Satire

CW-Wert

12.12.1997

Der Herr der Allmächtige hat Konkurrenz bekommen: das Internet. Statt IHM zu dienen, hat sich der britische Vikar Arthur Wilson entschlossen, ab Weihnachten den geistlichen Stehkragen abzulegen. Nach dem Tod seiner Frau wurde der 54jährige nicht nur von Trauer, sondern auch von theologischen Zweifeln geplagt. Da seine Stoßgebete an IHN jedoch scheinbar unbeantwortet blieben, vertraute sich der Priester dem Internet an - und wurde erhört. Jenny Russel, 48, beruhigte sein Gewissen und - wie es der britische Branchendienst "Computergram" ausdrückt - "im Cyberspace schlugen zwei Herzen im selben Takt". Die beiden Internet-Chatter trafen sich, fielen sich in die Arme und beschlossen zu heiraten. Anstatt dem lieben Gott Schäfchen zuzuführen, dient Vikar Wilson künftig dem Internet. Nicht mehr in Hymnen, sondern in der Hytertext Markup Language wird er künftig die Schöpfung preisen oder doch wenigstens einen Teil davon. Profan gesagt: Er gestaltet künftig mit seiner neuen Liebe Web-Seiten.

Da der Allmächtige aber der Gott der Liebe ist und seine Wege bekannterweise unergründlich sind, können wir Armen im Geiste nicht sicher sein, ob ER nicht auch hier die Hand im Spiel hatte. Wahrscheinlich hat ER das Internet längst für seine Zwecke eingespannt. Und wer weiß, vielleicht ist der alte Herr ja immer noch ein bißchen sauer, daß die Briten seit Henry VIII. nicht mehr so recht auf seinen direkten Stellvertreter in Rom hören wollen.