Aufreger des Jahres (national)
Als hätten die Deutschen nicht schon genug Probleme vor der eigenen Haustür, kommt jetzt noch ein Internet-Konzern aus Amerika, der meint, alle bedeutenden Großstädte Straßenzug für Straßenzug, Häuserfassade für Häuserfassade abfotografieren und ins Netz stellen zu müssen. Anstatt sich zu freuen, dass die nächste Reiseplanung damit bequemer wird, oder das Ganze gelassen zur Kenntnis zu nehmen (Landesregierungen verkaufen schon seit Jahren hoch aufgelöste Luftaufnahmen privater Anwesen), verfallen Hunderttausende in "Big Brother"-Panik und zwingen Google, ihre Häuser in Street View zu verpixeln.
Das nächste Projekt wartet schon: Jetzt gilt es, die Blogger zu verklagen, die manche der verpixelten Bauten nachträglich gut sichtbar ins Netz stellen und den Google-Gegnern damit mehr Aufmerksamkeit zu teil werden ließen, als es der Konzern selbst je gekonnt hätte.
Aufreger des Jahres (international)
Eben genannter Internetkonzern stellt im Frühjahr seine Suchmaschine google.cn ein, weil die gewünschte Einflussnahme der chinesischen Regierung auf die Suchergebnisse zu groß wird. Stattdessen feiert man munter in Hongkong weiter und kann sich wenige Monate später doch noch ein wenig einigen.
Entwicklung des Jahres
Spätestens seit Medienjournalist Stefan Niggemeier seinen Unmut darüber öffentlich machte, dass wahrscheinlich Verlegersohn Konstantin Neven DuMont viele Kommentare unter verschiedensten Pseudonymen und zu unterschiedlichen Tageszeiten in sein Blog gesetzt habe, kocht es im Kölner Medienhaus. Der Internet-affine Jungspund wird von seinen Ämtern und Aufgaben entbunden und wird sich wohl eine Sicherheitssoftware kaufen müssen, damit ungeliebte Kollegen an seinen Rechner kommen, um von seiner IP-Adresse aus das Netz unsicher zu machen. Diese kleine Geschichte (es gibt außergewöhnlich viele weitere Beispiele) zeigt schön die gewachsene Bedeutung der Blogosphäre in der deutschen Öffentlichkeit.
Werbehype des Jahres
Na, kennen Sie ihn schon auswendig? "Verlässlich, vertraulich, ver…" ?? Die Werbeoffensive für ihr Großprojekt E-Postbrief ist der Post mehr wert als alles bisher Dagewesene - angeblich Millionen Kunden geben dem Konzern Recht. Auch wenn hier und da noch technisch unausgereift und in der Praxis bisher wenig genutzt - die Bekanntheit des neuen Produkts nimmt rasant zu. Um De-Mail streiten derweil die Politiker. Die COMPUTERWOCHE-Jury findet's gut und verleiht dem Post-IT-Chef Johannes Helbig unter anderem wegen dieses Projekts den Titel "CIO des Jahres."