleistungen brachte mich dazu, ein cooles Gadget nach dem anderen zu bewundern.

Sehen Sie sich die Quantum of the Seas und ihre Roboter selbst an:

Satelliten-Wi-Fi

Das Wi-Fi auf der Quantum kommt von Satelliten, wobei der letzte erst im Juli in den Orbit geschossen worden war. Die "Allure of the Sea" von Royal Caribbean war das erste Schiff, das diese Art von WLAN nutzte, und zwar noch vier Wochen vor der Quantum.

Am ersten Morgen auf See, als wir gerade mal etwa 100 Meilen von der Ostküste entfernt waren, standen mir 4,65 Megabit pro Sekunde für den Download und 4,03 Megabit pro Sekunde für den Upload zur Verfügung. Alle Angaben per speedtest.net. Später am Tag war es 3,85 Megabit pro Sekunde down und 0,85 Megabit pro Sekunde up. Während des zweiten Tests konnte ich immer noch High-Definition-Video von Netflix und YouTube streamen.

Der Geschwindigkeitstest an Board zeigt: Es funktioniert!
Der Geschwindigkeitstest an Board zeigt: Es funktioniert!
Foto: IDG News Service

Passagiere können unter drei Wi-Fi-Optionen wählen, die Stunde für 20 Dollar, einen ganzen Tag für 40 Dollar oder aber die komplette Reise für 160 Dollar (sieben Nächte). Sie erhalten dafür das Premium-Paket mit einer durchschnittlichen Leistung. Das reicht für das Versenden von Fotos, zum Surfen und für handelsübliche Video-Streams.

Premium-Ausstattung

Während unserer Tests bekamen wir Zugang zu den Top-Tier- beziehungsweise Premium plus-Services. Überhaupt erhielten auf dieser Reise alle Passagiere die Möglichkeit, kostenlos aufs Netz zuzugreifen. Solange wir im Hafen lagen, schien es Probleme mit dem Wi-Fi zu geben - es war schwierig, eine Verbindung herstellen, und wenn eine bestand, dann war sie sehr langsam und brach immer wieder ab. Diese Probleme verschwanden aber, sobald wir in See gestochen waren.

"Wir können leider nur etwa zwei Drittel unserer gesamten Kapazität nutzen, die bei 600 Megabit liegt", erklärte uns Bill Martin, CIO der Royal Caribbean Cruises Ltd.

Weiter berichtete er, dass aufgrund der hohen Kapazität auf eine künstliche Verknappung der Zugänge durch hohe Preise verzichtet werden kann. Gleichzeitig erwartet er aber nicht, dass der Service große Profite abwerfen wird. Laut Carloa Mengolini, verantwortlich für die Umsätze an Bord, trägt das Wi-Fi gerade einmal vier Prozent zum Gesamtumsatz bei. Auf Essen und Getränke entfallen dagegen rund 30 Prozent.

Martin erklärte, dass andere Schiffe bis zu 75 Cent pro Minute für die Internet-Verbindung verlangen, die wesentlich langsamer als die der Quantum ist.

RFID und Gepäck-Tracking

"Wir verlieren keine Taschen, aber unsere Passagiere glauben das", scherzte Richard Fain, Chairman und CEO von Royal Caribbean Cruises.

Sobald die Passagiere das Schiff betreten, geben sie beim Check-in ihre Gepäckstück ab und erhalten daraufhin einen RFID-Transponder. Dank der Royal IQ Smartphone-App von Royal Caribbean können sie ihre Tasche auf ihrem Weg in die Kabine verfolgen. Diese werden laut Fain übrigens nicht unmittelbar zugestellt, dank der App können sich die Passagiere aber die Wartezeit an Bord vertreiben, bis sie eine entsprechende Nachricht über das Ankommen des Gepäcks in ihrer Kabine erhalten. Für diese Test-Reise wurden wir gebeten, nicht mehr Zeug an Bord zu schleppen als wir tragen können. Da es diesmal keinen Zustell-Service gab, konnten wir auch die App mit ihrer Tracking-Technologie nicht testen. Das war echt schade, weil meine Video-Ausrüstung die Sache nicht gerade erleichterte.

Auf dem Schiff wird bargeldlos mit RFID-Armbändern bezahlt und auch Kabinentüren werden so geöffnet, und beim obligatorischen Feueralarm, den jeder vor der Reise mitmachen musste, wird damit die Anwesenheit an speziell für den Katastrophenfalls vorgesehenen Plätzen überprüft. Diese Informationen werden in Echtzeit an die Brücke gesendet, so dass der Kapitän den Status einer Evakuierung überwachen kann.

Virtuelle Balkone

Von den 2.090 Kabinen an Bord sind rund 400 Innenräume, die keine Aussicht auf den Ozean haben. Die Passagiere können die gerade durchkreuzte See aber auf einem virtuellen Balkon verfolgen. Auf der Brücke des Schiffes sind zwei Red Epic-Kameras für 20.000 Dollar installiert, die die Umgebung mit einer Auflösung von 5K erfassen. Die Bilder werden innerhalb weniger Millisekunden zu einem 80-Zoll-high-Definition-Display an der Wand der Gästekabine übertragen.

Dank 5K-Kameras auf der Brücke können auch Passagiere in den innenliegenden Kabinen den Meerblick genießen.
Dank 5K-Kameras auf der Brücke können auch Passagiere in den innenliegenden Kabinen den Meerblick genießen.
Foto: IDG News Service

"Wir nutzen High-Speed-Verbindungen, weil sonst das Bild nicht zu den gefühlten Bewegungen des Schiffes beziehungsweise des Wassers passen und Sie sonst eventuell seekrank werden", so Martin.

Martin erklärt weiter, dass die virtuellen Balkone nicht für andere Inhalte verwendet werden. Gäste können sie an- und ausschalten und die Lautstärke regeln, aber kein Fußballspiel sehen, auch werden sie nicht für Informationen von der Brücke oder so verwendet. "Sobald sie etwas anderes damit tun, verflüchtigt sich die Illusion eines Balkons", so Martin.

Roboter als Barkeeper

Zwei Roboter auf dem Schiff rühren, schütteln und mixen in der Bionic-Bar über Tausend Drinks am Tag. Inmitten einer der am meisten strapazierten Bereiche des Schiffes erstellen die zwei Kuka-Roboter Cocktails auf Basis der Kreationen, die sich die Passagiere selbst mittels einer App zusammengestellt haben. Natürlich können sie auch aus dem Menü Cocktails auswählen, bezahlt wird in jedem Fall mit dem RFID-Armband. Nach der Bestellung wirbeln die Roboter herum und zapfen aus 30 verschiedenen Hochprozentigem und 21 Mixgetränken das Gewünschte. Etwa 60 Sekunden später wird das Getränk auf einem kleinen Fließband geliefert.

Für den richtigen Cocktail-Mix zeichnen zwei Kuka-Roboter verantwortlich.
Für den richtigen Cocktail-Mix zeichnen zwei Kuka-Roboter verantwortlich.
Foto: IDG News Service

Der Ursprung des Projektes hat nichts zu tun mit Royal Caribbean: "Es war eine Anfrage der Jungs von Google, die auf e/a-Konferenz im Mai zeigen wollten, wie neuen Technologie unsere Art zu leben verändert", so Michael Lewis, Entwickler bei Makr Shakr, das die Roboter mitkonzipiert hat.

"Die Bionic-Bar sorgt nicht für eine Reduzierung des Personals", berichtet Richard Fain. "Es ist eigentlich sogar mehr Arbeit." So braucht es zwei Extra-Barkeeper, um den Passagieren die Funktionsweise der App zu erklären und bei Fragen parat zu stehen.

Die Roboter sind so kalibriert, das sie millimetergenau die Getränke und Mixer anzusteuern können. Neben Drinks liefern die Roboter auch Statistiken darüber, welche Cocktails gerade am beliebtesten sind. Während der Reise war es derLong Island Iced Tea mit Schuss.

Das Schwesterschiff Anthem of the Seas ist eine virtuelle Kopie der Quantum und wird ab dem kommenden Jahr vom englischen Southampton aus ins Mittelmeer kreuzen. (sh)