Terayon-Headends verwenden proprietäres Verfahren

Das Kabelnetz von Primacom benötigt eine hohe Störfestigkeit

26.01.2001

Die Primacom AG ist mit über 1,8 Millionen angeschlossenen Haushalten und zurzeit rund 1,23 Millionen Kunden einer der größten Kabelnetzbetreiber Deutschlands. Seit 1999 wird das Kabelnetz der Primacom schrittweise rückkanaltauglich ausgebaut, um die Grundlage für interaktive Daten- und Mediendienste zu schaffen. Damit entsteht zurzeit Deutschlands größtes rückkanaltaugliches Kabelnetz. Primacom entschied sich für Leipzig als Ausgangspunkt für die Umstellung ihres Kabelnetzes, da dort eine gute Infrastruktur und ein hoher Kundenbestand (75000 angeschlossene Haushalte) vorhanden sind.

Die Bauarbeiten begannen im April vergangenen Jahres. Zuerst entstanden in Leipzig ein Headend und zwei abgesetzte Hubs (Verteilerstationen). Ein Headend ist die zentrale Stelle in einem Kabelnetz, die für die Einspielung von Fernseh-,Video- und anderen Signalen zu den Haushalten (downstream) verantwortlich ist. Dazu wurden die bisherigen Versorgungsgebiete in so genannte Cluster unterteilt, die jeweils 500 bis 1000 Haushalte beinhalten können. Die Unterteilung geschieht, um Störeinflüsse im Rückkanal so gering wie möglich zu halten. Es ist nur eine begrenzte Kaskadierung von Verstärkern möglich. Daraus ergibt sich auch eine maximale Reichweite.

Zeitgleich mit dem Ausbau des Kabelnetzes erfolgte die Auswahl eines Kabelmodem-Headends zur Einführung von Internet-Diensten über Koax-Kabel. Das Internet-Headend (CMTS = Cable Modem Termination System) bildet die Schnittstelle zwischen IP- und Hochfrequenz-Netzwerk.

Die Entscheidung für die Lieferung der CMTS fiel auf Terayon. Neben dem Preis-Leistungs-Verhältnis hat vor allem die Störfestigkeit des Produktes für den Anbieter gesprochen. Dabei ist selbst bei hohen Störimpulsen eine Datenübertragung möglich. Dies ist für die Primacom wichtig, weil die vorhandene Netzstruktur in den einzelnen Häusern möglichst beibehalten werden sollte.

In Leipzig sind derzeit zwölf voll ausgebaute Terayon-Einheiten in Betrieb (Tera-Link 100 Master Controller), die sich auf ein Headend und zwei Hubs verteilen. Jedes Tera-Link versorgt dabei vorerst ein Gebiet von vier Clustern, was rund 4000 Wohneinheiten entspricht. Eine komplett ausgebaute Einheit, bestehend aus einem Tera-Gateway und drei Tera-Links, kann somit bis zu 12000 Wohneinheiten versorgen.

Die Einrichtung der Geräte gestaltet sich relativ einfach. Empfehlenswert ist die Anbindung der CMTS an eine externe Datenbank zur Modemprovisionierung. Der Vorteil liegt darin, dass bei einem Hardwareausfall oder beim Umzug eines Kunden die Provisioning-Daten aus der Datenbank geladen werden. Daneben hat der Administrator die Möglichkeit, Gateway und Link über Telnet oder Konsole zu verwalten.

Das eingebaute Web-Interface im Tera-Link unterstützt die Administration. Leider fehlt dieses im Gateway. Der ansonsten positive Eindruck wird nur dadurch getrübt, dass das für die Störfestigkeit relevante Verfahren proprietär ist. Des Weiteren ist das System für amerikanische Kanalraster (sechs Megahertz Bandbreite) ausgelegt (in Europa beträgt die Bandbreite acht Megahertz pro Kanal), was zu Lücken im Kanalraster führt. Der Anwender und Administrator wird dafür aber mit einem stabil laufenden System belohnt.

In der Auswahl standen für die Primacom-Installation außerdem Digital Video Broadcasting (DVB) und Docsis-Systeme (Docsis = Data Over Cable System Interface Specification). Ausgeschieden sind diese Systeme aufgrund fehlender Erfahrung in Bezug auf die geplante Netzgröße und der daraus resultierenden Probleme der Signalstabilität. Euro-Docsis war noch nicht verfügbar.

*Ronald Bruska ist technischer Leiter bei Primacom.