Das erwartbare Ende von Postini

19.09.2012
Google stellt den Managed-E-Mail-Dienst Postini ein und bietet Anwendern einen etwas holprig geratenen Migrationspfad zu Google Apps beziehungsweise Gmail.

Google hatte Postini im Juli 2007 für rund 625 Millionen Dollar übernommen, um den Geschäftskundenmarkt für E-Mail-Services zu erschließen. Nun kündigt der Konzern die Abwicklung des Dienstes an: Im Lauf des nächs-ten Jahres wird Google die Pos-tini-Services in die Lösungen "Google Apps for Business" und "Google Apps Vault" überführen, um Ende 2013 alle Postini-Dienste abzuschalten. Betroffen sind rund 26 Millionen Nutzer.

Kaum in Postini investiert

Die Ankündigung kommt nicht überraschend. Die Analysten von Gartner beobachten schon seit Langem, dass Google Apps beziehungsweise der E-Mail-Dienst Gmail kontinuierlich ausgebaut werden, während sie in Postinis Management-Konsole kaum Verbesserungen erkennen konnten. Im "Magic Quadrant for Secure E-Mail Gateways‚Äù von Gartner, der die Zufriedenheit der Kunden mit ihren E-Mail-Diensten dokumentiert, attestierten die Nutzer dem Dienst in der jüngsten Erhebung eine dürftige Leistung. Auch die Konkurrenten sind nicht gut auf den Betreiber zu sprechen: "Postini war in den letzten Jahren extrem preisaggressiv und trägt wesentliche Verantwortung dafür, dass die Unternehmen kaum mehr Geld für E-Mail-Hygiene ausgeben", wettert Bernhard Hecker, Director Product Management beim E-Mail-Dienstleister Retarus.

Postini-Kunden müssen sich auf einige Änderungen einstellen. Die E-Mail-Verarbeitung wird vom In-Memory-Processing auf Store-and-forward umgestellt, Nachrichten werden also in Googles Rechenzentren zwischengespeichert. Das ist für hiesige Anwender mit hohen Anforderungen an den Datenschutz bedeutend, denn Google mag keine lokale Datenverarbeitung in Europa zusichern. Auch hinkt Gmail hinsichtlich der Qualitätszusagen der Konkurrenz hinterher. Zwar bietet der Internet-Konzern 99,9 Prozent Verfügbarkeit, doch Garantieleistungen im Spam-Filtering und in der Virenkontrolle gibt es vorerst nicht. Zum Schutz vor Malware blockt Gmail sämtliche ausführbaren Dateien, zudem bietet Google-Mail keine native Mail-Verschlüsselung, sondern benötigt ein Add-on vom Kooperartiospartner Zix. Last, but not least bemängelt Gartner einige fehlende Services.

Die Konkurrenz buhlt

Kein Wunder, dass die Konkurrenz unzufriedene Postini-Anwender umwirbt. In den USA kündigten Barracuda Networks und Proofpoint für sechs Monate kostenlose E-Mail-Security-Services beziehungsweise Migrationshilfen an.

Micro Enterprises twitterte an alle Postini-Anwender: "We can help!", während Spambrella schon Neukunden begrüßte: "We welcome all current users of this service." Retarus verspricht allen wechselwilligen Anwendern eine kostenlose Migration, Unternehmen mit bis zu 2000 E-Mail-Anwendern dürfen mit einer Umstellung binnen 48 Stunden rechnen. "Postini war recht unflexibel, was spezielle Kundenwünsche betrifft. Wir kennen die Postini-Dienste daher sehr gut und wissen, was auf uns zukommt", verspricht Retarus-Manager Hecker. (jha)