Das Ende der Papierstapel

13.12.2005
Von Frank Wuschech

35000 Rechnungen pro Jahr

Wie Unternehmen von der automatisierten Rechnungsverarbeitung profitieren, zeigt das Beispiel der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-Betriebe (WVV): Rund 35 000 Rechnungen fallen hier jedes Jahr an, etwa für Grabungen und das anschließende Verlegen von Kabeln und Rohren, Wartungsarbeiten, Materiallieferungen, IT-Services und vieles mehr. Bis vor kurzem wurden bei der WVV sämtliche Rechnungen zur Bestätigung durch die jeweilige Fachabteilung "auf physikalischem Weg" in den Umlauf gebracht - mit allen Nachteilen: Durchlief die Papierrechnung erst einmal den traditionellen internen Postweg, dauerte es mitunter über 14 Tage, bis Kontrolle und Genehmigung abgeschlossen waren. Die Kreditorenabteilung hatte keinen vollständigen Überblick über den Verbleib von Rechnungen und war mit Skontoverfall und der Überschreitung von Zahlungsfristen konfrontiert. Hinzu kam die zeitaufwändige und umständliche Ablage der Rechnungsbelege in die jeweiligen Ordner.

Heute spart die WVV Zeit und Kosten: Die Rechnungen werden zentral gescannt, aufbereitet und bei Bedarf elektronisch zur Kontrolle weitergeleitet. Sind bereits vorher die Rechnungen korrekt, werden sie automatisch zur Verbuchung in das vorhandene SAP-System übertragen. Auch die langwierige Ablage und physische Belegarchivierung entfallen. Ein verbesserter Überblick über die anstehenden Zahlungen lässt eine genauere Liquiditätsplanung zu. Mit dem neuen System die Eingangsrechnungsbearbeitung im Schnitt ist eine eingehende Rechung nach zwei bis drei Tagen bearbeitet, so dass sich der Durchlauf um 80 Prozent verkürzt hat. Konzernweit bedeutet das eine Einsparung von zwei bis drei Vollzeitkräften. Für die WVV hat sich die Investition in jeder Hinsicht gelohnt - sie hat sich in rund einem Jahr amortisiert.

Lösungen für die elektronische Rechnungsverarbeitung pusten also den Staub aus dem Finanz-Management. Doch es geht effizienter: Wenn die Rechnungen nämlich gleich elektronisch über ein Internet-basierendes Abrechnungssystem übermittelt werden. Denn dann entfallen das Scannen und die optische Zeichenerkennung.

Allerdings werden heute laut einer gemeinsamen Studie der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main und der TU Darmstadt nicht einmal 30 Prozent der Rechnungen, die in Unternehmen eingehen, elektronisch verschickt. Das Festhalten am Papier liegt daran, dass der Gesetzgeber hohe Hürden für die steuerliche Anerkennung dieser digitalen Rechnungen aufgebaut hat: Das Umsatzsteuergesetz verlangt mittlerweile einen Nachweis der "Echtheit und Unversehrtheit der Rechnung durch eine qualifizierte elektronische Signatur". Fehlt diese, ist der Vorsteuerabzug gefährdet.

Gesetz schreibt digitale Signatur vor

"Qualifiziert" bedeutet in diesem Fall: Der Anbieter der digitalen Signatur muss von der Bundesnetzagentur (ehemals Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post) anerkannt sein.

Mittlerweile gibt es zwar eine Vielzahl von Softwareherstellern, die diese Vorgaben erfüllen - jedoch noch keinen Standard, da fast alle Anbieter eigene Formate entwickelt haben. Die Unübersichtlichkeit auf dem Markt für digitale Signaturen ermutigt Unternehmen trotz der zu erwartenden Kostenersparnisse nicht gerade hier zu investieren. Allerdings gibt es mittlerweile Anwendungen, die als eine Art "Clearing-Stelle" die unterschiedlichen Signaturen verifizieren und dafür sorgen, dass sich die Bearbeitung nahtlos in die Finanz-Management-Systeme einfügt.