Das LAN wird zum Speichernetz

28.10.2004
Von Siegfried Betke
Disk-Server-Software verwandelt gängige Intel-Server in zentrale Plattenspeichereinheiten, die dann im LAN virtuelle Disks über iSCSI zur Verfügung stellen - ein kostengünstiger Einstieg in das Storage Area Networking.

Der Aufbau von Speichernetzen galt bislang als kompliziert und kostspielig. Seit aber iSCSI (Internet Small Computer Systems Interface) die teure Fibre-Channel-(FC-)Technik ergänzt, können auch kleine und mittelgroße Unternehmen in die SAN-Welt einsteigen: Durch die Nutzung der vorhandenen Ethernet-Infastruktur lassen sich ohne großen Aufwand IP-Speichernetze einrichten, die wie FC-SANs die Vorteile von zentralem Storage bieten.

In der Praxis zeigt sich beim iSCSI-Datenverkehr ein Problem: Nur mit speziellen Host-Bus-Adaptern oder TCP/IP Offload Engines ließ sich bislang eine FC-nahe Leistung erzielen - was wiederum Kosten und Komplexität erhöht. Jetzt verspricht ein neuartiger Ansatz einen Ausweg: iSCSI-Disk-Server-Software paart die Prozessorleistung von Standardhardware mit intelligentem Caching und bringt die Vorteile von FC-Speichernetzen in das LAN.

Das Konzept ist einfach: Ein Windows-Server im LAN stellt mit der entsprechenden Software Speicherkapazität über iSCSI zentral zur Verfügung und bringt Tools zu seiner Verwaltung mit. Weitere iSCSI-Hardware ist nicht erforderlich. Lediglich die Hosts müssen mit iSCSI-Initiatoren, die die SCSI-Kommandos in TCP/IP-Pakete verpacken, für das Speichernetz fit gemacht werden. Die Initiatoren für Windows und Linux sind kostenlos erhältlich.

Entsprechende iSCSI-Lösungen haben vor kurzem die Virtualisierungsspezialisten Datacore und Falconstor auf den Markt gebracht. Die mit Disk-Server-Software entstehenden IP-Storage-Systeme stellen den Applikationen Speicherkapazität unabhängig vom Betriebssystem (Windows, Linux, Unix, Netware oder Mac OS) bereit. Der Disk-Server teilt seine physikalische Plattenkapazität in beliebig große, logische (virtuelle) Laufwerke, die den Anwendungen wie eine interne Festplatte angeboten werden.

Um die I/O-Leistung (Input/Output) zu verbessern und damit die Zugriffszeit der Applikation zu senken, nutzt die Disk-Server-Software den RAM-Speicher als Cache. Deshalb steht beim Aufbau eines IP-SAN neben der eigentlichen Softwarelösung die Auswahl der Server-Hardware am Anfang. Hersteller setzen in der Regel mindestens eine 300-Megahertz-CPU sowie 512 MB RAM voraus. In einem Test des Storage Performance Council wurden mit einem 3-Gigahertz-Prozessor und 2 GB Arbeitsspeicher fast 20 000 IOPS (Input-/Output-Operationen pro Sekunde) erzielt und damit die Leistungswerte jedes Midrange- und vieler Enterprise-Speichersysteme übertroffen. In der Praxis dürften eine 1-Gigahertz-CPU und 1 GB RAM genügen.

Waren die lokalen Kapazitäten eines Applikations-Servers erschöpft und keine weiteren Platten nachrüstbar, musste bislang ein weiterer Server inklusive Applikationslizenzen angeschafft und in das Netzwerk integriert werden. Mit iSCSI-Disk-Servern wird für die Erweiterung des Storage-Pools lediglich der Rohspeicher (Raw Disks) nachgerüstet, was vorhandene und neue Ressourcen besser auslastet. Dabei werden die Disk-Formate SCSI, SATA, SAS und EIDE standardmäßig unterstützt, optionale FC-Schnittstellen ermöglichen die Verbindung von iSCSI- und FC-Welt.

Mehrere Optionen für Hochverfügbarkeit

Für Hochverfügbarkeit sind unterschiedliche Szenarien denkbar. In Konfigurationen mit einem Disk-Server kann dieser lokale Daten synchron speichern (Raid-1) und im Falle einer Beschädigung der Primärdaten auf dem Host wiederherstellen. Sind zwei Disk-Server vorhanden, lassen sie sich redundant auslegen, da das Failover automatisch erfolgt.

Speicherfunktionen wie Snapshots und entfernte Datenreplikation werden in erster Linie für Backup und Disaster Recovery eingesetzt. Sie ersparen die tägliche Sicherung auf Band und setzen so Ressourcen frei. Die asynchrone Datenreplikation über IP-Verbindungen ermöglicht es, Kopien von Daten über große Distanzen (WANs) für Disaster Recovery im Katastrophenfall einzusetzen. Das Auto-Provisioning automatisiert einen Großteil der Administration. Für die Anwendungen stehen dabei virtuelle Laufwerke von bis zu 2 TB bereit, die physikalisch aber nur nach tatsächlichem Bedarf in Anspruch genommen werden.

Der Softwareansatz des iSCSI-Disk-Servers erleichtert Speichererweiterung im LAN grundlegend: Mitgebrachte Intelligenz wird portabel, und die Leistungsfähigkeit der Standard-Server wächst automatisch mit jeder neuen Prozessorgeneration. Angesichts der einfachen Implementierung und der Einstiegspreise von weniger als 1000 Euro für die Software können sich jetzt auch kleine und mittlere Unternehmen flexible und leistungsfähige IP-Speichernetze leisten. (kk)