Das neue Bundesmeldegesetz

Das ist bei Werbung und Adresshandel zu beachten

01.07.2015
Von    und Diana Wilfer
Dr. Michael Rath ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Informationstechnologie-Recht und Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Köln. Zudem ist er Certified ISO/IEC 27001 Lead Auditor. Seine Beratungsschwerpunkte sind das IT-Recht, Datenschutzrecht und der Gewerbliche Rechtsschutz. Dr. Michael Rath ist u.a. Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Recht und Informatik e.V. (DGRI) und akkreditierter Schlichter für IT-Streitigkeiten bei der Schlichtungsstelle der DGRI.
Zum 1. November 2015 tritt das neue Bundesmeldegesetz (BMG) in Kraft. Das Meldewesen in Deutschland wird hierdurch bundesweit vereinheitlicht und grundlegend neu geregelt. Verbraucher sollen zukünftig effektiver vor unerwünschter Werbung und Adresshandel geschützt sein. Die Pri-vatwirtschaft muss sich daher in diesen Bereichen auf erhebliche Veränderungen und gegebenenfalls auf Preissteigerungen einstellen.

Bisher oblag das Meldewesen der Gesetzgebung der Länder. Der Bund übte lediglich eine sogenannte Rahmengesetzgebungskompetenz aus. Seit 2006 ist das Meldewesen nunmehr der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes zugeordnet und kann durch unmittelbar geltende melderechtliche Vorschriften bundesweit einheitlich geregelt werden. Zu diesem Zweck wurde das neue BMG verabschiedet, dessen Entstehungsprozess allerdings langwierig war und einiger Rückschläge und Vermittlungen bedurfte.

Der unkontrollierten Verwendung und der Weitergabe von Adressdaten wird mit dem neuen Bundesmeldegesetz Einhalt geboten.
Der unkontrollierten Verwendung und der Weitergabe von Adressdaten wird mit dem neuen Bundesmeldegesetz Einhalt geboten.
Foto: Frannyanne-Shutterstock.com

So legte die Bundesregierung - bereits nach längerem internen Abstimmungsprozess - erstmals in 2011 einen Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Meldewesens vor. Dieser ursprüngliche Gesetzentwurf, der für die Werbewirtschaft deutlich günstiger gestaltet war, wurde in der Folge kontrovers diskutiert. Nach einer umstrittenen Bundestagsabstimmung im Jahr 2012, die zeitgleich mit dem Fußball-EM-Halbfinale zwischen Deutschland und Italien stattfand, war es erforderlich, den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Auf Grundlage dieser Vermittlung wurde in 2013 von Bundestag und Bundesrat das neue BMG in seiner jetzigen Form beschlossen. Das Inkrafttreten des Gesetzes wurde 2014 aufgrund der erforderlichen Vorbereitungen und technischen Umsetzungen in den Meldeämtern nochmals für sechs Monate nach hinten verschoben und wird nunmehr zum 1. November 2015 erfolgen.

Neue Rechtslage

Das neue BMG dient dazu, das Meldewesen angesichts der gestiegenen Anforderungen effektiver zu gestalten und insbesondere die Vernetzung der Meldeämter zu modernisieren. Während die Melderegister ursprünglich als Instrument der polizeilichen Kontrolle gedacht waren, erfüllen sie mittlerweile eine Vielzahl weiterer Funktionen und dienen in großem Umfang auch der Privatwirtschaft als zentrale Informationsgrundlage. Gerade die Neuregelungen im Bereich der einfachen Melderegisterauskunft sind daher für Wirtschaftsunternehmen von erheblicher Relevanz und stehen nachfolgend im Fokus.

Die Neuregelungen des BMG im Überblick

  • Offenlegung gewerblicher Zwecke: Nach derzeitiger Rechtslage ist die Erteilung von einfachen Auskünften nicht an die Voraussetzung geknüpft, dass zuvor ein irgendwie geartetes Interesse an der Auskunft vorhanden sein muss. Auch muss nicht dargelegt werden, welchem Zweck die gewonnen Daten dienen sollen. Mit Inkrafttreten des BMG wird sich dies ändern. Werden die Daten vom Anfragenden "für gewerbliche Zwecke" verwendet, so muss er diese Zwecke bei der Anfrage zukünftig offenlegen.

  • Zweckbindung und Datenlöschung: Erhaltene Meldedaten dürfen Unternehmen zukünftig ausschließlich für den konkret angegebenen Zweck verwenden. Daraus folgt ein Wiederverwendungsverbot für die eingeholten Daten, mit dem die Bürger vor so genannten "Schattenmelderegistern" und "Adresspooling" geschützt werden sollen.
    Adresspooling ist die umstrittene Praxis, Daten aus einer einfachen Melderegisterauskunft nicht nur für den konkreten Zweck zu verwenden, in dessen Verfolgung die Melderegisterauskunft veranlasst wurde. Die Daten können in diesem Zusammenhang in einen Datenpool eingestellt werden und sodann für weitere Zwecke genutz werden oder auch anderen Interessenten zur Verfügung gestellt werden. Bisher war diese Praxis jedenfalls nicht explizit verboten. Mit Einführung des neuen BMG wird diese Art der "Vorratsdatenspeicherung" jedoch ausdrücklich für unzulässig erklärt. Zukünftig dürfen Daten aus einer einfachen Melderegisterauskunft, die zu gewerblichen Zwecken erteilt wurde, vom Empfänger nur für die Zwecke verwendet werden, zu deren Erfüllung sie ihm übermittelt wurden. Nach dieser Verwendung sind die Daten zu löschen.

  • Werbung und Adresshandel: Sofern Meldedaten zum Zwecke der Werbung oder des Adresshandels eingeholt werden, sind entsprechende Melderegisterauskünftige zukünftig nur noch mit vorheriger Einwilligung der betroffenen Person zulässig - so genanntes "Opt-In". Diese Zustimmung kann der Einzelne entweder direkt bei den Meldeämtern generell für alle Abfragen erteilen oder individuell gegenüber der jeweiligen abfragenden Stelle. Die Einhaltung des Einwilligungserfordernisses soll durch die Meldeämter stichprobenartig überprüft und Verstöße sollen mit Bußgeldern geahndet werden.

Praxishinweise

Meldeauskünfte spielen in der Werbepraxis eine bedeutende Rolle, insbesondere um den Datenbestand aktuell zu halten und Adressänderungen nachvollziehen zu können. Die Einholung kundenbezogener Informationen wird im Bereich Werbung und Adresshandel zukünftig nur noch mit entsprechender Einwilligung der Betroffenen möglich sein. Die Einwilligung wird sich hierbei ausdrücklich auf die Übermittlung der Melderegisterdaten erstrecken müssen. Eine allgemeine Werbeeinwilligung des Kunden wird nicht ausreichen, um die Einholung von Registerauskünften zu rechtfertigen. Insoweit besteht daher für die Werbewirtschaft deutlicher Bedarf, die verwendeten Einwilligungserklärungen entsprechend anzupassen.

Auch die Möglichkeit in Zukunft entsprechende Meldedaten kostengünstig über Adresshändler zu beziehen, wird voraussichtlich nur noch sehr beschränkt möglich sein. Denn eine Mehrfachnutzung ist aufgrund des nunmehr bestehenden Gebots der Zweckbindung deutlich eingeschränkt.

Es ist zu erwarten, dass die bevorstehende Gesetzesänderung daher deutliche Auswirkungen auch auf die Preise im Adresshandel haben wird. Insbesondere ist damit zu rechnen, dass die Gebühren für die Einholung von individuellen Melderegisterauskünften von derzeit 7-10 Euro weiterbelastet werden und damit die derzeit üblichen Gesamtkosten für Adressaktualisierungen/-auskünfte, die teilweise bei unter einem Euro liegen können, deutlich überschritten werden dürften.

Unternehmen, die auf einen aktuellen Adressbestand angewiesen sind, sollten bereits jetzt angemessene Vorkehrungen treffen und insbesondere rechtzeitig im Vorfeld die vertraglichen Beziehungen zu gegebenenfalls eingesetzten Adresshändlern sowohl in wirtschaftlicher als auch in rechtlicher Hinsicht überprüfen. Dabei sollte neben den wirtschaftlichen Faktoren auch darauf geachtet werden, dass die Partnerunternehmen unter Berücksichtigung der neuen gesetzlichen Anforderungen angemessen vertraglich verpflichtet werden.
So sollten insbesondere das Gebot der Zweckbindung und entsprechende Löschpflichten vertraglich festgelegt sein. Auch der Umgang mit dem zukünftigen Einwilligungserfordernis und diesbezügliche Verantwortlichkeiten sollten vertraglich klar geregelt werden.

Daneben sollten Unternehmen in Erwägung ziehen, die erforderliche Aktualität des Datenbestandes auch durch anderweitige Prozesse/Maßnahmen, losgelöst vom Melderegisterverfahren, sicherzustellen. Insbesondere könnte überlegt werden, Prozesse zu etablieren, bei denen Kunden in die Datenaktualisierung eingebunden und aufgefordert werden, ihre Daten in regelmäßigen Abständen selbst zu aktualisieren. (bw)