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Das iPhone im Urteil der Kritiker

04.07.2007

Für den Konsumenten ist das iPhone nach Einschätzung von Ovum erst einmal teuer und technisch alles andere als einzigartig. Apple hat iTunes- und iPod-Funktionen mit einem Kommunikations-Endgerät kombiniert. Doch das Gerät wird nicht nach blanker Funktionalität beurteilt. Dank des Designs, der Bedienbarkeit und der Marke hat es Kultstatus, weshalb der hohe Preis auf Dauer kein Problem für den Anbieter sein sollte.

Für AT&T bringt der Exklusivvertrag mit Apple vor allem Publicity für die Konzerntochter AT&T Wireless, die sich die weit bekanntere Marke Cingular einverleibt hatte. Doch ansonsten sind die Vorteile für AT&T begrenzt. iTunes-Downloads werden kaum drahtlos stattfinden, so dass AT&T nicht an den Musik- und Videoerlösen beteiligt sein dürfte. Im Gegenteil: Die Integration von iTunes in das Gerät macht es für AT&T schwierig, selbst mobile Datenservices anzubieten. Und schließlich zeigt sich schon jetzt, dass der Datentransfer über die GSM-Erweiterung Edge zum Nadelöhr werden und die Web-Erfahrungen der User beeinträchtigen könnte. (Steve Jobs selbst hatte sich enttäuscht über die Surfgeschwindigkeit geäußert, Anm. d. Red.)

Apple profitiert von der gewaltigen öffentlichen Aufmerksamkeit zum Markteintritt. Vermutlich werden die fehlenden Funktionen, insbesondere die UMTS-Unterstützung, nachgereicht – der Zeitpunkt bleibt allerdings ein Geheimnis. Apple möchte bis Ende 2008 rund zehn Millionen iPhones verkaufen, doch wir denken, das wird eine schwierige Herausforderung. Das Gerät wird zu einem hohen Preis angeboten und zielt nicht auf den Massenmarkt. Kommt es auch in Europa und Asien zu exklusiven Zweijahresverträgen mit Mobilfunk-Carrieren (wie AT&T in den USA), dann wird Apple nur eine begrenzte Nutzergruppe erreichen.

Europäische Netzbetreiber werden mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sein wie AT&T, doch die fehlende UMTS-Funktionalität wird sich in Europa stärker auswirken. Konsumenten diesseits des Atlantiks erwarten eine schnelle Datenübertragung, und die Netzbetreiber sind an Datentransfers interessiert. Trotzdem wird sich für Apple ein Partner finden, denn das Marketing-Potenzial des iPhone ist immens. Alle Netzbetreiber dürften interessiert daran sein, das Gerät anbieten zu können, wenn es sich eben rechnet.

Handyhersteller sollten sich nicht zu sehr unter Druck setzen lassen. Apples Marktanteil wird 2008 lediglich ein Prozent betragen, die Konkurrenten werden Zeit haben, angemessen zu reagieren. Sie werden dabei von den hohen Produktionsvolumina und ihrer Distributionsstärke profitieren können. Außerdem können sie den "Halo"-Effekt nutzen: Verbraucher, die sich kein iPhone leisten können, werden verstärkt zu preiswerten Alternativen mit vergleichbaren Funktionen greifen.

Auch in Zukunft werden die großen Netzbetreiber und Handyhersteller an ihren Mobilfunkstrategien und ihren Plattformen festhalten. Niemand wird alles über den Haufen werfen, um groß angelegte Entwicklungs- und Servicekonzepte rund um das iPhone zu basteln. Allerdings dürfte Apples Neuling dafür sorgen, dass die Gerätehersteller künftig mehr Wert auf Design und Benutzerfreundlichkeit legen. (hv)