Kolumne

Das Ende eines deutschen Sonderwegs?

10.09.2004

Angesichts heutiger Offshore- und Outsourcing-Diskussionen ist die große Zahl von IT-Töchtern, in die große und mittlere Unternehmen in den 80er und 90ern ihre IT-Abteilungen ausgelagert haben, kaum noch zu erklären.

Während amerikanische und englische Unternehmen ihre IT entschlossen auslagerten, um so Ausgaben zu senken oder doch zumindest ihre Bilanzen besser aussehen zu lassen, tat man sich hier zu Lande mit dem kompletten Abschied von der eigenen IT schwer. Irgendwie wollten sich die Konzernlenker dem Trend zwar nicht verschließen, doch die Kontrolle über die IT-Abteilung zu verlieren, erschien ihnen zu riskant. Aus diesen Überlegungen heraus wurden meist hundertprozentige Tochtergesellschaften gegründet, die, ausgestattet mit zeitlich befristeten Verträgen, möglichst bald im Drittgeschäft Fuß fassen sollten.

Neben dem Umsatz- und Ertragsziel verfolgten die Unternehmen vor allem zwei wichtige Ziele mit ihren Spin-Offs: Sie wollten aus ihnen Dienstleister machen und dachten, dies durch die Aufstellung als quasi unabhängiges Unternehmen, das im Wettbewerb mit anderen Service-Providern anbieten muss, erreichen zu können. Das zweite Ziel lautete Kostenkontrolle und Transparenz. Ein Dienstleister schreibt Kostenvoranschläge, stellt Leistungen in Rechnung und geht Verträge ein, die er einhalten muss, wenn er sein Geld haben will - so das Kalkül der Muttergesellschaften.

Der Traum vom nennenswerten Drittgeschäft ist inzwischen für fast alle IT-Töchter ausgeträumt. Ob die Spin-Offs heute mehr Dienstleistungsmentalität an den Tag legen, als wenn sie "normale" IT-Abteilungen geblieben wären, lässt sich nur sehr schwer beantworten, ist aber wahrscheinlich. Die Kostentransparenz und Kontrolle dürfte insofern erreicht sein, als die Mütter wissen, welche Umsätze ihre IT-Töchter mit ihnen machen. Allerdings haben sie ohne ein dezidiertes IT-Controlling keinen genauen Aufschluss darüber, wofür das Geld ausgegeben wird.

Diese nüchterne Bilanz führt in Zeiten der Konsolidierung dazu, dass viele Konzerne versuchen, ihre Spin-Offs bei irgendeinem der großen Dienstleister unter die Haube zu bringen. Der letzte spektakuläre Fall war Triaton, der IT-Dienstleister von Thyssen-Krupp, den die Muttergesellschaft an HP verkauft hat. Jetzt hat sich auch Karstadt entschlossen, große Teile seines hauseigenen IT-Dienstleisters Itellium an Atos Origin zu verkaufen (siehe Seite 1). IT, so hat Karstadt inzwischen für sich erkannt, gehört nicht zum Kerngeschäft. Das werden noch weitere Unternehmen einsehen und ihre IT-Töchter meistbietend verkaufen - Übernahme-Interesse bei den Service-Providern vorausgesetzt. Das allerdings dürfte bei den jetzigen Preisen und Garantievorstellungen der Verkäufer nur bei wenigen der Fall sein. Den meisten IT-Shops droht daher mittelfristig der billige Ausverkauf und damit die Auflösung.