WLAN-Standard IEEE 802.11ad

Das Gigabit-WLAN soll Bandbreiten bis zu 7 Gbit/s möglich machen

15.03.2013
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Der neue WLAN-Standard IEEE 802.11ad verspricht Bandbreiten bis zu 7 Gbit/s. Damit lassen sich lokal Ultra-HD-Inhalte übertragen, und die neue Technik könnte im Access-Bereich eine Alternative zum Überbrücken der letzten Meile sein.
Foto: RAJ CREATIONZS, Shutterstock.com

Schnell mobil online gehen: Für viele Besucher von Messen und anderen hochfrequentierten Veranstaltungen bleibt das ein frommer Wunsch. Angesichts zigtausender Besucher, von denen heute viele schon mehrere Online-Geräte mitbringen (etwa Notebook, Tablet, Smartphone und Kindle), verwundert es nicht weiter, wenn sowohl Mobilfunknetze als auch WLAN-Hotspots, die diese eigentlich entlasten sollten, regelmäßig zusammenbrechen. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Betreiber kräftig aufrüsten wie etwa der Mobile World Congress in Barcelona. Obwohl der Veranstalter die Zahl der Access Points gegenüber dem Vorjahr um 50 Prozent erhöhte und die Zahl der gleichzeitigen Verbindungen um 500 Prozent steigerte, konnten die Datenpakete teilweise per Handschlag begrüßt werden, wenn sie denn überhaupt ankamen.

Kleine Antennen und Zellen

Abhilfe könnte die neue WLAN-Technik 802.11ad bringen. Das neue Funkverfahren arbeitet laut Ali Sadri, President und Chairman der Wireless Gigabit Alliance (WiGig), mit Wellenlängen im Millimeterbereich, so dass kleine Funkzellen entstehen und in der Fläche mehr User versorgt werden können. Derzeit sind bei 802.11ad Frequenzen um die 60 Gigahertz im Gespräch. Damit sollen in einer Zelle Transferraten von bis zu 7 Gbit/s erreicht werden.

Skeptische Fragen angesichts der nicht unproblematischen Verwendung von Hochfrequenztechnik lässt Sadri nicht gelten: "Mit Beamforming und Antennen-Arrays haben wir die drängendsten Problem schon lange gelöst." Im Gegenteil, Sadri ist sogar überzeugt, dass 802.11ad im Gegensatz zu den heute im WLAN verwendeten Frequenzen von 2,4 und 5 Gigahertz enorme Vorteile bietet: "Im 60-Gigahertz-Spektrum muss eine Antenne lediglich 2,5 Millimeter lang sein, bei 5 Gigahertz sind es 2,5 Zentimeter und bei 2,4 Gigahertz rund fünf Zentimeter." Demnach lasse sich also die neue Technik in viel kleinere Geräte implementieren als die heutigen WLAN-Verfahren. Allerdings dämpft der Chairman momentan noch Hoffnungen auf superschnelle Smartphones.

Alternative zur letzten Meile

Neben Tablets und Notebooks sieht er erste Anwendungsfälle in der Consumer-Elektronik, etwa bei der Übertragung von Ultra-HD-Inhalten. Im Enterprise-Umfeld werde die Technik wohl erst in zwei bis vier Jahren in größerem Umfang zum Einsatz kommen, da viele Unternehmen erst vor Kurzem auf 802.11n aufgerüstet hätten und deshalb die Abschreibungsfristen noch liefen.

Sadri sieht 802.11ad nicht nur als schnelles WLAN. In seinen Augen hat die Technik auch das Potenzial, im Access-Bereich die Karten neu zu mischen: In Kombination mit Fiber to the Curb (FTTC) könnte so bei Breitbandzugängen die letzte Meile überbrückt werden, ohne dass Glasfaser bis zum Haus verlegt oder in teures VDSL-Equipment investiert werden muss. Denkbar sei aber auch ein Einsatz als Backbone-Technik. Und last, but not least könnte WiGig den Mobilfunkbetreibern in Hotspots bei der Entlastung ihrer Netze (Mobile Data Offload) helfen. Angesichts der zahlreichen neuen Einsatzmöglichkeiten ist für Sardi auch noch nicht ausgemacht, wer das Rennen macht - die klassischen Carrier, die Mobilfunker oder gar neue Marktteilnehmer. (mhr)