Das PCM-Problem ist nicht lösbar

05.05.1989

Der PCM-Markt ist ein Spiegelbild der Branche. Gemessen an den Ansprüchen - und an den Sprüchen - sind die Ergebnisse der "plugcompatible(n)" Bemühungen von Comparex NAS und Amdahl geradezu ernüchternd, nicht der Mühe wert, würde man in anderen Branchen sagen: Insgesamt 462 PCM-Systeme waren laut Diebold-Statistik am 1.1.1989 in der Bundesrepublik installiert; 439 waren es ein Jahr zuvor - ein Plus von 23 CPUs. Zusammen kommen die drei Anbieter auf einen Marktanteil von 8,4 Prozent. Geht man davon aus, daß sich auch in diesem Marktsegment die Hardwarepreise nicht auf dem alten Niveau halten konnten, dann sieht es für die IBM-Nachahmer, was die Ertragslage betrifft, erst recht düster aus.

Siemens hat sich bekanntlich aus dem aufreibenden PCM- Business zurückgezogen. Für die verlustgeplagte Natsemi-Tochter NAS sollte mit der Übernahme der Europa-Aktivitäten durch Comparex ein Ausweg gefunden werden. Beide, NAS und Comparex, vertreiben ja Systeme von Hitachi. Die Japaner haben das Geschäft platzen lassen (Seite 1). Noch wissen die Comparex-Manager nicht, wie es weitergehen soll, weil sie nicht wissen, was die Japaner wollen. Doch die wissen's womöglich selber nicht.

Die unklaren Verhältnisse im PCM-Markt werfen eine Reihe von Fragen auf: Welche Rolle spielt EDS? Was macht Memorex-Telex? Zur direkten Konkurrenz: Wo steht Amdahl? Und überhaupt: Geht eine übermächtige IBM nun aufs Ganze? Last, but not least: Wie reagiert der Anwender? Die Aussage eines Informatik-Profis macht das Dilemma deutlich, in dem sich die Big-Blue-Gemeinde befindet: "Man muß", so Günter Schorn vom Deutschen Lloyd, "die Abhängigkeit von IBM erträglich gestalten" (CW Nr. 18 vom 28. April 1989). Das hieße doch, die PCM- Anbieter zu stützen und zu stärken, indem man bei ihnen kauft - zu Preisen, die ihnen das Überleben ermöglichen.

Genau das Gegenteil ist der Fall: Wenn die PCMer jammern, die IBM-Kunden spielten sie gegeneinander aus, dann trifft das den Kern der Sache. Andererseits ist es (siehe: Abhängigkeit) mit der Bewegungsfreiheit der IBM-Kunden nicht weit her. Liebesentzug durch Mother Blue droht - wenn's nur das wäre. Was ist schon eine PCM-Pleite, gemessen an einem IBM-Flop?

Daraus folgt zweierlei: Das PCM-Problem ist nicht lösbar, nützt doch die Schwäche der Kompatiblen immer nur der IBM, wie aber auch der Kunde die PCM-Alternative als Feigenblatt für seine "Blöße" braucht. Also reicht es nicht, sich mit den IBM-Mächtigen zu arrangieren und in der PCM- Gartenlaube auf Idylle zu machen. Das Motto "Die Abhängigkeit von IBM erträglich gestalten" ist trügerisch und gefährlich.