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Das iPhone im Urteil der Kritiker

04.07.2007

Die sichtbare iPhone-Strategie von Apple zeigt ein tiefes Verständnis davon, dass der Erfolg von Multimedia-Produkten vor allem von der Kundenorientierung, Konsistenz und Verständlichkeit der gesamten damit verbundenen Systemlösung abhängt. Grundvoraussetzung für eine hohe Kundenakzeptanz ist ein übergreifendes Paketangebot, das die Einzelaspekte Multimedia-Gerät, Preis- und Produktgestaltung sowie den Erfahrungsstand des Nutzers intelligent zusammenführt. Apple hat sein Verständnis dieser Grundzusammenhänge mit dem Erfolg des MP3-Players iPod bereits bewiesen: Das ansprechende Gerät wurde mit dem nutzerfreundlichen Internet-Service iTunes und einem cleveren Preismodell (0,99 Dollar je Musikstück) verbunden.

Gewonnen hat hier nicht das beste Gerät, auch nicht der niedrigste Preis. Gewonnen hat die beste Kombination der relevanten Aspekte. Auch in der Welt der mobilen Multimedia-Anwendungen gibt es bereits einen Vorläufer, der das Erfolgspotenzial bei Einhaltung dieses Marktprinzips zeigt: I-Mode, der weltweit erfolgreichste Portaldienst für Mobiltelefone des japanischen Anbieters NTT Docomo – gestartet bereits 1999.

Auch wenn der Retail-Preis für das iPhone mit 500 bis 600 Dollar vergleichsweise hoch ist gehen wir davon aus, dass die von Apple gemeinsam mit AT&T offerierte Produktplattform die wichtigsten Elemente für eine nachhaltige Erfolgsgeschichte vereint. Für das Erreichen der beiden von Apple-Chef Steve Jobs vorgegebenen Ziele – zehn Millionen verkaufte iPhones bis Ende 2008 und Wahrnehmung des mobilen Internet-Angebots als bestes seiner Klasse – bestehen gute Voraussetzungen: ein attraktives Gerät, das ansprechendes Design mit einer starken Marke verbindet, und eine komplette technologische Plattform, die integrierte Angebote bruchlos zusammenführt.

Google und YouTube liefern einen Teil der vorinstallierten Anwendungen zu.
Google und YouTube liefern einen Teil der vorinstallierten Anwendungen zu.
Foto: Apple

Zugegeben: die meisten iPhone-Funktionen, seien es Musik, Mail, Internet-Zugang etc., werden auch von anderen Smartphones geboten, jedoch nicht derart eng mit den etablierten und populären Web-Angebote kombiniert wie beispielsweise iTunes oder YouTube.

In der verbesserten Anwendbarkeit liegt der höchste Anspruch des iPhones - schließlich wird die Nutzung vergleichbarer Smartphones immer noch als kompliziert und wenig intuitiv wahrgenommen. Das iPhone setzt hier konsequent auf Touchscreen-Technologie, um den Zeitbedarf bei der Anwendung und Dateneingabe zu minimieren.

Ein intelligentes und konsistentes Preismodell, unter anderen auf Basis einer Daten-Flatrate; verantwortlich dafür ist zunächst einmal im US-Markt AT&T – zwar sind solche Flatrate-Modelle nicht revolutionär, für den Erfolg des Gesamtpakets ist gleichwohl der unbegrenzte Zugang zu E-Mail- und Internet-Anwendungen eine wichtige Voraussetzung, um die Nutzung und damit den damit verbundenen Datentransfer bis hin zu Internet-Käufen zu steigern.

Insbesondere die exklusive Zusammenarbeit von Apple mit AT&T wird dabei als wenig kundenfreundlich kritisiert. Tatsächlich erstaunt dieser Ansatz durch Apple, angesichts der durch Steve Jobs oftmals geringschätzig charakterisierten Telekommunikationsunternehmen, die viel von Datenübertragung, aber wenig vom Kunden verstünden. Warum also die Exklusivität mit AT&T im US-Markt? Dahinter steht einerseits die Einsicht von Apple, dass es ohne die Zusammenarbeit mit den Mobilfunk-Anbietern schlichtweg nicht geht, da diese mittels Subventionen die Gerätepreise stark positiv beeinflussen, die Preise der Datenübertragung und die möglichen Gerätekonfigurationen dominieren und letztlich auch eine wichtige Rolle bei Vermarktung und Vertrieb spielen. Analogien mit dem gespannten Verhältnis zwischen Apple und der Musikindustrie sind dabei nicht zufällig.

Andererseits ist die exklusive Partnerschaft mit AT&T kurzfristigen strategischen Überlegungen zur optimalen Gestaltung des Markteintritts geschuldet. Mit einem exklusiven Partner ist es leichter möglich – angesichts einer anfänglich geringen Zahl verkaufter Einheiten des iPhone – möglichst hohe Anteile an den Einnahmen für Datentransfer und dem Verkauf von Inhalten zu erhalten.

Apple verzichtet also temporär auf vielfältige Partnerschaften, um im Gegenzug seine Rolle zu stärken. Das mag für den Anfang gelten – die Verhandlungen mit den potenziellen europäischen Partnern Vodafone und Orange laufen noch. Es bleibt abzuwarten, ob und wie lange ein vergleichbares Geschäftsmodell auch für den europäischen Markteintritt gewählt wird. Für die Zukunft ist mit einer Ausweitung des Partnerkreises zu rechnen.

"Apple wird mit dem iPhone nicht aus dem Stand das saturierte und zugleich immer noch margenstarke Mobilfunkgeschäft revolutionieren", meint Sylvain Maquet, Principal und Mobilfunkexperte bei Greenwich Consulting. Zu sehr bleibe das hochpreisige Gerät den zahlungskräftigen oder besonders begeisterungsfähigen Kundengruppen vorbehalten. Aber ein Warnschuss an die etablierten Mobilfunkanbieter, den Kunden mehr in das Zentrum ihrer Produktstrategie zu stellen, sei in jedem Fall abgegeben worden. Maquet: "Wer hätte so viel emotionales Potenzial für das Allerweltsprodukt Handy heute noch erwartet?"

Ovum: Teures Mittelmaß – aber kultig

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