Das digitale D-Netz arbeitet hierzulande fast flaechendeckend Europa 1994: Wenn jeder von ueberall mit jedem sprechen kann Von Dettmar Hagel*

25.02.1994

Das digitale D-Netz, international Global System for Mobile Communications (GSM) genannt, zeigt im Vergleich zum analogen C- Netz Neues und Besseres. Die Sprachqualitaet ist hoeher, und der Wettbewerb zwischen D1 und D2 sorgt fuer attraktive Basis- sowie Zusatzdienste. Hinzu kommt, dass zum heutigen Zeitpunkt bereits 13 Mehrwertdienste-Anbieter ihre Leistungen zu guenstigen Tarifen im D-Netz offerieren.

Um ein Telefax per Funk zu uebermitteln, muss man immer noch auf das alte analoge C-Netz zurueckgreifen. Obwohl sich ein digitales Funknetz viel eher zur Uebermittlung von Daten eignet, tun sich die Betreiber schwer, Fax- und Dateitransfer netzseitig zu unterstuetzen.

Zwar haben die Vaeter des GSM-Netzes bereits die Moeglichkeit der Datenuebertragung eingeplant, aber das rasche Anwachsen der Teilnehmerzahlen und die Miniaturisierung der Hardware bis hin zu 200 Gramm schweren Handies schufen den entsprechenden Bedarf schneller als erwartet. Das GSM-Netz war zunaechst fuer Autotelefone gedacht. Durch die Verfuegbarkeit immer leichterer und preiswerterer Handies nahm jedoch auch der Bedarf an Datenfernuebertragung (DFUE) im professionellen Bereich zu.

Wer bislang Daten vom Notebook aus Hotelzimmern, Bueros, Telefonzellen oder von zu Hause per Modem oder Akustikkoppler ueber das Festnetz uebermittelt hat, duerfte die Moeglichkeit, Daten direkt per Funk von ueberall aus zu versenden, mit Begeisterung zur Kenntnis nehmen. Das private Modacom-Netz war bislang der einzige Lichtstreif am Horizont. Seine Ausdehnung ist aber auf absehbare Zeit stark eingeschraenkt, zumal es sich um eine rein deutsche Inselloesung handelt.

Das GSM-Netz dagegen erstreckt sich europaweit und naehert sich in Deutschland der vollen Flaechendeckung. Wer auf die Moeglichkeiten der paketvermittelnden DFUE nicht angewiesen ist, ist ohnehin mit den leitungsvermittelnden Diensten - wie sie die GSM-Netzbetreiber in Kuerze anbieten werden - besser bedient. Obwohl Modacom als paketvermittelnder Dienst aehnlich komplex zu installieren ist wie jede heutige Datex-P-Loesung im Festnetz, stellt es dann die bessere Wahl dar, wenn vollstaendige Uebertragung der Daten unverzichtbar ist. Diese laesst sich, da das Netz sozusagen die zu uebertragenden Daten zwischenspeichert, bei Modacom leichter gewaehrleisten als im GSM-Netz, wo Funkabbruch gleich Abbruch und Neustart der Uebertragung bedeutet.

Typische Anwendungen fuer Modacom liegen im Flotten-Management, im Service- und Wartebereich sowie in der Telemetrie. Wegen der hoeheren Kosten sind aber nur Anwendungen opportun, bei denen die uebertragene Datenmenge auf ein Minimum reduziert ist. Somit scheint sich anzubahnen, dass fuer saemtliche Systemloesungen das D- Netz das ideale Funkuebertragungsmedium sein wird.

Auf einen Nenner gebracht, ist GSM immer dann die richtige Entscheidung, wenn bei einem Abbruch der Uebertragung eine Wiederholung der ganzen Prozedur vertretbar ist. Da kaum ein Anwender waehrend der Autofahrt sein Notebook bedienen wird, um ueber das angeschlossene D-Netz-Telefon Daten zu versenden, sondern zu diesem Zweck den naechstgelegenen Parkplatz ansteuern wird, sind Funkabbrueche waehrend der Uebertragung sowieso unwahrscheinlich. Vereinfacht gesagt, ersetzt das D-Netz die Festnetzleitung. Wer also heute bereits mit einem Modem arbeitet, hat keinerlei Umstellungsprobleme. Ein spezieller Adapter, wie er demnaechst von Siemens oder Nokia angeboten wird, ermoeglicht das Faxen an Geraete der Gruppe 3. Zudem ist File-Transfer dann so einfach wie eine 9600-Bit-pro-Sekunde-Uebertragung mit einem beliebigen Festnetzmodem. Der Testlauf mit Kunden im D-Netz wird bereits nach der kommenden CeBIT beginnen, mit dem Regelbetrieb ist kaum spaeter als im letzten Quartal 1994 zu rechnen.

Das globale Dorf liegt in den Sternen

Erste Erfahrungen von Service-Providern wie Proficom geben zu branchenunueblichem Optimismus Anlass. Der Traum des mobilen Managers, von ueberall aus mit jedem sprachlich oder per Daten kommunizieren zu koennen, kann durch das GSM-Netz bald Realitaet sein. Das globale Dorf wird aufgrund weltweit unterschiedlicher Uebertragungsstandards mit Sicherheit in den Sternen liegen, wo der Satellitenfunk zu Hause ist. Durch GSM rueckt aber zumindest Europa enger zusammen. Im Informationszeitalter ist fuer den europaeischen Binnenmarkt der Datenfunk ueber die D-Netze auch ein politischer Faktor erster Guete.