Das Thema "DV-Verträge" wird verdrängt

01.12.1978

Daß bei jedem Geschäft die Vertragspartner versuchen, ihre persönlichen Vostellungen schriftlich zu fixieren und durchzusetzen - dies ist eine Binsenweisheit und so liefern Praxisbeispiele wie die aktuelle CW-Serie "DV-Verträge" meist nur grobe Richtlinien. Überraschend war für die Redaktion aber dennoch das Ergebnis dieser Umfrage, ob bei Hardware- oder Software-Investionen auf die BVB (Besondere Vertragsbedingungen des Bundes) für "Beschaffungsakte" zurückgegriffen wird: Offensichtlich nein, ganz im Gegenteil - die BVB-Richtlinien sind vielen Anwendern gar nicht bekannt. Sicherlich spielen persönliche Beziehungen zwischen Lieferanten und Abnehmer bei der extensiven Auslegung von Normverträgen einen gewisse Rolle. Aber immerhin stärken die BVB die Rolle des Anwenders als Abnehmer und immerhin beinhalten die BVB wie andere Normverträge das, was im Rechtsverkehr als "herrschende Meinung" bezeichnet wird. Dies erspart im Streitfall (und Verträge werden nur für strittige Situationen geschrieben) viel und kostspielige Auslegungsdiskussion.

Eine Erklärung könnte es dafür geben, daß das Thema "DV-Verträge" verdrängt wird: "Wir haben noch nie einen Prozeß um Vertragsinhalte geführt", steht ein Anwenderzitat stellvertretend für viele. hö.

Hermann Engstler

Leiter der EDV und Organisation, P & S Warenvertriebsgesellschaft mbH, Kiel

Logischerweise versucht man als EDV-Chef bei Abschluß eines Vertrages über die Beschaffung neuer Hardware oder Software, so weit wie möglich, eigene Vorstellungen durchzusetzen. Bei IBM ist das praktisch unmöglich. Entweder man nimmt das Gerät zu ihren Bedingungen oder man läßt es bleiben.

Besondere Bedingungen, die man immer versuchen wird durchzusetzen, betreffen zum Beispiel den Preis. Hier kann man manchmal mit den Anbietern handeln, auch wenn das jeweilige Unternehmen nicht unbedingt zu den Großabnehmern zählt. Oft vor allem dann, wenn der Hersteller an einer Pilotinstallation für ein bestimmtes Anwendungsgebiet interessiert ist, oder wenn Referenzkunden gesucht werden.

Wir versuchen auch Nebenkosten, wie etwa für Installationsaufwendungen, zu reduzieren beziehungsweise Sonderkonditionen, für die Unterstützungsphase, zu vereinbaren. Gerade über die zu leistende Unterstützung konnte man bis vor kurzem sogar noch mit dem Marktführer "reden". Allerdings habe ich festgestellt, daß die Geschäfte in der letzten Zeit immer härter werden und Anbieter - egal ob Hard- oder Software - nur noch ungern spezielle Vertragsbedingungen akzeptieren. Grund dafür ist sicherlich der Hardware-Preisverfall der letzten Jahre und der damit zunehmende Konkurrenzdruck. Viele Anbieter müssen bereits so scharf kalkulieren, daß ihnen wenig Spanne für Sonderkonditionen bleibt, wenn sie überleben wollen.

Um mich bei Vertragsabschluß rechtlich abzusichern, verwende ich einen Passus, der besagt, daß ich bei eventuellen Sonderkonditionen Stillschweigen gegenüber anderen bewahre.

Bei Beschaffung von Software lassen sich eigene Vorstellungen leichter durchsetzen. Hier versuche ich, Rahmenleistungen für ein Paket zum Beispiel, die ich für allgemein gültig und wichtig halte, ohne Zusatzkosten mitgeliefert zu bekommen. Besonders achte ich darauf, daß ich keine Software kaufe, wenn ich nicht sicher weiß, daß bei eventuellen gesetzlichen Veränderungen diese - möglichst kostenlos - in das Software-Paket aufgenommen werden.

Hierbei ist wichtig, daß auch für Software ein Wartungsabkommen getroffen wird, in dem dieser Passus aufgenommen wird.

Gerade für den undurchsichtigen Software-Markt wären allgemeingültige Rahmenbedingungen des Bundes für die Vertragsgestaltung zu begrüßen, auf die man sich bei Schwierigkeiten immer wieder bei rufen kann.

Wolfgang Koppmeyer

Leiter der EDV und Organisation, Schubert & Saltzer AG, Ingolstadt

In unserem Haus wird praktisch ständig nach neuer Hard- und Software auf dem Markt gesucht. Um Software auszuwählen, verwenden wir zu etwa 50 bis 60 Prozent den ISIS-Katalog. Dort finden wir meist zwei oder drei Unternehmen, die Projekte realisieren, wie wir sie gerade in Angriff nehmen wollen. Zudem treffen wir uns regelmäßig im Rahmen des VDMA in einem Großdatenverarbeitungsanwenderkreis und tauschen hier sehr intensiv Software- und Hardware-Erfahrungen aus. Hat man auf diese

Art und Weise ein Unternehmen zur Lösung der Probleme gefunden, werden Verträge formuliert - und zwar nach unseren Vorstellungen. Das beginnt bei der Festlegung des Preises: Wenn wir nach Durchsicht des Informationsmaterials der Meinung sind, daß zum Beispiel ein bestimmtes Soft-Werkzeug zu teuer ist, beginnen wir zu handeln.

Einzelne Konditionen werden zudem darüber ausgehandelt, wann ein Spezialist des Anbieters zu welchen Zeiten bei uns zur Unterstützung bereit steht. Hier gibt es oft die unterschiedlichsten Definitionen: Oftmals arbeiten diese Mitarbeiter von etwa 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr und berechnen die Leistung als einen Arbeitstag. Jeder dieser Punkte wird einzeln ausgehandelt, weil wir nicht immer nur gute Erfahrungen gemacht haben.

Wir legen zudem Wert auf sofortiges Rücktrittsrecht, wenn eine Lösung nicht in einer bestimmten Zeit zum Laufen kommt -, und zwar ohne weitere Zahlungen oder sonstige Schwierigkeiten.

Jedes Detail der Vertragsverhandlungen wird protokolliert und vom Vertragspartner unterzeichnet. Bestellt gekauft oder gemietet wird dann über die Abteilung Einkauf.

Firmen und Unternehmen, die wir nicht exakt einschätzen können, erhalten erst einen "Probeauftrag" mit kleinem Umfang. Hierbei kann man sehr schnell feststellen, welches Potential hinter dem Unternehmen steht. Denn nicht jeder, der gut reden kann, hat auch das erforderliche DV-Niveau. Auch wir sind in den letzten Jahren einige Male "hineingefallen", vor allem bei der Programmierung.

Hardware zu beschaffen, ist wesentlich einfacher. Wir suchen uns aus drei bis vier fast identischen Angeboten das heraus, welches vom Preis her am günstigsten erscheint. Wichtig ist auch, daß der Wartungsdienst einwandfrei funktioniert, und zwar innerhalb von ein bis zwei Stunden. Solche Verträge kann man meiner Ansicht nicht standardisieren, wie etwa im Rahmen der "Besonderen Vertragsbedingungen des Bundes (BVB)", da jeder Hardware-Lieferant davon profitiert, wenn ein so großes Unternehmen wie wir es sind, seine Geräte einsetzt und er es als Referenz vorzuweisen hat.

Wir gehen sogar so weit, daß wir uns Systeme für zwei bis drei Monate probeweise ins Haus bringen lassen, Hierbei kann man sehr schnell erkennen, ob man es mit einem soliden Partner zu tun hat.

Gerade kürzlich waren wir gezwungen, unsere 3270-Bildschirme von der IBM durch Systeme eines anderen, zuverlässigen Herstellers auszutauschen.

Dabei habe ich mich fast zwei Monate lang auf dem Markt umgesehen und bin viel gereist, um mir ähnliche Anwendungen bei Kollegen anzusehen. All die Schwächen und Stärken die mir dabei bekannt wurden, sind selbstverständlich detailliert in den Vertrag mit dem neuen Partner aufgenommen worden.

Wichtig ist auch - gerade beim Einsatz von Mixed Hardware -eine Tür zum Rückzug aufzulassen, etwa durch den Passus: " . . .wen unzumutbare Schwierigkeiten im Rechenzentrum auftreten . . ." .

Hierbei ist genau zu spezifizieren, was der Anwender unter "unzumutbaren Schwierigkeiten" versteht. Etwa wenn ein Gerät mehr als zwei Stunden pro Woche ausfällt. Oder wenn sich Technologien ändern. Dieser Passus ist auch wichtig beim Vertragsabschluß mit IBM. Ansonsten kann man sich auf die großen Computerhersteller und deren Verträge, an denen es ja nichts auszuhandeln gibt, hundertprozentig verlassen.

Kurt Geiser

Leiter der EDV Bremer Lagerhausgesellschaft, Bremen

Da wir im Bereich der Hardware hauptsächlich IBM-Kunde sind, akzeptieren wir natürlich die IBM-Bedingungen, hatten aber - und das muß erwähnt werden - nie Probleme. Auch im Falle einer Kündigung bestimmter installierter Geräte entstanden uns keinerlei Schwierigkeiten, nachdem IBM auch die Möglichkeit einer monatlichen Kündigung geschaffen hat. In der Regel weiß doch jeder EDV-Chef mindestens einen Monat vorher, ob bestimmte Geräte ausgetauscht oder zurückgegeben werden sollen. Zwar gibt es beim Hardware-Preis keine Sonderregelungen, wurde jedoch ein System gekündigt und es wird erforderlich, daß das Gerät noch etwa 14 Tage nach Ablauf der Kündigungszeit im Unternehmen verbleibt, erweist sich der Marktführer doch als Vertragspartner, mit dem man reden kann. Nicht ohne Bedeutung ist meines Erachtens hierbei das gute Verhältnis zum zuständigen Vertriebsbeauftragten und der Geschäftsstelle.

Bei Investitionen im Bereich der Software allerdings prüfen wir sehr genau, bevor wir Verträge unterschreiben. Nicht immer kann man sich auf die vom Anbieter vorgelegten Schriftstücke verlassen. Besonderen Wert legen wir hierbei auf eine genaue Definition der Kündigungsfristen. Die Gewährleistungen im Vertrag kann man zumeist nicht ändern, die sind bei fast allen Herstellern einheitlich. Eine Testinstallation verlangen wir fast immer, denn hierbei gehe ich davon aus, daß der Vertragspartner, will er mir etwas verkaufen, sich auch in gewisser Weise nach mir richten muß.

Prozessiert haben wir noch nie mit einem Anbieter - egal ob Hardware oder Software. Alle bei uns installierten Systeme wurden zu den Bedingungen geliefert, die wir verabschiedet und unterschrieben hatten.