Cisco will Kunden mit Rabatten zum 7500 locken

Das Aus für den Router 7000 irritiert viele Anwender

07.03.1997

Der Ärger bei den Anwendern ist groß: "Cisco verhält sich absolut übel", beschwert sich Hans-Joachim Braun, Leiter des Rechenzentrums der Fränkischen Überlandwerke (FÜW), Nürnberg. Die FÜW nutzen einen Cisco 7000 und mehrere 4000er Router zur Anbindung der Außenstellen an das Rechenzentrum. Obwohl Braun einräumt, die Geräte bislang "nicht ausgereizt" zu haben, weist er gleichzeitig darauf hin, daß gerade im Netzbereich ständig neue Anforderungen hinzukommen. Die FÜW sind daher auf eine zukunftssichere Technologie angewiesen, auch deshalb, weil in dem Unternehmen (wie in vielen anderen auch) die Hauptlast des firmenweiten Netzwerks auf den teuren, strategisch wichtigen Geräten der Kalifornier ruht.

Braun fühlt sich daher von Cisco hintergangen: "Unser 7000er ist gerade mal zwei Jahre alt und hat sehr viel Geld gekostet. Jetzt kommt Cisco und will uns zwingen, auf die 7500er umzusteigen, wobei wir für die 7000er nur noch eine Art Schrottpreis bekommen." Bleiben die FÜW aber beim Router 7000 und seiner Technologie, dann stehen sie nach Meinung von Braun früher oder später ohne Unterstützung da.

Genau dies ist zu befürchten. Eher beiläufig hat die amerikanische Zentrale des "führenden Anbieters von Unternehmens-Internetworking-Lösungen", wie Cisco sich selbst bezeichnet, Ende Januar in einer Pressemeldung das bevorstehende Aus für die 7000-Routerfamilie mitgeteilt. Zum 31. Juli 1997 werde der Verkauf der Modelle Cisco 7000 und 7010 eingestellt, heißt es dort lapidar. Deren Platz als High-end-Router sollen die Modelle der Serie 7500 übernehmen, zu denen die Kalifornier ihre Kunden mit einem speziellen Upgrade-Programm ködern wollen: Bis zu 35 Prozent des Einkaufspreises eines Cisco 7000 sollen beim Umstieg auf einen 7500er gutgeschrieben werden.

Laut Cisco kann das neue Flaggschiff wesentlich mehr Datenpakete pro Sekunde befördern, besitzt mehr und schnellere Schnittstellen und ist überdies in der Lage, fortschrittliche Technologien wie etwa Ciscos Tag-Switching zu unterstützen. Der Hersteller will aber noch auf unbestimmte Zeit Ersatzteile für den 7000 und den 7010 liefern. Nach Angaben von Kevin Flynn, Produkt-Manager bei Cisco USA, wird es jedoch Weiterentwicklungen nur noch für die 7500er geben.

Anwender sitzen somit in der Zwickmühle und haben letztlich kaum eine Chance, sich gegen die Produktstrategie des Netzgiganten zu wehren. So wäre beispielsweise der Wechsel zu einem anderen Hersteller für Braun eine eher unsichere Angelegenheit: "Wir setzen auch in unseren Außenstellen Router von Cisco ein. Wenn wir jetzt umsatteln, sind die Geräte möglicherweise nicht kompatibel."

Man sei also gezwungen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Das heißt, bei Cisco zu bleiben, zum 7500er zu wechseln und eine Menge Geld zu bezahlen. Braun erzürnt: "Sowas ist nicht die feine Art. Welche Firma kann es sich heute leisten, alle zwei Jahre das Equipment komplett auszumustern und alles neu zu kaufen?"

Ähnlich äußert sich Bill Horst, Leiter der Federal Telecommunications Services bei General Services Administration (GSA) in Boston. Seiner Meinung nach bringt Cisco seine Neuprodukte so rasch, daß man gar nicht merke, wie große Teile der Kundschaft dabei auf der Strecke blieben. Außerdem bemängelt Horst den von Cisco angebotenen Preisnachlaß als zu niedrig.

Bernd Simon, Leiter des Rechenzentrums bei der EVM AG in Magdeburg, beklagt sich ebenfalls über Ciscos Produktstrategie: "Hinsichtlich der Investitionssicherheit, die von den Herstellern immer gepredigt wird, halte ich die Cisco-Maßnahme für einen Schlag ins Gesicht." Auch für Simon stellen die 7000-Router zentrale Geräte dar, die man nicht so einfach austauschen kann wie beispielsweise einen betagten PC. Vor allem die Zusatzkosten, die der Umstieg auf einen 7500er mit sich bringt, spielen für den Rechenzentrums-Leiter eine wichtige Rolle. Außerdem müsse erst einmal geklärt werden, ob die bestehenden Wartungsverträge für den Router 7000 aufgelöst werden können, bevor an eine Migration zu denken sei.

Bei durchschnittlichen Anschaffungskosten von 100000 Mark für einen Router 7000 wird klar, woher die Verstimmung der Anwender kommt, denn von Investitionsschutz kann bei einer derart verordneten Migration keine Rede sein. Es gibt zudem wohl kaum eine IT-Abteilung, die mal eben so mehrere zehntausend Mark hinblättert, um auf eine neue Technologie umzusteigen, wenn sie vor relativ kurzer Zeit erst in die bestehende Installation investiert hat. Kein Wunder also, daß die Kunden sauer sind.

Besonders ärgert sich Braun darüber, daß Anwender von Cisco keine Informationen bekommen: "Wir sind ganz auf unsere Lieferanten angewiesen, sonst erfahren wir nichts über die Produktstrategie des Herstellers." Und selbst die Händler wissen teilweise noch nichts von den Plänen des Marktführers. So gab Frank Epp, Geschäftsführer der Systemhaus Softwerk GmbH in Fürth, auf Anfrage der CW an, vom Aus für die 7000er noch nichts gehört zu haben.

Harald Zapp, Leiter Marketing bei Cisco Deutschland, wehrt sich gegen die Vorwürfe der Kunden. Seiner Meinung nach gibt es beispielsweise keinen Grund, warum bestehende Wartungsverträge ein Hindernis für eine Migration sein sollten. Letztlich handle es sich hier ja nicht um eine Kündigung, sondern vielmehr um eine Erweiterung bestehender Verträge, die eventuell auch auf die 7500er angewandt beziehungsweise modifiziert werden könnten.

Außerdem, so der Manager, "zwingen wir keinen Kunden, seine 7000er auszumustern". Eine Weiterentwicklung findet laut Zapp in gewisser Weise statt, da beispielsweise der neue Route Switch Processor (RSP) es Anwendern erlaube, neue Technologien zumindest zu einem gewissen Grad weiterzuverfolgen. "Wir denken aber, daß es sinnvoller ist, im Bus auf höhere Bandbreiten zu gehen." Doch genau da seien den 7000-Routern technologisch einfach Grenzen gesetzt.

Zapp weist außerdem darauf hin, daß einige der Module für die 7500er kompatibel zu den 7000er Geräten sind, so daß also auch vor diesem Hintergrund von einem gewissen technologischen Fortschritt innerhalb der älteren Serie gesprochen werden könne. Nur für bestimmte Verfahren mit einem großen Bandbreitenbedarf werde Cisco keine 7000er Produkte mehr liefern, da dies keinen Sinn mache. "Wir werden beispielsweise keinen Gigabit-Ethernet-Adapter für die 7000 mehr entwickeln", so Zapp.

Die Verstimmung der Kunden wegen mangelnder Informationen kann Zapp zwar eigenen Angaben zufolge nicht nachvollziehen, er räumt aber ein, daß Cisco hier mehr Aufklärung betreiben sollte. Anwendern wie den FÜW beispielsweise, deren Cisco-Equipment mit gerade zwei Jahren noch ziemlich neu ist, empfiehlt der Marketing-Leiter, genau abzuwägen, zu welcher Technologieebene in absehbarer Zukunft migriert werden soll. Für den Fall eines beabsichtigten Umstiegs auf Gigabit Ethernet etwa bleibe aber letztlich nur die Migration zu den leistungsfähigeren Routern der 7500-Familie.

Letzten Endes kam die Nachricht von der Einstellung der 7000-Router für Insider nicht allzu verblüffend: Schon Mitte 1996, als die Kalifornier das Router-Modell 7200 einführten, munkelten Kenner der Branche von einer bevorstehenden Einstellung des Cisco 7000. Die Manager der Networking-Company taten dies damals jedoch als reine Spekulation ab und beteuerten, der 7200 solle die Lücke zwischen den Midrange-Routern der Reihe 4000 und den Geräten der Serien 7000 und 7500 schließen. Wahrscheinlich ist der 7200 nun die einzige Alternative für Anwender, die das Leistungsspektrum des 7500 nicht ganz ausschöpfen können, aber dennoch von neuen Technologien profitieren wollen.

Verwirrspiel um IOS

Cisco Systems Inc. hat eine Vereinbarung gekündigt, die UB Networks Inc. den Vertrieb von Produkten mit Ciscos Internetworking Operating System (IOS) gestattete. Für deren Router-Kunden bedeutet dies, daß sie entweder auf Ciscos Produkte umsteigen, bei zwei Anbietern einkaufen oder sich an der UB-Mutter Newbridge orientieren müssen.

Anscheinend sieht Cisco in Newbridge nach dem Kauf von UB Networks eine Bedrohung für das eigene Geschäft und hat deshalb die bestehende Vereinbarung gekündigt. Erst im Herbst 1996 mußte Cabletron Systems ähnliches erfahren: Nach einer aus Ciscos Sicht unfair argumentierenden Anzeigenkampagne löste man kurzerhand den IOS-Lizenzvertrag auf.

Nach Meinung von Insidern navigiert Cisco mit diesem Verhalten sein IOS ins Abseits. Das würde unter anderem bedeuten, daß Anwender, die Router verschiedener Hersteller einsetzen, wieder um die Kompatibilität der Geräte bangen müssen. Konkurrierende Anbieter werden nämlich gezwungen, eigene Lösungen zu entwickeln, was das Zusammenspiel von Komponenten verschiedener Hersteller erschwert.

Speziell UB-Networks-Kunden sehen nun die Interoperabilität ihrer vorhandenen Router mit anderen Systemen in Frage gestellt. Wollen sie weitere Router von UB kaufen, müssen sie künftig entweder das IOS dazu separat von Cisco erwerben oder auf das Routing-System von Newbridge umschwenken. Folglich trifft Ciscos Taktierspiel um das Router-Betriebssystem auch hier vor allem die Anwender.