CW-Gespräch mit Joseph Reger, Chief Technology Officer von Fujitsu-Siemens

Das Problem ist die Provisionierung

12.03.2004
Mit Joseph Reger, Chief Technology Officer bei Fujitsu-Siemens Computers, sprach CW-Redakteurin Kriemhilde Klippstätter über zukünftige Server-Systeme für On-Demand-Computing.

CW: Welchen Einfluss wird On-Demand-Computing auf die Architektur der Server haben?

Reger: Scaling-out-Konzepte, also der Zusammenschluss vieler kleiner Server, die multiple Instanzen des Betriebssystems fahren, werden sich unserer Meinung nach aus Kostengründen durchsetzen. Die heute dort bereitgestellte Rechenpower reicht für die meisten Anwendungen aus. Die große Frage dabei ist, wie so ein System verwaltet wird.

CW: Wer wird solche Blade-Systeme einsetzen?

Reger: Die Entscheidung zwischen mächtigen monolithischen Systemen oder Scaling-Out-Umgebungen ist zunehmend nur für die ganz großen Installationen von Interesse. Die Einzelkomponenten haben eine derartige Entwicklung hinter sich gebracht, dass Vier-Wege-Server selbst bei großen Mittelständlern fast alle Rechenprobleme lösen.

CW: Gilt das auch für Lösungen im Rahmen von Utility Computing?

Reger: Derzeit herrscht Begriffsverwirrung über das neue Schlagwort. Was unserer Meinung zunächst dahinter steckt, ist die Forderung, dass so abgerechnet wird wie mit anderen verbrauchsorientierten Ressourcen, etwa Strom oder Gas: Es wird genau das bezahlt, was auch verwendet wird.

CW: Das hat aber nichts mit Technik zu tun.

Reger: Stimmt. Es gibt heute schon Outsourcer, die bei herkömmlichen Installationen Verträge abschließen, die sich am Utility-Konzept orientieren. Dazu muss die verbrauchte Leistung natürlich messbar sein, was manchmal ein Problem darstellt, weil es zwar für Mainframe- und Unix-Umgebungen ganz gute Abrechnungssysteme gibt, nicht aber in Windows- oder Linux-Systemen.

CW: Anwendern geht es um die bessere Auslastung der Ressourcen. Kann Virtualisierung hier helfen?

Reger: Die im Prinzip alte Technik von virtuellen Maschinen ist derzeit in aller Munde. Sie bietet einen relativ guten Schutz, insbesondere was die Software angeht, und sie steigert dadurch, dass auf einem Rechner mehrere Schichten der virtuellen Maschinen gelagert sind, auch die Auslastung. Gegen Hardwareprobleme, etwa defekte Hauptspeicherbereiche, schützt die virtuelle Maschine allerdings nicht.

CW: Frisst der Overhead beim Virtualisieren nicht die Vorteile auf?

Reger: Wir untersuchen gerade, wie groß der Overhead dabei ist. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass man nicht viel Leistung verliert. Damit ist die alte Mainframe-Technik auch für Linux-Rechner nutzbar. Das wird dazu führen, dass die Rechner in Zukunft sehr viel besser ausgelastet werden. Im Bereich Vier-Wege-Server und größere Intel-Maschinen ist die Technik der virtuellen Maschinen die vernünftigste Art, die Auslastung zu steigern.

CW: Wie sieht die Entwicklung bei den Scaling-out-Konzepten aus?

Reger: Da passiert derzeit technologisch sehr viel. Beim Versuch, die TCO zu verbessern geht man den Weg, alle Parameter ständig zu kontrollieren. Das beginnt bei den Standardkomponenten, und zwar sowohl in Hard- als auch in Software. Für die Hardware bedeutet das, dass man sich kleine Recheneinheiten wünscht, dazu wurden Blade-Rechner erfunden. Sie eignen sich ideal für die Provisionierung. Das bedeutet, dass auf eine bestehende Konfiguration die Last verteilt wird oder aber neue Komponenten bei Bedarf in Betrieb genommen werden. Man provisioniert die neuen Server, indem eine Kopie des Betriebssystems aufgespielt und ein Teil der Anwendung dahin verlagert wird.

CW: Was kommt als nächstes?

Reger: Die Automatisierung der Provisionierung, um eine Dynamik in den Prozess zu bringen.

CW: Also die automatische Lastverteilung.

Reger: Load Balancing ist nur ein Aspekt. Man will eventuell gut laufende Teile neu arrangieren, um die Auslastung zu erhöhen. Es geht darum, ein Profil über die Wichtigkeit der Anwendungen zu definieren. So ein Regelwerk ist die Basis für die automatische Provisionierung. Dabei werden eventuell Teile angehalten, um für wichtigere Platz und Kapazitäten zu schaffen. Das System optimiert sich dann selbst. Das akademische Forschungsgebiet über die autonomen Systeme kann jetzt endlich Beiträge für die Lösung der Alltagsprobleme liefern.

CW: Was sind dafür die Basistechniken?

Reger: Virtualisierung, damit die Ressourcen nicht fest mit den Aufgaben verbunden sind. Und man benötigt ein automatisches Provisionieren, damit die Prozesse dynamisch und bestmöglich abgearbeitet werden. Das ließe sich natürlich auch mit einer gigantischen System-Management-Suite steuern. Wegen der Komplexität ist davon aber abzuraten. Viel besser ist es, wenn die Komponenten das selber können.

CW: Heutige Systeme sind dafür aber noch nicht ausgelegt.

Reger: Im Moment ist es unmöglich, eine Maschine zu bauen, die vom Betriebssystem und der Middleware her eine virtualisierte Selbstprovisionierung liefert, unabhängig von der Anwendung. Wir haben uns bei unserem Flexframe-System deshalb zunächst auf eine Anwendung beschränkt und das SAP-Umfeld als Ziel gewählt. Dort sind die Aufgaben klar umrissen, und SAP arbeitete auch mit uns zusammen.

Fujitsu-Siemens'' Umsetzung von On-Demand-Computing

MÜNCHEN (kk) - Fujitsu-Siemens Computers (FSC) hat zusammen mit SAP und Network Appliance "Flexframe for Mysap Business Suite" entwickelt. Die Lösung ist FSCs Antwort auf On-Demand-Computing.

Das Flexframe-Konzept sieht die Trennung der Infrastrukturkomponenten vor: CPU-Leistung, Speicher, Netz und Management-Kontrolle sind einzelne Komponenten und lassen sich unabhängig voneinander skalieren. Als Rechner kommen meist Blade-Server zum Einsatz. Die Datenbank kann auch auf Vier-Wege-Servern laufen, demnächst auch auf Sparc-Maschinen unter Solaris. Für die Datenspeicherung setzt FSC auf Netapps "Filer", die mit Mechanismen zur Virtualisierung und zur Fehlerbehebung ausgestattet sind.

Fujitsu-Siemens steuert zusätzlich zur Architektur und Konfiguration mit Flexframe eine Art Middleware bei. Sie beinhaltet Agenten, mit denen das Gesamtsystem überwacht und provisioniert werden kann. So können Prozesse je nach Bedarf gestartet oder angehalten werden. SAP stellt dazu eine spezielle Version von Mysap bereit, die die virtualisierte Rechnerumgebung ausnutzt. Die ersten Installationen in der Praxis zeigen laut FSC eine Reduzierung der Betriebskosten von 30 Prozent.

Als nächstes will der Hersteller auch Backup-Konzepte in die Flexframe-Architektur einbinden. Ziel ist, nicht für jede Softwaresuite ein eigenes Programm zur Virtualisierung und Provisionierung einführen zu müssen.