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Thema des Tages

Das beliebteste Betriebssystem heißt Windows 95

21.07.1999
Thema des Tages

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) – Als im vergangenen Jahr mit großem Marketing-Getöse das neue Betriebssystem Windows 98 auf den Markt geworfen wurde, dachte so mancher, vor allem aber Microsoft, daß eine Welle des PC-Aufrüstens einsetzen würde. Weit gefehlt, denn nach Angaben des Marktforschungsunternehmens International Data Corp. (IDC) führt der Vorgänger des Programms, Windows 95, nach wie vor die Verkaufshitliste an. Die 98er Version fand zwar Anklang im Verbrauchermarkt sowie in kleineren und mittleren Unternehmen, die großen Firmen setzen jedoch weiterhin auf das ältere System. Sogar Windows 3.11 wurde immer noch nachgefragt.

In den von IDC erhobenen Daten zum Betriebssystem-Markt 1998 führt Windows 95 mit 57,4 Prozent Marktanteil deutlich vor dem Newcomer Windows 98 (17,2 Prozent) sowie Windows NT (elf Prozent). Auf die drei Spitzenreiter folgten Mac Os (fünf Prozent), DOS (3,8 Prozent), Linux (2,1 Prozent), Windows 3.11 (1,1 Prozent), Unix (0,8 Prozent), OS/2 (0,5 Prozent), und ein Prozent entfiel auf weitere nicht namentlich genannte Produkte. Insgesamt wurden im letzten Jahr rund 89 Millionen PC-Betriebssysteme verkauft. Laut Analysten bleibt Windows 95 auch in diesem Jahr Spitzenreiter.

Microsofts groß angelegte Marketing-Aktion für Windows 98 hat große Unternehmen offensichtlich nicht vom Wert des neuen Produktes überzeugen können. Den Grund dafür sieht IDC im tendenziell konservativen Verhalten der Firmen. Solange Windows 95 den Anforderungen in den Unternehmen genügt und nach wie vor funktioniert, spüren sie keine Notwendigkeit zum Aufrüsten. Zudem würden gerade Companies mit langfristigen Software-Lizenz-Verträgen eher am alten System festhalten. Ein weiteres Indiz für den Konservatismus in Betrieben ist die Tatsache, daß auch im letzten Jahr die nicht zu vernachlässigende Zahl von immerhin 1,3 Millionen der 1992er Version Windows 3.11 verkauft wurde.

Die Computerhersteller bestätigen einhellig, daß sie wesentlich mehr PCs mit Windows 95 an Unternehmenskunden liefern als mit Windows 98. Die Mehrheit bevorzuge dabei das Upgrade zur Originalversion Windows 95 OSR2. In der Beliebtheitsskala bei Firmen liegt Windows 95 an erster Stelle und Windows NT noch vor Windows 98. Bemerkenswert ist, daß die meisten Hersteller die 95er Version im Consumer-Markt nicht anbieten. Verbraucher können oft nur Windows 98 beziehen, was den Marktanteil dieses Produktes künstlich in die Höhe treibt.

Ob die Marketing-Verantwortlichen aus Redmond die großen Unternehmen noch von Windows 98 überzeugen können, ist sehr fraglich. Denn Analysten begründen die konservative Haltung der Firmen unter anderem damit, daß viele erst einmal die Überwindung des Jahr-2000-Problems und das nächste Microsoft-Produkt Windows 2000 abwarten, welches Ende dieses Jahres auf den Markt kommen soll. Zu welchem Zeitpunkt die Firmen dann auf den Windows-2000-Zug aufspringen werden, ist ebenso unklar, da die High-End-Version der neuen Software dann noch einmal mindestens drei Monate auf sich warten lassen wird. Gemäß dem Leitspruch "Nichts verändern, solange es funktioniert" könnten die großen Unternehmen auch hier zunächst bei ihren alten Installationen bleiben, statt dem künstlich erzeugten Upgrade-Zwang der Marketing-Maschinerie allzu schnell nachzugeben.