Uni Frankfurt praktiziert Video-Didaktik:

Das Drehbuch programmiert den EDV-Film

21.09.1979

FRANKFURT (bi) - Studenten der Betriebswirtschaftslehre wissen, daß sie ihre Praxis Chancen durch eine fundierte Ausbildung in der EDV nur steigern können. Das gleiche gilt für angehende Diplom-Handelslehrer, für Schüler der Berufsschulen, der Hauptschulen und der Wirtschaftsgymnasien. Mit welchen Medien dieser dringend notwendige EDV-Nachwuchs "lern-motivierter" als über die Standard-Vorlesung werden kann, ist kein Geheimnis mehr. Prof. Joachim Niedereichholz vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften am Institut für

Wirtschaftsinformatik der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt berichtet für die COMPUTERWOCHE wie EDV-Themen mit filmischen Mitteln an den Schüler gebracht werden können. An seinem lnstitut werden an Wirtschaftspädagogen Diplomarbeiten mit entsprechenden didaktischen Vorgaben vergeben. Er schreibt:

Beliebt sind Themen des computergestützten Unterrichts und solche, die die Erstellung eines Filmes zu ausgewählten DV-Kapiteln beinhalten. Es wurden bis jetzt schon einige DV-Filme erstellt, die sich mit Grundlagen der EDV beschäftigen, zum Beispiel:

- Didaktische Analyse und EDV-Filmerstellung zum Befehlsablauf einer EDVA.

- Kanaltechnik - Möglichkeiten der Übertragung von Daten in EDV-Anlagen (eine Filmstudie).

- Das Kanalprogramm - Die Funktionsweise von Kanalprogrammen bei Ein- und Ausgabevorgängen (eine audio-visuelle Studie).

- Didaktische Analyse und EDV-Film erstellung zum Speichermanagement einer EDVA.

Den Arbeitsablauf bei der Filmerstellung, angefangen bei der Idee bis zu einem fertigen Film, zeigt das Flußdiagramm. Im Storyboard erfolgt die Umsetzung der Gedanken aus der Ideenskizze in Bild und Text. Grobe Skizzen oder verbale Aufzeichnung sind für die Bildbeschreibung ausreichend. Der Text braucht nicht endgültig ausformuliert sein, sollte jedoch die Inhalte richtig beschreiben. Spätestens bei der Erstellung des Storyboards muß eine Analyse der Zielgruppe erfolgen, für die der Film gedacht ist. Als nächstes folgt eine didaktische Aufbereitung des Stoffes. Notwendig ist ein "roter Faden", der es ermöglicht, nach Betrachtung des Films und der Erarbeitung der Inhalte, den Lernerfolg zu überprüfen. Sinnvoll ist es daher, einen Katalog operationalisierbarer Lernziele zur Grundlage des Storyboards zu machen. Ein Lernziel muß von vorneherein ein festgesetztes Endverhalten beschreiben. Operationalisierbar ist ein Lernziel dann, wenn durch Fragen oder Tests das angestrebte Endverhalten überprüfbar ist.

Einschränkend wirkt sich eine Wechselbeziehung zwischen technisch Realisierbarem und didaktisch Wünschenswertem aus, die später auch bei der Konzipierung des Drehbuchs zum Tragen kommt.

Der Ablauf sei hier für den Film "Kanalprogramm" beispielhaft skizziert:

Als Zielgruppe sollten Schüler von kaufmännischen Berufsschulen und Studenten, jeweils mit Vorkenntnissen in EDV, angesprochen werden. Als Voraussetzung diente die Beherrschung der unterschiedlichen Speicherarten von Zentraleinheit und den einzelnen peripheren Geräten, der verschiedenen Kanalbetriebsarten und Kenntnisse über das Betriebssystem.

Gemäß der Entscheidung Lernziele zu erstellen, wurde das Grob-Lernziel, ,Die Adressaten sollen die Funktionsweise von Kanalprogrammen bei Ein- und Ausgabevorgängen in EDV-Anlagen kennenlernen', in die folgenden fünf Fein-Lernziele untergliedert:

Die Adressaten sollen

- die unterschiedlichen Arbeitsgeschwindigkeiten zwischen Zentraleinheit und Peripherie erklären,

- das Kanalprogramm von den übrigen Programmen (Benutzerprogramm, Supervisorprogramm) unterscheiden können,

- die einzelnen Funktionen der Programme - speziell des Kanalprogramms - erläutern können,

- das Zusammenwirken der einzelnen Programme erklären können,

- herausfinden, daß die Zeitdifferenz, hervorgerufen durch die unterschiedlichen Arbeitsgeschwindigkeiten, durch praktisch parallele Verarbeitung vermindert wird.

Ein Beispiel für die Erstellung eines Tests wäre, an einem Schema die Reihenfolge des Arbeitsablaufes selbständig durchzuführen. Das Drehbuch ist die Voraussetzung für einen Film. Hier werden die Bildsequenzen und der Text festgehalten und mit Kamera-Anweisungen versehen. Wichtig ist hier der Aufbau und Abstimmung von Bild und Text, da schon die kleinste Unklarheit zur Verwirrung oder im schlimmsten Fall zu totalem Unverständnis des Films führen kann.

Filme tragen erfahrungsgemäß zum Verständnis von Problemen bei EDV-Anlagen bei, denn der audio-visuelle Eindruck bleibt länger erhalten als die oft negativen Eindrücke, die der Vorlesungsstil provoziert, der immer noch an den Universitäten "gepflegt" wird.

*Professor Dr. Joachim Niedereichholz lehrt am Institut für Wirtschaftsinformatik der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt.