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Das Privatleben ruft

13.02.2003
Von Erwin Königs
Erwin Königs dankt ab - nach fast sieben Jahren an der Spitze des zweitgrößten deutschen Softwareherstellers. Der 52-jährige Physiker zieht sich ins Privatleben zurück.

Auf der Hauptversammlung der Software AG (SAG) am 29.April 2003 wollte Erwin Königs sein Amt als Vorsitzender des Vorstands niederlegen. Nun hört er schon am 30. Novemer 2002 auf. Angeblich war es Königs’ Wunsch zum Jahresende zu gehen. Da es keinen Nachfolger gab, wurde er gebeten, weiterzumachen. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Karl-Heinz Achinger erklärte sich bereit, interimsweise einzuspringen, bis ein Nachfolger gefunden wird.

Dabei hatte er erst kurz zuvor auf die Frage „Was wären Sie am liebsten geworden?“ geantwortet: „Das, was ich bin.“ Eine Aussage, zu der Königs auch heute noch steht: „Je ne regrette rien“, erklärt er und weist die Vermutung, der Rücktritt könne etwas mit dem zuletzt schleppenden Geschäftsverlauf der SAG zu tun haben, weit von sich. Er wolle sich einfach ins Privatleben zurückziehen, mehr Zeit für die Familie - Frau und zwei Kinder - und seine Hobbys haben. Auch zum Joggen und Musikhören (Rockmusik) habe ihm der Job als Vorsitzender des Vorstands mit besonderer Verantwortung für den Bereich Forschung und Entwicklung bislang kaum Zeit gelassen. Kein Wunder, denn schließlich war der promovierte Physiker und vor-malige Vorstandsvorsitzende der Linotype-Hell AG 1996 mit einem ehrgeizigen Ziel in der Kon-zernzentrale in Darmstadt angetreten: Er wollte die Umsatzmilliarde. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitete er hart daran, aus dem traditionellen Anbieter von Datenbanken, Middleware und Entwicklungs-Tools, der die SAG war, eine „XML-Company“ zu machen. Fünf Jahre später war es dann soweit - 590 Millionen Euro, also fast 1,2 Milliarden Mark, standen im Geschäftsjahr 2001 zu Buche. Es war ein Rekordjahr in der fast 30-jährigen SAG-Geschichte. Das nächste Ziel, diesen Wert nun auch in der neuen Währung zu erreichen, ist allerdings vorerst in weite Ferne gerückt. Die erfolgreiche Expansion wurde angesichts sinkender Einnahmen durch einen rigiden Sparkurs ersetzt.

Die Delle überstehen Doch Größe ist nicht alles, das weiß auch der Ex-Chef von 3000 Mitarbeitern. So hofft er weiterhin, dass es der SAG gelingt, „die jetzige Delle ohne zu große Blessuren zu überstehen und beim kommenden Turnaround des Marktes ganz vorn mit dabei zu sein.“ Königs ist sich sicher, dass die Software AG mit der Ausrichtung auf die Internet-Technik XML für die Zukunft richtig aufgestellt ist - trotz der aktuellen Rückschläge nach dem großen E-Business-Hype.

Ohnehin ist Aufgeben, wenn es einmal nicht so gut läuft, nicht seine Art: „Im Berufsleben gibt es schöne und schwierige Phasen. Beide führen zu Erfahrungen, die für einen Firmenchef unerlässlich sind.“ Da passt es ins Bild, wenn der bekennende Jogger auf die Frage nach seinen Vorbildern keine umjubelten Superstars nennt, sondern die Triathleten, die sich den Herausforderungen des Ironman auf Hawaii stellen: „Das würde ich nie schaffen - und das beeindruckt mich.“ Aber was heißt hier „nie schaffen“? Schließlich lautet Königs’ Lebensmotto: „Geht nicht, gibt’s nicht.“

Zur Person

• Erwin Königs (52) ist seit 1996 Vorsitzender des Vorstands der Software AG in Darmstadt, zuvor war er in gleicher Position bei Linotype Hell.

• Königs führte das zweitgrößte deutsche Softewareunternehmen aus den roten Zahlen in die Gewinnzone und zum Umsatzrekord.

• Ende November 2002 verließ Königs die Kommandobrücke der Software AG auf eigenen Wunsch.

• Der passionierte Jogger ist verheiratet, hat zwei Kinder und fährt auf Rockmusik ab.