Das Smartphone verändert die Geschäftssoftware

15.06.2009
Anwender von Geräten wie iPhone oder Blackberry wollen Business-Software mobil nutzen können. Doch nicht jede Applikation eignet sich dafür.

Nutzer von mobilen Geräten sind verwöhnt. Leicht zu bedienende Smartphones wie das "iPhone" oder der "Blackberry", aber auch Geräte mit Symbian- und Windows-Mobile-Basissoftware wecken die Erwartung, dass auch Geschäftsanwendungen auf den schlauen Telefonen zur Verfügung stehen. Vertriebsleute zählten mit zu den Ersten, die den populären Begleiter von Apple und Co. für ihre tägliche Arbeit nutzten. Entsprechende Programme auf dem Handy vorausgesetzt, können sie von unterwegs Kundeninformationen abrufen und Vertriebsprojekte verfolgen. Die Daten stammen von einem CRM-System (CRM = Customer-Relationship-Management) ihres Arbeitgebers.

Beliebt sind die tragbaren Geräte nicht zuletzt deshalb, weil deren Nutzer für viele Tätigkeiten auf ein Notebook verzichten können. Idealerweise ist der Handy-gestützte CRM-Client in der Lage, beim Anruf eines Kunden dessen Bestellhistorie, Auftragsstatus und offene Posten auf dem Display anzuzeigen.

Mobiler Außendienst

"Der Vorteil besteht darin, dass Kundendaten, Angebote und Servicetickets, die sonst nur im Unternehmen oder über eine Web-Applikation am Laptop verfügbar waren, nun relativ einfach mobil mitgetragen werden können", erläutert Stephan Bauriedel, Unternehmensberater und CRM-Experte aus Berlin. Die mobile Verbindung muss dabei keine Einbahnstraße sein: Ist die Lösung entsprechend ausgestattet, kann der Innendienst einer Firma Mitteilungen an die mobilen Außendienstler schicken. Letztere können sich zudem untereinander verständigen, statt zu warten, bis sie sich im Büro treffen.

Hersteller von CRM-Software wie etwa Update Software aus Wien bieten schon seit einiger Zeit mobile Lösungen an. Beispielsweise stehen Außendienstmitarbeitern der Pharmaindustrie mit "Update.seven PDA" für ihre Besuche beim Arzt spezifische CRM-Funktionen am tragbaren Gerät zur Verfügung. Dazu zählt eine Eingabemaske, um Besuchsberichte abzufassen und der Zentrale zu übermitteln.

Wegen der Popularität des iPhone von Apple hat Update Software eine Browser-gestützte Anwendung ("Update.seven Touch") entwickelt. Künftig soll es eine generische Online-Funktion für Mobiletelefone geben, die ebenfalls über eine Touch-Oberfläche verfügen.

Geschäftsprozesse

Nicht nur im Verkauf halten mobile Lösungen Einzug. Zu den weiteren Anwendungsbereichen zählen unter anderem:

  • mobile Datenerfassung in der Instandhaltung;

  • mobile Auftragserfassung und Terminermittlung beim Kunden;

  • Außendienst im Handel: Warenbestände erfassen, Bestellungen an die Zentrale melden;

  • mobiles Ersatzteilwesen;

  • mobiles Projekt-Management: Projektmitarbeiter können Arbeitszeiten am Smartphone erfassen, Projektstati abrufen und Abläufe verfolgen und

  • mobile Kommissionierung im Lager: Dem PDA werden die Auftragsposten übermittelt, so dass der Nutzer weiß, was auf die Palette muss.

Allerdings funktionieren mobile Anwendungen nur, wenn geeignete Schnittstellen zwischen dem Smartphone beziehungsweise dessen Betriebssystem sowie der Geschäftsapplikation existieren. Anbieter von Geschäftsanwendungen entwickeln Zugriffstechnik, die meist bestimmte Funktionen für den mobilen Zugriff zugänglich machen soll. Teilweise stammen die Entwicklungen von den Softwarepartnern dieser Hersteller.

Middleware als Vermittler

Wenn die Software den mobilen Zugang nicht oder nur ungenügend beherrscht, bleibt dem Anwender oft nichts anderes übrig, als eine individuelle Lösung bauen zu lassen. Kundenspezifisch sind solche Funktionen ohnehin oft: Meist will der Außendienst ja nicht nur auf die Kundendatenbank zugreifen, sondern auch auf ein Bestellsystem für Ersatzteile. Wenn mehrere Geschäftsapplikationen für den mobilen Anwendungszugriff vorzubereiten sind, müssen Firmen mitunter auf mobile Middleware zurückgreifen. Solche Plattformen können verschiedene Geschäftsapplikationen, Kundendatenbanken oder sonstige Software mit den mobilen Geräten verbinden.

Standardplattformen

Einige große Softwarehäuser entwickeln nun Standard-Middleware, die es den Unternehmen erleichtern soll, mobile Anwender zu unterstützen. Beispielsweise arbeiten der Softwareanbieter Sybase und SAP zusammen. Beide Firmen koppeln ihre mobilen Plattformen ("Netweaver Mobile" und "Sybase Unwired"). Geschäftsprozesse der "SAP Business Suite" sollen auf diese Weise Nutzern unterschiedlicher mobiler Endgeräte zur Verfügung stehen. Die dazu erforderlichen Softwaredienste stellt T-Systems in seinen Rechenzentren bereit. Allerdings wird es noch eine Weile dauern, bis alle Abläufe der SAP-Suite auf dem Blackberry, Windows Mobile oder iPhone verfügbar sind. Der Grund: Damit mobile Nutzer die SAP-Software verwenden können, muss sie an die Display-Eigenschaften, die Eingabemöglichkeiten, die Speicherkapazität und die Rechenleistung der Endgeräte angepasst werden.

Im Rahmen der Produktstrategie "Sage CRM 2010" entwickelt das Softwarehaus Sage mit Sitz in Frankfurt am Main eine Softwareumgebung, die die CRM-Produkte "Act!", "Sage CRM" und "Saleslogix" interoperabel machen soll. Zudem will der Anbieter Softwarekomponenten erstellen, die alle CRM-Linien gemeinsam verwenden können. Dazu zählen auch Verfahren für den Zugriff via Web und Smartphones. Bisher schreibt Sage mobile Funktionen für jedes Programm separat.

Andere Softwarehersteller bedienen sich des Know-hows von Partnern. Beispielsweise offeriert die Firma Koldt aus München für die ERP-Software "Abas Business Software" die Lösung "mBusiness". Der Abas-Partner nutzt hierbei Technik des Spezialisten Mobil Only aus Berlin. Nutzer von Geräten, die "PalmOS" oder Windows CE/Windows Mobile verwenden, können auf Daten und Funktionen der Abas-Applikation zugreifen. Kern der von Mobil Only gebauten Lösung ist ein Kommunikations-Server mit eigener Datenbank, der Geschäftsinformationen zwischenspeichert beziehungsweise mit den PDAs und Smartphones abgleicht. Ferner stellt dieser Server die Masken für die Endgeräte bereit. Zudem helfen Workflow-Funktionen, vordefinierte Abläufe zu steuern.

Neben der Abas-Software unterstützt das Produkt eine Reihe weiterer ERP-Systeme, wird aber auch dafür verwendet, Mainframe- beziehungsweise System-i-Systeme (AS/400) für mobile Devices zu öffnen.

Darüber hinaus arbeiten viele andere ERP-Anbieter an mobilen Konzepten. "Neben SAP sind dies beispielsweise SoftM (Semiramis), Epicor, Ams.Hinrichs+Müller, Demand Software Solutions (GENESIS4Web) und CSB-System", erläutert Lynn-Kristin Thorenz, Analystin beim Marktforschungs- und Beratungshaus PAC aus München.

Microsoft Dynamics Mobile

Für die ERP-Lösungen der Dynamics-Familie ("NAV" und "AX") hat Microsoft mit "Dynamics Mobile" eine Umgebung geschaffen, mit der sich mobile Anwendungen für Windows-Mobile-Geräte entwickeln lassen. Gebrauch gemacht hat davon beispielsweise der Microsoft-Partner Bartolome Röder AG aus München. Dessen Produkt "@Nav - Mobile Warehouse" erlaubt es Nutzern von Dynamics NAV, Lagerdaten an mobilen Endgeräten zu erfassen und an die Warenwirtschaft zu übermitteln.

Sicherheit nicht vergessen!

Mit einem reinen Datenzugriff ist es aber oft nicht getan. Insbesondere dann, wenn Firmen viele Mitarbeiter mit mobilen Geräten ausstatten wollen, benötigen sie Werkzeuge, um Benutzer, deren Zugriffsrechte und Profile zu verwalten. Ferner sollten mobile Zugriffe abgesichert und Daten verschlüsselt werden. Außerdem müssen die Umgebungen flexibel genug sein, dass ein Gerätewechsel keine umfangreichen Anpassungen nach sich zieht.

Zur Sicherheit zählt auch, die mobile Middleware vor Angriffen zu schützen. Aus diesem Grund unterhalten beispielsweise fast alle Kunden der erwähnten Firma Mobil Only den Kommunikations-Server im eigenen Haus oder lassen ihn von zuverlässigen Rechenzentren betreiben.

Mehr Nutzer durch Mobilität

Die Softwarehersteller reagieren mit ihren Entwicklungen einerseits auf den Bedarf ihrer Kunden. Andererseits hoffen sie, über die mobilen Anwendungen neue Nutzer für ihre Programme zu finden. Laut einer Studie des Marktforschungs- und Beratungshauses AMR Research haben nur rund 15 Prozent der Mitarbeiter eines Unternehmens direkten Zugriff auf ERP-Applikationen. Die restlichen 85 Prozent nutzen demnach ERP-Daten allenfalls mittelbar in ausgedruckter Form oder per E-Mail. Die mobilen Funktionen könnten mehr Anwender im Unternehmen direkt an die Applikationen anbinden. Hierzu benötigen die Firmen in der Regel zusätzliche Client-Lizenzen für die jeweilige Applikation.

Beim mobilen Anwendungszugriff haben Unternehmen die Wahl zwischen reinen Web-Oberflächen, nativen Clients (Windows Mobile, iPhone, Blackberry und Symbian) sowie Java- beziehungsweise .NET-Clients (siehe Kasten "Welche Software läuft auf dem Smartphone?"). Nach Angaben von Sybase, Spezialist für mobile Middleware, wünschen Anwenderfirmen sich vor allem deshalb unbedingt native Clients im Offline-Modus, weil die nativen Applikationen gut gerüstet sind, große Datenmengen zu verarbeiten.

Doch in nahezu allen mobilen Projekten wollten Unternehmen die Offline-Fähigkeiten der nativen Clients mit Online-Zugriffen im Hintergrund kombinieren. Dies erläutert Sybase an folgendem Beispiel: Ein Anwender synchronisiert die Stammdaten seiner Kunden auf eine mobile Datenbank. Während er eine Bestellung über eine mobile .NET- oder Java-Applikation für einen Kunden erfasst, möchte er den aktuellen Lagerbestand des Artikels erfahren. Hier wird nun eine direkte Anfrage im Hintergrund ausgeführt. Auf diese Weise, so Sybase, wird die native Applikation mit ihren Offline-Stärken um Online-Prozesse erweitert. "Zukünftig erwarten wir, dass zusehends auch Web-2.0-Technik umgesetzt wird, um die fehlertolerante, immer verfügbare Applikation zu ermöglichen", sagt der IT-Anbieter voraus.

Welche Software läuft auf dem Smartphone?

Was auf den mobilen Geräten an Software vorhanden sein muss, hängt stark vom Einsatzzweck ab.

• Reines Web-Interface

Ist der Nutzer sowieso immer am Netz und geht es in erster Linie darum, Informationen abzurufen, genügt ein lokaler Web-Browser auf dem Smartphone. Über diesen greift der Nutzer auf die Web-Schnittstelle der jeweiligen Anwendungssoftware zu oder meldet sich an einem Firmenportal an, welches die entsprechenden Applikationsfunktionen bereithält.

Manche Firmen bevorzugen reine Browser-Interfaces, da dabei keine Daten lokal gespeichert werden.

Durch populäre Endgeräte mit integriertem Browser und durch Internet-Flatrates steigt derzeit die Nachfrage nach solchen Funktionen. Ein weiterer Vorteil: Die Browser-Lösung ist im Gegensatz zu mobiler Client-Software nicht an ein Device gebunden. Somit ist es leichter, den Gerätetyp zu wechseln beziehungsweise verschiedene Smartphones an eine Applikation anzubinden.

• Online-/Offline-Betrieb, lokale Datenbank

Falls der Nutzer nicht immer über eine Internet-Verbindung verfügt, benötigt er Daten und Funktionen lokal am Gerät. Dies setzt Mini-Datenbanken voraus, die für diesen Zweck entwickelt wurden. Zusätzlich muss dann eine Synchronisation der Informationen im Backend gewährleistet sein.

Der Datenabgleich kann direkt über die Datenbank der Geschäftsanwendung erfolgen. Aus Sicherheitsgründen greifen manche Firmen jedoch auf einen Import und Export von Dateien zurück.

Apropos Sicherheit: Sobald Informationen auf dem Gerät lagern, besteht bei einem Diebstahl die Gefahr, dass sie in falsche Hände geraten. Lokal gespeicherte Geschäftsdaten sollten unbedingt verschlüsselt werden. Zudem gibt es Funktionen, mit denen sich Datenbestände aus der Ferne löschen lassen.

Insbesondere Nutzer, die beispielsweise einige hundert Kundendatensätze oder Artikel auf dem mobilen Gerät benötigen und an Workflow-gestützten Abläufen teilnehmen sollen, kommen in der Regel um eine lokale Datenbank beziehungsweise Client-Software nicht herum.

• Nativer Client

Für Endgeräte wie den Blackberry, das iPhone sowie Windows-Mobile-Systeme lassen sich Anwendungen entwickeln, die die Funktionen der lokalen Softwareumgebung nutzen.

Der native Client kann auch alle Gerätefunktionen verwenden. Auf dem Blackberry steht beispielsweise der für die E-Mail-Zustellung gebräuchliche Push-Mechanismus auch für den Transport von Geschäftsinformationen zur Verfügung.

• Java- oder .NET-Client

Manche mobilen Devices können in Java oder für die .NET-Plattform geschriebene Anwendungen betreiben.

Die mobile Anwendung läuft somit nicht direkt auf dem Betriebssystem, sondern in der jeweiligen Java- oder .NET-Laufzeitumgebung, von denen es mobile Varianten gibt.

• Geräte-Management und Support

Wenn nur wenige Mitarbeiter eine Applikation mobil nutzen, kann die Geräteverwaltung manuell erfolgen. Sind es viele Nutzer sowie unterschiedliche Smartphones oder PDAs, dann sind spezielle Verwaltungswerkzeuge angebracht, mit denen sich Client-Software und Patches verteilen sowie Einstellungen und Profile konfigurieren lassen.

Auch mobile Anwender benötigen Unterstützung. Manche mobilen Lösungen bieten zusätzlich eine Helpdesk-Funktion, die es dem Support gestattet, über eine Netzverbindung remote auf einzelne Geräte zuzugreifen.