Internet der Energien

Das bringen Smart Grids

13.04.2010
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Wer baut die Smart Grids

Der Weg zum Internet der Energien ist lang und es fehlen noch Standards.
Der Weg zum Internet der Energien ist lang und es fehlen noch Standards.

Letztlich scheiden sich an der Frage, für wen Smart Grids nutzbringend sind, die Geister. Während Netgear-CEO Patrick Lo das Thema ganz klar bei den Carriern ansiedelt und diese in der Rolle der Integratoren und Lieferanten der Home-Gateways sieht, ordnet Pierre Joeris, Energieexperte bei IBM Global Business Services, den Bereich primär den Energieversorgern zu, "denn es geht um den Austausch von Information und die Unterstützung von Geschäftsprozessen. Die Sammlung und Aufbereitung dieser Informationen liegt in der Verantwortung der Energieversorger."

Offen ist ferner, über welche Infrastruktur die Steuerungsdaten transportiert werden. Während die einen die Breitbandnetze der Telcos mit Routern und Switches als Transportmedium für diese Informationen propagieren, hoffen andere auf ein Revival der Powerline-Technologie zur Datenübertragung. So wirbt etwa die Mannheimer Power Plus Communications AG überschwänglich: "Wir transformieren das Stromnetz in ein Kommunikationsnetz und schaffen somit eine ideale Plattform für das Internet der Energien: überall verfügbar, skalierbar und offen für neue Anwendungen." Ein drittes Lager hält beide Ansätze für einen Overkill und vertritt die These, mit modernen M2M-Komponenten (Machine to Machine) würde auch eine schmalbandige Mobilfunktechnik wie GPRS zum Aufbau eines Smart-Grid-Steuernetzes ausreichen.

Die unterschiedliche Bewertung erklärt sich, wenn man betrachtet, wer von den Smart Grids profitiert und wie die dahinterliegenden Steuernetze künftig aussehen könnten. So müsste die Energiewirtschaft laut Christian Feißt, Global Head Business Development der Cisco Smart Grid Business Unit, alleine in Deutschland zehn bis 15 Großkraftwerke gar nicht erst bauen. Feißt begründet seine Einschätzung damit, dass der Verbrauch durch Smart-Grid-Technologien um zehn Prozent reduziert und die Spitzenlastreserve um etwa 15 Prozent verringert werden könnte. Letzteres können laut Andreas Wisser, Partner und Leiter des Bereichs Netze beim Beratungsunternehmen Accenture, Großkonzerne und Großabnehmer, so genannte "Sondervertragskunden", bereits heute durch ein eigenes Energie-Management realisieren: "Für diese Gruppe bringen Smart Grids zunächst keine Vorteile." Für kleinere und mittlere Unternehmen sieht Wisser theoretische Vorteile, die sich aber in der Praxis nur bedingt nutzen ließen. Schließlich habe etwa ein Handwerksbetrieb ohne Schichtsystem gar nicht die Möglichkeit, den Betrieb energieintensiver Maschinen in preislich günstigere Zeitzonen - etwa in der Nacht - zu verschieben. Den größten Nutzen dürften Wisser zufolge die Endverbraucher aus dem intelligenten Netz ziehen. Für sie werden Märkte und Preise transparenter. Zudem profitieren sie von Features wie Steuerbarkeit, Automatisierung und besserer Integration von Abläufen. Wie diese Zukunft aussehen könnte, veranschaulicht der Beitrag "Vom Smart Meter zum Home Management".